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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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die Hände in die Hüften. »Ich bin dein Vormund.«
    »Willst du dich wirklich mit mir streiten, Delia? Ich bin sicher, dass sich die Anwälte der Familie auf meine Seite schlagen werden.« Natürlich würden sie das tun, denn sie wussten, dass ihre Rechnungen aus Griffs Vermögen bezahlt wurden, wohingegen Cordelia nur formell das Sagen hatte. Es war Griff, der die wichtigen Entscheidungen traf.
    Seine Tante sah ihn an, als hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt. »Ist sie dir wirklich so wichtig?«
    Er nickte. »Das ist sie. Ich kann nicht sagen, warum, aber ich weiß, dass sie hierher zu uns anderen gehört.«
    »Sie wird nie zu irgendjemandem gehören können, solange sie aus zwei zerbrochenen Hälften besteht.«
    Griff lächelte leicht, denn er wusste, dass er gesiegt hatte, ohne es mit seiner Tante zum offenen Zerwürfnis kommen zu lassen. »Dann müssen wir sie eben wieder zusammensetzen.«
    Cordelia zog eine Augenbraue hoch. »Wir?«
    Doch Griff wusste, dass sie ihm helfen würde. Das tat sie immer. Früher oder später würde sie einsehen, dass er bei Finley richtig lag.
    Sein Kaffee kam – eine ganze Silberkaraffe voll kochend heißem und himmlisch duftendem Kaffee. Er goss sich etwas in die Porzellantasse und gab Sahne und Zucker hinzu. Als die Mischung genau die richtige Farbe und Süße hatte, trank er. Es war wundervoll.
    Cordelia ging. Sie hatte eine Verabredung zum Tee und wollte sich vorher umziehen. Griffin setzte sich an seinen Schreibtisch, nachdem er ein Tagebuch seines Vaters gefunden hatte, das den Titel »Thomas Sheppard« trug. Sein Vater hatte zu allen Aspekten seines Lebens ausführliche Notizen hinterlassen – eine Gewohnheit, die Griffin allerdings nicht übernommen hatte.
    Die Aufzeichnungen bestätigten, was Finleys Mutter ihnen erzählt hatte. Thomas Sheppard hatte zusammen mit seinem Vater Experimente durchgeführt, um die dunkle und die lichte Seite des menschlichen Wesens zu erforschen. Und Sheppard hatte an sich selbst herumexperimentiert, weil er nicht wusste, was die Tränke bei anderen Menschen anrichten würden. Manchmal hatte er dabei seiner dunklen Seite erlaubt, die gute vollkommen zu verdrängen, manchmal war es umgekehrt verlaufen. Er hatte sich in zwei gegensätzliche Teile aufgespalten. Anscheinend hatte er die Experimente eingestellt, sobald er erfahren hatte, dass Mary mit Finley schwanger war, doch da war es schon zu spät gewesen. Die Metamorphose war ohne Einnahme von Chemikalien fortgeschritten. Sheppard hatte nicht gewusst, dass er sein Leiden an seine ungeborene Tochter vererbt hatte.
    Leider war Thomas Sheppard kurz vor Finleys erstem Geburtstag gestorben. Er war nicht daheim gewesen, als ihn ein Anfall gepackt und in sein dunkles Selbst verwandelt hatte. Nachdem er jemanden verletzt hatte, der ihm im Weg gewesen war, hatte die Polizei nach ihm gefahndet. Auf der Flucht hatte Sheppard versucht, eine Kutsche zu stehlen, war jedoch vom Besitzer niedergeschossen worden. Die Beamten hatten den Verletzten zu Scotland Yard geschafft und entsetzt zusehen müssen, wie sich die wilde Bestie in einen wohlerzogenen Gelehrten zurückverwandelte. Thomas Sheppard war gestorben, bevor sich ein Arzt um ihn hatte kümmern können.
    In den Aufzeichnungen seines Vaters klang ein gewisses Verantwortungsgefühl für Mary Sheppard und ihre Tochter an, doch die Frau hatte die Hilfe des Herzogs ausgeschlagen und war verschwunden. Auch Reue hatte Griffins Vater empfunden, wie seine Notizen bezeugten: Wenn ich doch nur nicht den Katalysator für Sheppards drastische Verwandlung geliefert hätte. Nun fürchte ich um meine eigene Familie.
    Was hatte sein Vater Sheppard gegeben? War es derselbe geheimnisvolle Katalysator, der auch Griffin und Sam geholfen hatte, ihre Fähigkeiten zu entwickeln? Wenn dies zutraf, warum waren sie dann nicht so verrückt geworden wie Sheppard? Warum hatten sie nicht auf ähnliche Weise gelitten?
    Er las die letzten Notizen auf der Seite. Sein Vater war voller Sorge um Mary und ihr Kind und fürchtete die Auswirkungen der Experimente auf Sheppards Tochter.
    Die arme Finley. Nun kannte sie die schreckliche Wahrheit über ihren Vater und ängstigte sich, es könnte ihr selbst ähnlich ergehen.
    Trotz ihres Gewaltausbruchs gegen Cordelia hielt er es für möglich, dass Finley lernte, ihre dunkle Seite zu beherrschen. Im Grunde war er sogar der Meinung, die Vereinigung dieser beiden Aspekte ihrer Persönlichkeit war der einzig gangbare Weg. Niemand war

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