Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
drein.
»Emmy, Sams Verhalten ist nicht deine Schuld. Keiner von uns trägt die Schuld. Du wolltest ihn retten, und ich habe dich gebeten, es zu tun. Wenn er auf uns wütend sein will, na schön, aber irgendwann muss er wieder zu sich kommen und dann wird er hoffentlich dankbar sein, dass er noch lebt.«
Emily riss die grünen Augen weit auf.
»Im Augenblick beschäftigt mich eher die Frage, was diese Veränderungen in uns ausgelöst hat«, überlegte Griff. »Es muss eine greifbare Ursache dafür geben, aber wo finden wir sie? In unserem Leben gibt es nichts Neues.«
»Ich mache mal ein paar Tests«, bot Emily an. »Ich könnte unser Wasser und unser Essen überprüfen – alles, was ins Haus gebracht und von uns allen benutzt wird. Wir werden schon etwas finden. Veränderungen dieser Art geschehen normalerweise nicht binnen weniger Monate, das braucht Jahre.«
»Jahrhunderte«, entgegnete Griff. »Die Evolution ist ein lang wieriger, stetiger Prozess. Das hier ist etwas anderes. Wenn irgendetwas in diesem Haus für die Veränderungen verantwortlich ist, dann wirst du es finden, Emmy.«
Sein Vertrauen ließ Emily erröten. »Hoffentlich bin ich wirklich so schlau, wie du denkst.«
»Ich weiß, das ist viel verlangt. Du hast ja allein schon mit den Automaten eine Menge Arbeit«, beruhigte Griffin sie. »Sag mir einfach, was du brauchst, und ich beschaffe es dir.«
Emily bedankte sich, worauf Griffin lächelte. »Du musst mir nicht danken. In den nächsten Tag wirst du mich übrigens öfter im Labor sehen. Ich möchte mit Finleys Blut ein paar Tests durchführen.« Er informierte sie knapp über das, was er bislang herausgefunden hatte, unterschlug jedoch Finleys Angriff auf Cordelia.
Emily runzelte die Stirn. »Kommt es dir nicht seltsam vor, dass alle, die mit deiner Familie zu tun haben, entweder tot oder Launen der Natur sind?«
Daran hatte Griffin noch gar nicht gedacht. Manchmal neigte er dazu, seine Andersartigkeit zu vergessen oder als selbstverständlich zu nehmen.
Emily führte den Gedanken weiter aus. »Du bist mit Sam aufgewachsen. Ihr beide besitzt eure Fähigkeiten schon seit der Kindheit. Finleys Vater hat dafür gesorgt, dass sie ebenfalls mit besonderen Fähigkeiten zur Welt kam, was sich allerdings erst in der Pubertät zeigte. Ich bin noch nicht lange hier, und jetzt verändere auch ich mich. Junge, ich glaube, das hat mit dir zu tun und nicht mit etwas, dem wir in diesem Haus ausgesetzt sind.«
Das traf Griffin wie eine Ohrfeige. »Die Organellen. Finleys Vater hat mit ihnen experimentiert. Sam und ich sind in ihrer Nähe aufgewachsen, und du bist ihnen ausgesetzt, seit du hier lebst.« Das war die Antwort, die er gesucht hatte. »Mein Vater sagte, sie seien der Ursprung des Lebens, und Sam und ich besäßen lediglich verstärkte natürliche Fähigkeiten. Finleys Vater hat sich nicht in ein Ungeheuer verwandelt, sondern nur einen Aspekt seines Wesens so weit entwickelt, wie es mög lich war.«
Emilys Augen waren vor Aufregung weit aufgerissen. Griff konnte förmlich sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten. »Wir sollten nicht nur Finleys Blut untersuchen, sondern das von uns allen. Ich vergleiche es dann mit Proben, die ich früher genommen habe. Wenn die Organellen uns auf der Zellebene verändert haben, dann finde ich es heraus.«
Griffin zweifelte nicht daran, dass ihr dies gelingen würde. Noch nie hatte er sich so darüber gefreut wie in diesem Moment, dass er sie gegenüber einem ihrer Brüder bevorzugt und ihr das Labor zur Verfügung gestellt hatte. Manchmal ängstigte ihn Emilys Intelligenz, und er fand sich selbst so engstirnig, dass er am liebsten mit dem Kopf gegen die nächste Wand gerannt wäre. »Wir beginnen noch heute Abend. Ich lasse Finley holen, und dann nimmst du auch von ihr eine Blutprobe.«
»Sie ist nicht da«, unterrichtete Emily ihn ein wenig unbehaglich. »Vor einer Stunde habe ich Finley wegfahren sehen.«
»Sie ist weg?« Sie hatte kein Wort verlauten lassen, er hatte sie nicht einmal gehört. Das konnte nur eines bedeuten: Ihre dunkle Seite hatte die Kontrolle übernommen. Nach diesem schwierigen Tag hätte er wissen sollen, dass so etwas geschehen würde. Wie hatte er nur so achtlos sein können?
»Soll ich sie suchen?«, fragte Emily.
Griff schüttelte den Kopf. »Wenn sie nicht gefunden werden will, wirst du sie auch nicht finden. Nein, hol du nur die Sachen, um uns das Blut abzunehmen, und ich sorge mich unterdessen um Finley.«
Ja,
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