Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross

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gezogen, und sie hatten die Funktionsweise der Maschine verändert.
    »Das ist auch mit uns passiert!«, rief er. »Gestern Abend haben wir gesehen, was die Organellen in Sams Körper getan haben. Das lag an der Energiezelle in seinem Herzen. Wir alle haben uns ständig in der Nähe von Energiezellen aufgehalten. Die Kombination der Organellen und Energiespeicher hat unsere genetische Entwicklung sprunghaft vorangetrieben. Wir fünf sind, was wir sind, weil die Organellen in unserem Körper auf das Erz reagieren.«
    Lachend umarmten sie einander. Endlich hatten sie das Geheimnis gelüftet! Die Schlussfolgerungen und Möglichkeiten, die sich daraus ergaben, waren unabsehbar. Jeder, der sich zufällig eine Weile in der Nähe des Erzes und eines Stoffs aufhielt, in dem Organellen steckten, veränderte sich. Gott allein mochte wissen, was schon mit den Einwohnern Großbritanniens oder der ganzen Welt geschehen war, denn Spuren der Organellen befanden sich im Wasser und in der Erde – buchstäblich überall.
    Sie konnten dies alles unmöglich gründlich durchdenken, da sie sich um so viele andere Dinge kümmern mussten, aber wenn sie den Maschinisten erwischt und seine Pläne vereitelt hatten – worauf sie auch zielen mochten –, würden er und Emily die Forschung vorantreiben.
    »Der Automat hat ständig einen Satz wiederholt, als ich mit ihm in Verbindung stand«, erklärte Emily, sobald sie sich etwas beruhigt hatten. »›Tu das für mich, und ich lasse dich frei.‹ Offenbar war das durch die Organellen ermöglichte unabhängige Denken ein Geschenk für einen Dienst, den er jemandem erwiesen hat.«
    »Er hat wohl nicht gesagt, um was für einen Dienst es sich handelte, oder?«
    Sie wurde ernst. »Nein, aber er war ein Tunnelbauer, also hatte es anscheinend damit zu tun. Wenn wir uns in den unterirdischen Gängen umsehen, in denen er beschäftigt war, finden wir vielleicht einen Hinweis.«
    »Das ist jetzt sechs Monate her«, wandte er ein. »Die Spuren sind sicher längst verwischt.«
    »Möglicherweise stoßen wir aber auf Hinweise, wenn wir die Stelle finden, wo er gegraben hat.«
    Damit hatte sie nicht Unrecht, und zum ersten Mal, seit dieses Geheimnis sie beschäftigte, schöpfte Griffin neue Hoffnung. »Ich setze mich mit der Firma in Verbindung, die den Bau der neuen Strecken übernommen hat. Dort kann man mir bestimmt sagen, wo der Tunnelbauer in den Monaten vor dem Angriff eingesetzt war.«
    »Es würde mich nicht wundern, wenn wir ihm zu nahe gekommen sind. Der Metallmann hat Sam und die Arbeiter angegriffen, weil er dachte, sie wollten ihn von seiner Aufgabe abhalten.«
    »Verdammt auch«, stöhnte Griffin. »Sam wurde fast zerfetzt, weil irgendjemand an der Maschine herumgepfuscht hat. Allerdings frage ich mich, woher der Maschinist so viel über die Organellen wusste.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Vielleicht war es auch Zufall. Oder könnte jemand, der mit deinen Eltern zusammengearbeitet hat, etwas verraten haben?«
    Darauf wusste Griffin keine Antwort. »Keine Ahnung. Soweit ich weiß, haben sie alle geschworen, die Sache geheim zu halten. Königin Victoria ist natürlich eingeweiht. Sie war diejenige, die verlangt hat, dass die Organellen ein Geheimnis bleiben müssten. Sie fürchtete sich vor dem, was passieren konnte, wenn sie in die falschen Hände fielen.«
    »Was jetzt ja wohl geschehen ist.«
    Es schmeckte Griffin nicht, dass er das Rätsel nicht lösen konnte. »Selbst wenn jemand sein Schweigegelübde gebrochen hat, musste er dem Betreffenden immer noch genau beschreiben, wo sich der Eingang der Kavernen auf meinem Landsitz befindet. Er ist nicht so leicht zu entdecken.« Er hob den Kopf, als ihm etwas einfiel. »Es sei denn, er wusste es längst.«
    Emily blinzelte verdutzt. »Wie bitte?«
    Auf einmal passte alles zusammen. »Der Gärtner, der so plötzlich verschwunden ist. Mein Verwalter sagte, er sei in die Höhlen eingedrungen. Er hat sogar mein Briefpapier benutzt, um den Verdacht auf Finley zu lenken. Er kannte meine und Finleys Eltern. Der Maschinist hatte mit der Arbeit meiner Eltern zu tun, womöglich sogar mit der Expedition.«
    Emily riss die Augen weit auf. »Bei allen Heiligen.«
    In Griffins Bauch loderte das Feuer, das seit langer Zeit in ihm brannte, mit neuer Kraft auf. Er war von unbändigem Rachedurst erfüllt.
    »Wenn der Maschinist nun meine Eltern getötet hat? Das Unglück mit der Kutsche – das war kein Unfall.« Eine böse Ahnung erwachte in seiner Seele.