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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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erkannt hatte, dass es mit ihm zu Ende ging, hatte er etwas erlebt, das Griff als Epiphanie bezeichnete. Ihm war bewusst geworden, dass er das Metall in seinem Körper immer noch nicht mochte, aber es war immer noch besser, als überhaupt nicht mehr zu leben.
    Emily hatte ihm das Leben gerettet – schon wieder. Wie konnte er das je wiedergutmachen? Vor allem, nachdem er sich ihr gegenüber so abscheulich benommen hatte.
    Von dem Schlag, den Finley ihm versetzt hatte, war nichts zurückgeblieben; er war vollkommen wiederhergestellt. Und auch wenn er sie nicht mochte und ihr nicht traute – er musste zugeben, dass sie kämpfen konnte. Stark war sie auch. Wenn sie sich als vertrauenswürdig erwies, wäre sie eine wertvolle Unterstützung, sobald es Ärger gab. Auch Emily wäre in ihrer Nähe gut geschützt, und die beiden Mädchen konnten Orte aufsuchen, die ihm, Griff und sogar Jasper nicht zugänglich waren. Emilys Sicherheit lag ihm sehr am Herzen. Sie war so klein und zerbrechlich, so unendlich zierlich.
    Dennoch war immer er derjenige, der zerbrach, und sie flickte ihn danach wieder zusammen.
    Gedankenverloren rieb er sich über die linke Brustseite, warf die Decke zurück und stand auf, um zu baden, sich zu rasieren und braune Hosen und eine honiggelbe Weste anzulegen. Er versuchte sich sogar an einem anständigen Krawattenknoten, obwohl er sich mit den verdammten Dingern immer unwohl fühlte. Schließlich kämmte er sich die Haare, doch eine Locke fiel ihm beharrlich ins Gesicht, so finster er sie auch anstarrte. Schließlich gab er es auf, zog die Stiefel an und ging nach unten, um den anderen unter die Augen zu treten. Es war sinnlos, es noch länger hinauszuzögern.
    Am Morgen waren Wolken aufgezogen, und jetzt, am Nachmittag, hatte sich ein leichter Dunst über die Stadt gesenkt. Sie konnten nicht draußen essen, und so fand Sam die drei anderen im Ess zimmer, wo sie gerade das Mittagsmahl einnehmen wollten.
    Auch für ihn hatten sie gedeckt, was seine Ängste ein wenig linderte. Wenn sie das Brot mit ihm brechen wollten, hatten sie ihn wohl doch nicht endgültig abgeschrieben.
    Sie hatten sich noch nicht gesetzt, sondern standen um den Tisch herum, als er eintrat. Alle blickten ihn schweigend an und warteten.
    Sie würden es ihm nicht leicht machen. Es war besser, er brachte es so schnell wie möglich hinter sich. Zuerst näherte er sich Finley, die anscheinend mindestens ebenso unsicher war wie er selbst. Wenigstens das verband sie – dies und die Fähigkeit, Wunden rasch verheilen zu lassen, wie er den verblassten Prellungen in ihrem Gesicht entnehmen konnte. Griffin ging es nicht ganz so gut. Sam zuckte zusammen, als er den Freund sah.
    Er gab Finley die Hand. »Ich möchte mich für mein gestriges Verhalten entschuldigen. Es war falsch, dich so anzugreifen. Auch wenn ich dir nicht traue, war es nicht richtig, und es tut mir leid.«
    Sie zog eine blonde Augenbraue hoch. Zweifellos hatte sie schon bessere Entschuldigungen gehört, doch diese war wenigstens aufrichtig. Sie schlug ein. »Es tut mir leid, dass ich dich fast umgebracht habe.«
    Sam musste lächeln. Auch er hatte schon bessere Entschuldigungen vernommen, aber sie meinte es ehrlich, denn sie musste sich überwinden, ihm in die Augen zu blicken. Sie hielten nicht viel voneinander, gingen aber wenigstens offen miteinander um.
    Griffin sollte der Nächste sein. Dieses Mal gab es kein Händeschütteln. »Alles wieder gut?«, fragte er.
    Griff ließ ihn noch einen Augenblick schwitzen. »Würde ich schon sagen«, entgegnete er schließlich lächelnd. »Aber ich bin dir noch eine ordentliche Tracht Prügel schuldig.«
    Jeder andere hätte darüber gelacht. Griffin war ihm körperlich weit unterlegen, doch Sam hatte gesehen, wozu sein Freund fähig war, und wusste, wie unklug es gewesen wäre, ihn zu unterschätzen. »Von mir aus.«
    Emily war die Letzte. Die liebe, süße Emmy, die zerbrechlich schien wie Glas und in gewisser Weise hart war wie Diamant. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn mit den großen hübschen Augen so trotzig an, wie er es noch nie bei ihr gesehen hatte. Oder jedenfalls nicht, wenn er selbst betroffen war. Er war schuld daran, dass sich ihr Verhältnis verändert hatte, und sicher nicht zum Besseren. Er spürte genau, dass er in ihrer Achtung deutlich gesunken war.
    »Danke«, sagte er so laut zu ihr, dass es alle hören konnten. »Danke, dass du mir das Leben gerettet hast. Es war ja nicht das

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