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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Monsieur!«
    Im selben Moment wurde auch schon die Tür aufgerissen, und ein junger Mann rauschte in das Kabinett. Seine Wangen waren gerötet, sein pelzgefütterter Umhang nur halb geschlossen, und sein Hut auf seinem blond gelockten Kopf saß schief. Der Kardinal und der Herzog blickten ihn überrascht an – es war ihr Neffe Henri de Guise, der wirkte, als wäre er den Weg vom Louvre bis zum Palais hierher gerannt.
    Der Kardinal runzelte missbilligend die Stirn. »Henri, Ihr soll tet wahrhaftig lernen, etwas mehr Haltung zu bewahren und Euch Eures Ranges würdiger zu zeigen«, sagte er, während er zu der mit goldenen Ornamenten verzierten Tür ging und sie hinter ihm schloss. »Es geziemt sich nicht, in dieser Weise hier hereinzustürmen«, erklärte er tadelnd.
    Doch Henri schien ihn gar nicht zu hören. Ein hasserfüllter Ausdruck verzerrte sein Gesicht. »Ich habe sie gesehen«, stieß er hervor. »Sie … sie ist hier in Paris. Bei der Medici!«
    Der Kardinal und der Herzog schauten ihn verständnislos an. Aumale zog die Brauen hoch. »Von wem um Gottes willen redet Ihr, Henri?«
    Der junge Mann kam mit blitzenden Augen einen Schritt auf ihn zu. »Von der Frau aus dem Wirtshaus, die verhindert hat, dass wir diesem elenden Coligny endlich die Kehle durchschneiden!«
    Einen kurzen Augenblick war es in dem Kabinett so still, dass man eine Nadel hätte zu Boden fallen hören können.
    »Madeleine Kolb? Seid Ihr sicher?«, fragte der Herzog schließlich. Seine schrägen Augen waren noch ein Stück schmaler geworden.
    Henri nickte. »Ja, ich habe sie selbst gesehen. Sie befindet sich in einem geheimen Trakt des Palastes, zu dem niemand Zugang hat … Sie soll angeblich hellsehen können!«, fügte er hinzu.
    Der Kardinal wechselte einen kurzen Blick mit seinem Bruder. Seitdem Madeleine Kolb auf mysteriöse Weise aus dem Verlies ihres Palais in Montceaux befreit worden war, tappten sie im Dunkeln, was mit der Frau geschehen war. Sein Bruder und er waren in der besagten Nacht am Hof auf einem Ball gewesen, als der Überfall geschehen war. Drei Wachen waren getötet worden. Die Unbekannten waren so schnell und zielstrebig vorgegangen, dass sie zunächst vermutet hatten, die Hugenotten hätten sie befreit. Später hatten sie jedoch von dem spanischen Botschafter erfahren, dass die Protestanten selbst nach der jungen Frau suchten.
    »Die Medici? Sie soll dahinterstecken? Aber wie kann sie es wagen, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen? Und was will sie von der Frau?«, fragte der Herzog.
    Der Kardinal war einige Schritte durch das Kabinett gegangen. Er legte seine Hand auf der kunstvoll geschnitzten Lehne eines Stuhls ab. »Wenn sie behauptet, hellsehen zu können, dürfte das für das Interesse der Medici reichen. Sie liebt es, sich mit diesen Astrologen und Alchemisten zu umgeben!«, fügte er geringschätzig hinzu.
    Die Miene von Henri hatte sich verfinstert. »Ich hätte sie auf der Stelle getötet, aber ich hatte keinen Degen dabei«, erklärte er.
    »Ihr habt gut daran getan, diesen Unsinn zu unterlassen, lieber Neffe«, sagte er in scharfem Ton. »Wenn sich die Frau bei der Medici befindet, müssen wir anders vorgehen und vorsichtig sein. Wie seid Ihr überhaupt in diesen Teil des Palastes gekommen?«, fragte er dann neugierig.
    Ein stolzes Lächeln umspielte Henris Lippen. »Mit Margot. Es war ihre Idee, mir den geheimen Trakt und die Frau zu zeigen.«
    Der Kardinal wirkte ernst, als er weiterfragte. »Hat Madeleine Kolb Euch erkannt?«
    Henri schüttelte den Kopf. »Nein, sie stand am Fenster und hat uns nicht sofort bemerkt.« Er schaute die beiden Männer an. »Sie muss sterben!«
    Der Herzog d’Aumale, der sich ebenfalls von seinem Stuhl erhoben hatte, nickte. Er presste mit mühsam unterdrückter Wut die Lippen zusammen. »Ja, aber nicht still und heimlich, sondern so, wie es sich für eine Hexe gehört – sie soll brennen!«
    »Es ist eine heikle Angelegenheit, in diesen Trakt des Palastes einzudringen«, gab der Kardinal zu bedenken. »Wir müssen Madeleine Kolb in unsere Gewalt bringen, ohne dass jemand et was mitbekommt. Aber wenn sie erst einmal vor dem Inquisitions gericht steht, wird die Medici es nicht mehr wagen, sich einzumischen. Es würde in der Öffentlichkeit nicht gut aufgenommen werden, wenn die Königinmutter Partei für eine Hellseherin und Hexe ergreift!«, fügte er kalt hinzu. Er wandte sich erneut zu Henri. »Könnt Ihr Euch auf Margot verlassen, dass sie niemandem erzählen

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