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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Doppeltür. Es war allgemein bekannt, dass die Medici und der Herzog d’Alava sich nicht besonders schätzten. Seitdem die Guise in Ungnade gefallen waren, wurde auch er am Hof nur noch geduldet.
    Rémi kicherte. »Ja, und nicht das erste Mal. Auf Befehl des spanischen Königs übrigens. Mein Herr soll die Königinmutter unbedingt von dieser Hochzeit zwischen der Prinzessin und diesem Henri de Navarre abbringen. Als der Herzog erfuhr, dass Margot mit einem Protestanten verheiratet werden soll, ist er fast in Ohnmacht gefallen!«
    Sie lächelte. Der Spanier war nicht der Einzige, der aufgebracht war. Sogar ein Sonderbotschafter des Vatikans war zwi schenzeitlich angereist, um der Medici unter Drohungen und Bitten diese unglückselige ketzerische Verbindung auszureden.
    Madeleine erzählte Rémi, wie es ihr selbst seit ihrer Flucht von den Gauklern ergangen war. Der Zwerg hörte ihr staunend zu.
    »Kein Wunder, dass die Guise nicht gut auf dich zu sprechen sind!«, sagte er schließlich. »Der Herzog d’Alava sieht diese Leute noch oft, und ich habe gehört, dass sie sogar von Spanien Geld bekommen, um ihre katholische Anhängerschaft in Paris zu stützen! Du solltest vorsichtig sein«, fügte er hinzu.
    Sie nickte. Sie war dankbar, dass die Medici den Kardinal und seinen Bruder hatte wissen lassen, dass, sollte Madeleine etwas zustoßen, sie die Guise dafür persönlich zur Verantwortung ziehen würde.
    »Huch!«, riss sie eine helle, spöttische Stimme aus ihren düsteren Gedanken. »Hat man so etwas schon gesehen. Ein Zwerg, der sich ausstaffiert und denkt, ein Herr zu sein!«
    Madeleine blickte gleichzeitig mit Rémi zu der zierlichen Gestalt, die wie aus dem Nichts vor ihnen aufgetaucht war und den Zwerg musterte. Es war Fôlle. Rémi schien kurz die Sprache verloren zu haben, als er die Zwergin erblickte, doch dann hopste er mit einem Satz von der Bank und hob das Kinn. »Zu deiner Information – ich bin ein Herr!«, verkündete er und watschelte in Richtung des Audienzraums davon, dessen Türen sich gerade am Ende des Flures öffneten.
    Madeleine erhob sich ebenfalls. Sie verspürte nicht die geringste Lust, den Botschafter auch nur von Weitem zu sehen. Sie drehte sich zu Fôlle. »Sei nett zu ihm. Er ist ein guter Freund!«, sagte sie im Weggehen. Die Zwergin schaute sie überrascht an.
    Madeleine lief weiter durch den Flur. Rémis Worte hatten sie nachdenklich gemacht. Sie trat in den Hof hinaus, der wie immer gefüllt mit Menschen war, und wollte sich nach rechts in Richtung des Seitentrakts wenden, als er auf einmal vor ihr stand! Rechtzeitig hielt er sie am Arm fest, bevor sie in ihn hineinstolpern konnte.
    »Madeleine!«
    Sie brachte keinen Ton hervor. Ihr Herzschlag beschleunigte sich vor Panik. Es irritierte sie, dass er sich aufrichtig zu freuen schien, sie zu sehen. Der Blick seiner grüngrauen Augen traf sie. Sie nahm die Narbe auf seiner Wange und seine breiten Schultern wahr und verspürte dabei eine Vertrautheit und Sehnsucht, die sie zerrissen. Verzweifelt kämpfte sie gegen ihre Gefühle an und versuchte, sich das Bild von ihm im Schloss von Brèves vor Augen zu rufen.
    »Mein Gott, wo warst du?«, fragte Nicolas. »Was ist mit dir geschehen, nachdem man uns festgenommen hat?«
    Seine besorgte Frage, in der die Erleichterung schwang, dass sie am Leben war, drohte sie endgültig aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    Abrupt entzog sie ihm ihren Arm. »Interessanter wäre wohl die Frage, wo du nach unserer Festnahme warst«, erwiderte sie kalt.
    Ihre Antwort schien ihn zu verwirren. »Was meinst du damit?«
    Madeleine blickte ihn an. Sie holte tief Luft. »Hör auf! Ich weiß, wer du wirklich bist!«, sagte sie dann.
    Sie floh an ihm vorbei, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    »Madeleine, warte!« Sie hörte hinter sich seine Schritte. Er war ihr nachgekommen. Sie lief schneller und hatte gerade den Durchgang zum Seitentrakt erreicht, als sie spürte, wie er sie an der Schulter fasste und zu sich drehte.
    »Was weißt du?!«, fragte er und blickte sie durchdringend an.
    Er stand so dicht vor ihr, dass sie den herben Geruch seiner Haut wahrnahm. Ihr schwindelte, und sie zwang sich, an die Frau zu denken, die sie bei den Guise gesehen hatte, und all die kleinen Details und Dinge, die nur er hatte wissen können und die so eindeutig darauf hinwiesen, dass er die Hugenotten hintergangen hatte. Sie hob das Kinn. »Dass du selbst der Verräter bist, von dem du immer gesprochen hast, Nicolas!«
    Ein

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