Das Maedchen mit den Schmetterlingen
unmissverständlich klargemacht
hatte. Vielleicht war es ja für alle das Beste, schließlich wurde er jetzt hier gebraucht. Dermot lehnte sich zurück, hörte den Regen prasseln und fragte sich, was sie in Árd Glen wohl gerade machten.
Kate platzierte Tess so, dass sie ihr in die Augen sehen konnte, und räumte alle Ablenkungen beiseite. Es ging ihr wieder besser, die Übelkeit war noch nicht ganz verschwunden, aber nicht mehr so quälend wie vorher. Tess war auf sie angewiesen, und das hielt Kate auf den Beinen. Sie steckten in finanziellen Schwierigkeiten und mussten den Hof möglicherweise verkaufen, sie beide konnten ihn jedenfalls nicht weiterführen, so viel stand fest. Wenn sie es sich recht überlegte, dann steckten sie schon seit längerem in finanziellen Schwierigkeiten, aber sie war davon ausgegangen, dass Seán irgendwann mit dem Trinken aufhören würde. Wie töricht von ihr, die Dinge so lange schleifen zu lassen. Sie wusste jetzt, dass sie sich auf niemanden verlassen konnte, nur auf sich selbst. Letzten Endes hatten alle anderen sie im Stich gelassen, was ihr nicht noch einmal passieren sollte. Tess erhielt aufgrund ihrer Behinderung eine kleine Rente, und ein paar Agrarsubventionen standen ihnen auch noch zu, aber das alleine reichte nicht. Es mussten ein paar weitreichende Entscheidungen getroffen werden.
Als Kate Tess eröffnete, dass sie die Eigentümerin des Hofes war, starrte ihre Schwester sie verständnislos an. Dass Michael Byrne nicht Seáns Vater war und dass dieser darum nicht Seán, sondern ihr den Hof vermacht hatte, verschwieg Kate ihr lieber. Es wäre vermutlich über ihren Horizont hinausgegangen. Stattdessen behauptete sie, nicht zu wissen, weshalb er Tess den Hof hinterlassen hatte, aber dass sie froh sein sollte, dass er an sie gedacht hatte. Tess runzelte nachdenklich
die Stirn und versuchte, diese Neuigkeiten zu verarbeiten.
»Hat Seán mich deswegen nicht leiden können?«, fragte sie schließlich.
»Kann sein, Tess, aber das ist nicht deine Schuld. Es hat sich eben einfach so ergeben.«
»Warum hat er den Hof nicht dir vermacht, Kate? Du bist älter als ich.«
Manchmal hatte Kate das Gefühl, dass ihre Schwester sehr viel mehr verstehen konnte, als es schien.
»Ich weiß es nicht. Wie gesagt, es hat sich so ergeben. Aber jetzt müssen wir über Geld reden. Wir nehmen weniger Geld ein, als wir zum Leben brauchen. Wir müssen überlegen, ob wir den Hof verkaufen und irgendwo anders hinziehen.«
Kate machte eine Pause, damit Tess nachdenken konnte. Auf der Miene ihrer Schwester kündigte sich bereits ein Sturm an.
»Nein, Kate. Mir gefällt es hier. Ich mag das Pferd. Ich mag Dermot. Ich geh nicht weg. Nein.« Sie zog die Beine unter den Körper und verschränkte energisch die Arme vor der Brust.
Kate seufzte. Sie hatte gewusst, dass es schwierig werden würde. Von Tess konnte sie keine Einsicht erwarten.
»Tess, vielleicht können wir ja ein paar Wiesen behalten, vielleicht auch das Haus und nur ein bisschen Ackerland verkaufen. Tess, wir brauchen Geld zum Leben. Ich kann nicht arbeiten gehen … ich …« Kate wollte Tess eigentlich nichts von dem Baby sagen, aber irgendwie musste sie ihr doch erklären, warum sie sich jetzt, wo sie sich nicht mehr um Ben kümmern musste, keine Arbeit suchen konnte. »Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis, aber es ist sehr wichtig, dass es wirklich ein Geheimnis bleibt. Du darfst es niemandem sagen, einverstanden?«
Tess nickte mit weit aufgerissenen Augen.
»Ich bekomme ein Baby. Es kommt im Sommer auf die Welt. Darum war mir immer so übel.«
Tess schwieg. Nachdenklich senkte sie den Kopf. Fragen, die sie nicht in Worte fassen konnte, drängten sich auf. Sie sagte nichts, und ihre Schwester, die davon ausgegangen war oder zumindest gehofft hatte, dass Tess sich über das Baby freuen würde, war enttäuscht. Doch wie konnte sie von Tess Freude erwarten, wenn sie selbst sich nicht einmal freute? Sie hatte keine Vorstellung, was Tess über Sex wusste und ob man sie in der Klinik aufgeklärt hatte.
»Wann kommt Dermot wieder?« fragte Tess schließlich
Kate senkte den Kopf. Sie wusste, dass Tess verstanden hatte. »Ich weiß es nicht, Tess«, entgegnete sie schlicht.
Seit Dermots Abreise hatte Kate jeden Tag an ihn gedacht, hatte gehofft, dass er sich bei ihr meldete, obwohl sie ihn so schlecht behandelt hatte. Sie konnte sich ihr Verhalten nicht erklären. Dermot hatte in jeder Minute dieser ganzen Tragödie und während der
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