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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Bayern?»
    Xaver schüttelte den Kopf. «Wir fragen nicht nach dem Nutzen. Es ist Gottes Wille, sagen wir, und dass die Wege des Herrn unergründlich sind.»
    «Ja, das sagen viele. Aber wenn man fragt, wem es nützt, tun sich andere Möglichkeiten auf. Man sieht plötzlich anders. Hast du gewusst, dass Worte sehend machen können?»
    Xaver schüttelte den Kopf. «Ich sehe mit den Augen», sagte er schüchtern.
    «Manchmal reicht das nicht aus», erwiderte Rosamund leise.
    Da richtete sich der Xaver auf. «Jetzt weiß ich es, Ihr seid eine Heilige.»
    «Ach was, ein Mädchen bin ich, ein Mensch. Nicht anders als du.»
    «Nein, nein, Ihr seid eine Heilige. Da!» Xaver deutete mit dem Zeigefinger auf ihr Haar. «Da sehe ich einen Heiligenschein. Wenn Ihr nicht die Frau vom lieben Gottseid, dann seid Ihr eine Heilige. Der Schein, der sagt die Wahrheit.»
    Rosamund schüttelte den Kopf. «Der Mond ist es, der durch die Ritzen dringt.» Sie wies Xaver einen Platz vor dem Herdfeuer zu, wo er schlafen konnte, und begab sich in ihre Kammer.
    Am nächsten Morgen fand sie die Stube des Gästehauses warm. Xaver hatte die beiden Fenster repariert und Feuer entfacht. Sogar ein paar Mohrrüben schmorten schon darin, Schnee schmolz in einer Schüssel.
    Sie aßen, dann kramte Xaver in seinem Bündel. «Ich habe nicht viel, das ich Euch geben könnte. Aber seid so gütig und nehmt diesen Becher aus Zinn. Ich habe ihn selbst gefertigt.»
    Er reichte Rosamund ein Stück feinster Arbeit. Schön ziseliert hoben sich Girlanden vom Untergrund ab. Zuerst wollte Rosamund ablehnen, doch dann sah sie den Eifer in Xavers Augen. «Habt recht schönen Dank», sagte sie also, und «Gott vergelt’s».
    Xaver winkte ab. «Eine Ehre ist’s mir, eine außerordentliche sogar, einer Heiligen meinen Becher schenken zu dürfen.»
    Rosamund schüttelte den Kopf. «Nein, nein, eine Heilige bin ich nicht. Es war der Mondenschein, der durch die Ritzen schien, nichts sonst.»
    Jetzt schüttelte der Xaver den Kopf. «Bei Nacht war’s vielleicht der Mond, aber heute sehe ich Eure Augen. Eines ist blau, das andere braun. Das ist ein Zeichen von Gott.»
    «Seid Ihr sicher? Von Gott? Nicht vom Teufel?» Rosamund war verblüfft.
    «Von Gott, natürlich. Denn das braune Auge steht für die schwarzen Menschen in den fernen Ländern, die auch Gottes Kinder sind. Und das blaue steht für uns.»
    «So einfach ist das?», fragte Rosamund erstaunt.
    Xaver nickte überzeugt. «Natürlich ist es so einfach. Gott ist einfach, damit jeder ihn verstehen kann. Und Ihr seid es auch. Wenn der Herr weiße und schwarze Menschen geschaffen hat, wie die Leute erzählen, die die Seefahrer getroffen haben, so ist es doch ganz natürlich, ein blaues und ein braunes Auge zu haben. Oder denkt an die Alten. Früher hatten sie dunkles Haar und jetzt weißes. Oder die Bauern. Im Frühjahr ist ihre Haut weiß wie Milch, und wenn der Sommer zu Ende geht, dann sind sie braun wie Eichenlaub. Der Mensch hat keine bestimmte Farbe. Die Farben wechseln. So ist es in der Natur, so ist’s auch beim Menschen.»
    Mit dieser Rede ging Xaver unter vielen Verbeugungen und Bekreuzigungen, schwenkte den Hut in der Hand und schloss grüßend das Tor hinter sich.

Dreizehntes Kapitel
    Die nächsten Tage verbrachte Rosamund damit, sich im Gästehaus einzurichten. Sie durchstreifte jede Kammer, jeden Keller, fand Dinge, die sie benötigte, ein wenig Handwerkszeug, zwei Handtücher, sogar ein Blöckchen Seife, außerdem einen kaputten Schemel, den sie reparierte, und noch einige Öllampen.
    Es war noch immer bitterkalt, doch der Himmel war klar. Zu manchen Stunden brach sogar die Sonne durch die Wolken. Dann stand Rosamund auf der Klostermauer, sah über das Land, die weite Schneefläche, die im Sonnenlicht glitzerte wie ein Diamantenfeld.
    In den Nächten fror Rosamund trotz des heißen Ziegelsteins am Fußende der Bettstatt. Sie hatte zwar einen dünnen Strohsack gefunden, der nach langem Lüften auch nicht mehr so faulig roch, doch eine Zudecke fehlte ihr noch.
    Also wagte sie sich noch einmal in den Geheimgang, der hinauf zur Sakristei führte, ging von dort in die Kapelle, zog zögernd die kostbare Samtdecke vom Altar.
    Am Abend bat sie Gott um Nachsicht, dann kuschelte sie sich in den weichen Samt und fror zum ersten Mal seit langem nicht.
    Jetzt hatte sie wieder ein Zuhause. Ich will wie eine Klausnerin leben, überlegte sie sich. Das Kloster will ich hüten mit seinen Schätzen und jeden Tag so beten,

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