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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Wollust ist dem Kindsempfang hinderlich. Reibe dich mit kalten Wassern ab, bevor du zu dem deinen ins Bett steigst. Schling dir meinethalben den Rosenkranz ums Handgelenk, denke fest an unseren Herrn Jesum Christum, dann wird’s schon werden.»
    Rosamund dankte, ging nach Hause, versuchte sich an die Ratschläge des Priesters zu halten, doch es gelang ihr nicht.
    Sie hatte Matteo lieben gelernt. Sie liebte seinen Geist, seine Seele, seinen Körper. Wenn sie beieinanderlagen, war ihr, als brauchten sie keine Worte. Es schien, als würde seine Haut zu ihrer sprechen und umgekehrt. Manchmal lagen sie Herz auf Herz, ihr helles Haar mit seinem dunkeln vermischt. Da halfen kein Rosenkranz und kein Gedenken an den Herrn Jesum Christum. Da dachte sie nur an ihn und an sich, als wären sie eine Person. Rosamund bezweifelte auch, dass die Ursula jemals im Garten an den Herrn der Welt gedacht hatte. Und trotzdem war sie schwanger geworden.
    Sie ging zum nächsten Priester, beichtete ihm, fragte um Rat, erhielt den Auftrag, der Muttergottes eine armdicke Kerze zu spenden. Sie tat es, und in ihr tat sich trotzdem nichts.
    Der dritte Priester wollte sie auf Wallfahrt schicken. Allein, ohne Matteo. Wie sollte sie da schwanger werden?
    Aber der vierte Priester hatte schon vom verbotenen Buch gehört, war sich sicher, dass ihre Teufelsaugen, die Handleserei und Johannes Trithemius zwischen ihr und dem Kind standen.
    «Einen Exorzismus brauchst du, Kind. Es ist nämlich so, dass der Teufel in dir steckt.»
    Rosamund ging nach Hause, um zu überlegen. Der Priester hatte Zweifel in ihr gesät. Vielleicht, dachte sie, hat der Priester recht. Vielleicht berge ich tatsächlich den Teufel in mir. Was gibt es denn Teuflischeres, als eine Teufelin plötzlich in eine Heilige zu verwandeln und dannwieder zurück? Und was ist schlimmer für eine junge Frau, als einen trockenen Schoß zu haben.
    Aber ich bin doch nicht böse, dachte sie weiter. Ich neide niemandem etwas, habe nicht vor, den Menschen zu schaden. Oder doch?
    Sie dachte daran, wie sie sich an Ursulas Unförmigkeit innerlich geweidet hatte, wie sie die Trägheit und Dummheit der Mutter verachtete.
    Sie hätte gern mit jemandem darüber gesprochen, doch sie fürchtete sich. Wer würde sie noch lieben, wenn herauskäme, dass doch der Teufel in ihr wohnte?
    Schließlich begab sie sich in ihr Elternhaus, suchte den Vater auf.
    «Meinst du, ich sollte mich einem Exorzisten unterwerfen?», fragte sie. «Meinst du, in mir wohnt doch ein Teufel?»
    Der Vater wiegte den Kopf.
    «Sag mir, dass dem nicht so ist. Es ist doch kein Mensch durch mich zu Schaden gekommen, nicht wahr?» Rosamunds Stimme klang flehentlich.
    Der Vater schluckte, strich sich über das Kinn, wieder und wieder. Schließlich nahm er sich sein Wams, zog es über. «Lass uns ein wenig draußen umherlaufen», sagte er. «Frische Luft wird uns guttun.»
    Rosamund war verwundert. Frische Luft? Ihr Vater unternahm niemals Spaziergänge. Das war etwas für Nichtstuer, für die dicken Frauen der Pfeffersäcke oder für verliebte Mägde. Aber nicht für ihn.
    Als sie draußen waren, über den Römer hinweg zurgroßen Bleiche kamen, sagte der Vater: «Seit Ursula und Michael bei uns dem Haus vorstehen, haben die Wände Ohren. Das, was ich dir sagen muss, braucht jedoch niemand zu hören. Und es ist besser, Rosamund, besser für dich, wenn auch du Stillschweigen bewahrst.»
    Die Worte des Vaters machten Rosamund Angst. «Was habe ich getan?», fragte sie mit klopfendem Herzen.
    Der Vater blieb am Rande der Bleichwiese stehen. Niemand war dort; Novembernebel hingen über der Bleiche und ließen die Bäume am Rand wie Gespenster scheinen.
    «Sag es, was habe ich getan?»
    Der Vater seufzte. «Erinnerst du dich an Tonia?»
    «Tonia. Ja, ich weiß.» Rosamund lächelte bei dem Gedanken an ihre Amme. «Sie war bei uns, und auf einmal war sie weg. Und die Mutter hat verboten, jemals wieder ihren Namen zu nennen. Da war etwas mit Tonia, aber ich erinnere mich nicht mehr daran. Nur an das Buch, das sie mir vermacht hat. Das Buch über die Handleserei.»
    «Betreibst du sie noch, diese Kunst?»
    «Manchmal. Sehr selten. Die Ursel fragt mich, aber aus ihrer Hand lese ich nichts. Hin und wieder kommt eine Nachbarin um Rat. Den lese ich ihr aus der Hand, wenn er dort geschrieben steht. Aber was hat das mit der Tonia zu tun?»
    Die nächsten Worte des Vaters klangen rau und schmerzlich. «Sie wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt, die Tonia.

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