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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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laut.
    »Vorschlag?«, fragte Marike, verstummte jedoch unter einem strengen Seitenblick ihres Vaters.
    »Nein, das habe ich nicht, Lynow. Und jetzt wollen wir nicht mehr davon sprechen.«
    Marike wurde ganz rot, denn dies bestätigte ihren Verdacht. Ihr Vater hatte sie auf ihre Frage hin, ob Lynow über sie gesprochen hatte, angelogen. Doch hier, inmitten der ganzen Ratsfamilien, konnte sie ihn unmöglich zur Rede stellen. Also schluckte sie ihren Ärger herunter.
    Zum Glück trat nun auch Bernt Notke auf die Laube. Im Gegensatz zu gestern trug er einen modisch engen grünen Rock mit darangenestelten Beinlingen derselben Farbe. Die bestickte Kleidung, fand Marike, betonte seine schlanke Figur sehr vorteilhaft, er sah aus wie ein junger Fürst. Der kecke Maler neigte das Haupt gen Vater und Tochter Pertzeval, und die junge Frau erwiderte die höfliche Geste. »Jungfer Marike«, grüßte er und zwinkerte ihr wie gestern schon von der Straße aus zu.
    Marike schlug die Augen nieder und erwiderte: »Meister Notke. Ich … ich höre, Ihr malt für Sankt Marien?«
    »Das stimmt, Jungfer. Ich hoffe, das Gemälde bald fertig zu haben.«
    »Das hoffen wir alle!«, rief Oldesloe fröhlich und schlug Notke mit seiner großen Hand auf den Rücken, sodass er zusammenzuckte. Der Ratsherr gehörte dem Kirchenvorstand an, der das Bild in Auftrag gegeben hatte. »Nicht so sehr wie ich«, keuchte der Maler atemlos. »Meine Schulter wird es mir danken.« Marike musste unwillkürlich schmunzeln.
    Notke straffte sich wieder und fragte sie dann: »Wollt Ihr es einmal sehen? Den Bilderzyklus, meine ich.«
    »Oh, sehr gerne, Meister Notke!«, mischte sich Lyseke ein. »Wir sind schon so neugierig! Vielleicht können Marike und ich nachher vorbeikommen?«
    »Heute schon?«, fragte Notke sichtlich überrumpelt. Marike nickte verlegen. »Es wäre mir eine große Freude, Jungfer Pertzeval.«
    »Vater?«, fragte Marike errötend.
    »Ich weiß nicht«, murmelte Pertzeval halbherzig. Daneben stand Bernt Lynow und machte ein grimmiges Gesicht. »Das geziemt sich ja wohl kaum«, knurrte er.
    Das hätte er besser nicht gesagt, denn Johannes Pertzeval ließ sich nicht gern in seine Entscheidungen hineinreden. »Geh nur, Kind. Wenn du Alheyd mitnimmst …«
    »Natürlich, Vater! Lyseke wird da sein und Alheyd auch.« Die Vorstellung, sie würde sich ohne Begleitung mit einem Mann an öffentlichem Orte treffen! Da konnte sie ja gleich auf das Fest der Fahrenden gehen, um sich den Ruf zu ruinieren! Sie wandte sich wieder zu Notke um. »Wir kommen sehr gerne. Nicht wahr, Lyseke?« Die Freundin nickte mit einer leichten Verbeugung.
    »Ich freue mich.« Notke verneigte sich und trat dabei ein wenig zurück, um den Ratsherren und Zunftleuten nicht im Wege zu stehen.
    Marike wandte sich schnell ab, um ihre Aufregung zu verbergen, und suchte sich am Geländer der Ratslaube neben dem Vater ein Plätzchen. Unten auf dem Marktplatz warteten die Lübecker ungeduldig auf die Verkündung der Neuigkeiten. Jetzt sah sie allerdings erst, wie viele Menschen tatsächlich gekommen waren – der Platz war zum Bersten gefüllt. Von oben herab wirkte die Menge wie ein bunt getupftes Meer aus Köpfen und Schultern.
    Lyseke gesellte sich zu ihr. »Ich muss mich doch bei dir revanchieren«, lächelte sie unschuldig. »Deinetwegen bin ich Gunther begegnet. Und über mich wirst du nun Notke kennenlernen. Der Rest geht von ganz alleine.«
    »Lyseke! Red nicht so einen Blödsinn! Woher willst du wissen, dass er mich mag?«, rief Marike und verdrehte die Augen.
    »Wart’s ab«, schmunzelte Lyseke. »Ganz schön viele Leute, nicht? So viele habe ich bei einer Bursprake noch nie gesehen.«
    »Es ist ja eine außerordentliche Verkündung. Und wie es scheint, gibt es heute niemanden, der die Nachrichten aus zweiter Hand haben will«, stellte Marike fest. »Alle haben Angst, dass die Pest Lübeck ebenso beuteln wird wie Hildesheim und Hannover.«
    Doch die Freundin schüttelte nur den Kopf und drehte nachdenklich eine goldene Locke auf ihren Finger. »Vater sagt, nur weil die Pest andere Städte verheert hat, muss sie Lübeck noch lange nicht so hart treffen.«
    »Warum sollte sie nicht? Lübeck ist wie jede andere Stadt.« Marikes Blick fiel auf den Pranger. Die Spielleute hatten sich inzwischen allesamt dort versammelt und hockten nun auf dem Podest. Daneben hingen noch immer der strubbelhaarige Novize und der Flötenspieler. Beunruhigt stellte sie fest, dass der wölfische Mann die

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