Das Mädchen und der Schwarze Tod
bekommst und dein Mann deine Zeit beansprucht – lass uns immer Freundinnen bleiben, ja?«
»Ich verspreche es, Marike. Ich verspreche es! Schließlich bist du wie eine Schwester für mich.«
Marike atmete erleichtert auf. Und obwohl ihr schon andere Freundinnen dasselbe Versprechen gegeben hatten, wusste sie tief im Innern, dass sie mit Lysekes Herz verbunden war und bleiben würde.
Lyseke sah ernst aus. »Versprichst du mir auch etwas, Marike?«
»Sicher doch, Liebes«, meinte die. Was immer es war, sie vertraute darauf, dass die Freundin nichts von ihr verlangen würde, was sie nicht tun konnte. Doch diese Bitte überraschte Marike dann doch.
»Bleib dir stets treu, ja?«
In den Augen der Freundin standen noch immer Zärtlichkeit und Sorgen. Marike nickte. »Versprochen. Und ich wünsche dir alles Glück der Welt für dich und deinen zukünftigen Mann.« Schnell lag sie der Freundin in den Armen. Sie wollte sie um nichts in der Welt verlieren.
Als sie sich wieder voneinander lösten, zuckte Marike zusammen. Was machte der Schmied Lynow nur etwa zehn Ellen entfernt von ihr? Er drückte gerade die Fiedlerin vom Marktplatz hinter einen der breiten backsteinernen Strebepfeiler der Marienkirche, um sich vor den Blicken der Leute auf dem Platz zu verbergen. Nur Marike und Lyseke standen, ganz im Gespräch verloren, so weit abseits vom Rest der Leute, dass sie in das unvollkommene Versteck blicken konnten. Der Schmied, der mit dem Rücken zu den Mädchen stand, zog nun die Arme der Fiedlerin von seinem Hals, die sich in eindeutiger Weise an ihn schmiegte, und schob sie von sich weg. »Nicht hier, nicht jetzt, verdammt!«, grunzte der Schmied grob. Doch die Frau war so leicht nicht abzuschütteln.
»Pscht!«, machte Marike und duckte sich außer Sicht. Die Worte des Mannes waren auf die Entfernung kaum zu verstehen gewesen. Sie folgte einem Impuls und huschte näher heran, um das leise Gespräch verstehen zu können. Lyseke folgte mit einem Stirnrunzeln. »Was -«, begann sie, doch die Ältere legte mit eindringlicher Miene den Finger vor die Lippen und schüttelte den Kopf. Dann wandte sie den Kopf, um besser verstehen zu können.
»… einer dieser Windbeutel, die nur Butter in den Hosen haben? Erst mit gutem Geld locken und dann einen Rückzieher machen, was?«, schnaubte die Fiedlerin gerade in spöttischem Tonfall. »Wann willst du mich dann?«
Der Schmied sprach rau: »Morgen. Morgen Nacht. Ich habe eh bei euch zu tun. Diese alte Flunder nennt mich einen Narren. Wird sehen, was er davon hat! Dann krieg ich dich wildes Ding, und du bekommst deinen Schilling. In Ordnung?«
Bei diesen Worten flogen Lysekes Augenbrauen hoch. Sie schaute fragend und presste die Lippen zusammen.
»Wie du meinst. Ich glaub’s erst, wenn ich dein Geld in der Hand hab.«
Eine Weile lang geschah nichts. Ein paar Augenblicke lang harrte Marike noch aus, dann entspannte sie sich und nickte Lyseke zu. »Ich glaube, jetzt sind sie weg.«
»War das Lynow? Was hat der gemeint? Und die ›alte Flunder‹ – hat der von deinem Vater gesprochen?«
»Ich glaube schon«, hauchte Marike. Der Schreck saß ihr tief in den Gliedern. Hatte der übellaunige, nachtragende Lynow tatsächlich vor, etwas gegen ihren Vater zu unternehmen – und das schon morgen Nacht? Wollte er Schurken anwerben? Oder heckte er noch Schlimmeres aus? Sie musste herausfinden, was er vorhatte.
Marike sah ihren Vater, mit Bürgermeister von Calven tief ins Gespräch versunken, am Hinterausgang des Rathauses stehen.
»Was sollen wir nun tun, Marike?«
Das Herz des älteren Mädchens klopfte heftig gegen ihre Brust. »Ich – ich weiß es nicht.« In ihre verzweifelte Grübelei drang der warme Klang einer Querflöte. Die Melodie berührte eine Erinnerung in Marike, die sie nicht fassen konnte. Unwillkürlich sah sie auf, und ihr Blick fiel auf die Fiedlerin, die durch die Menge in die kleine Gasse hinter dem Rathaus verschwand. Offenbar wollte sie zum Marktplatz zurück. Marike dachte nicht weiter nach. »Komm, Lys!« Sie lief der Frau hinterher und stellte sich ihr in den Weg. »Was hast du mit dem Mann besprochen?«
Die Frau musterte sie aus ihren Vogelaugen und verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Nichts, was du auch willst, Honigmäulchen«, gab sie zurück, doch dann hielt sie inne und schaute keck. »Oder vielleicht doch? Vielleicht magst du ja die Kerle nicht?«
Marike runzelte die Stirn. »Lass das! Ich bin keine Stumme Sünderin. Du hast meine Frage
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