Das Mädchen und der Zauberer
Judo ausgebildet – was wollen Sie noch mehr wissen?«
»Seit wann sind Sie auf Martinique, Jeanette?«
»Seit gestern, Jean.« Sie lachte plötzlich. »Ist das nicht blöd? Jean und Jeanette!«
»Eine tolle Regie des Schicksals.«
»Jetzt reden Sie wieder Blech, Monsieur.«
»Wo haben Sie gestern nacht geschlafen?«
»In einer Hütte bei fabelhaften, netten Kreolen. Er ist Zuckerrohrarbeiter, sie hat auf dem Markt einen Gemüsestand. – Noch etwas?«
»Ich grübele die ganze Zeit darüber nach«, sagte Aubin, »wie ich Ihnen beibringe, daß wir zusammenbleiben …«
»Also doch, wie alle Männer.« Sie verzog ihren schönen Mund. »Sagen Sie doch auch: Na, wie ist's, Pupette? Machen wir's miteinander?«
»Sehe ich so aus?«
»Ja!«
»Das erschüttert mich.« Aubin grinste breit. »Ich bin sonst ein schüchterner Mensch. Ich dachte an eine harmlose, gemeinsame schöne Inselzeit. Ich schwöre: Kein Versuch für das erste der sechs geplanten Kinder.«
»Sie sind von einer umwerfenden Blödheit, Jean!« Jeanette lachte hell, erhob sich von ihrem dicken Rucksack und baute sich vor Aubin auf. »Was haben Sie für Vorschläge?«
»Zunächst gehen wir in die Bar de la Liberté und trinken einen Planters Punch, essen dann im Restaurant Le d'Esnambuc wie die Fürsten – ha, da gibt es ein Dessert, da schmelzen eiserne Jungfrauen wie Sie dahin! – und wenn wir satt und zufrieden sind, sehen wir weiter. Einverstanden, Jeanette?«
»Einverstanden, Jean.« Sie lachte wieder und wuchtete ihren Rucksack mit dem Gestell auf den Rücken. »Sie sind von einer teuflischen Rafinesse.«
Aubin fand das auch und gratulierte sich dazu.
Der Empfang in Birots Haus war einer Königin würdig.
Das gesamte Personal stand aufgereiht vor der großen Freitreppe des Herrenhauses, in Sonntagskleidung, die Männer in schwarzen Anzügen, die Frauen in ihren wundervollen bunten, kreolischen Kleidern und leuchtenden Kopftüchern, mit Ketten und Ringen geschmückt, Armreifen und Blüten. Als der weiße Citroën auf der Privatstraße zwischen den Blütenbüschen und Bäumen sichtbar wurde, blies ein schwarzer Gärtner auf dem Clairon das Willkommenssignal. Die Frauen schwenkten die Blumensträuße, die Männer klatschten in die Hände.
René legte den Arm um Petras Schulter. »Das ist jetzt dein Reich, mein Liebling. Sie werden dich alle lieben, das weiß ich. Um es gleich zu sagen: Sie sind freiwillig gekommen. Hier wird keinem befohlen, keiner wird gezwungen. Bei mir gibt es das überholte Kolonialdenken nicht. Jeder Mensch ist hier frei! Ob schwarz oder weiß, Kreole oder Mulatte … wir sind alles Franzosen. Das ist ein Teil des Paradieses von Martinique. Sehen wir von einigen Fanatikern ab.«
Sie stiegen aus, Babou riß die Wagentüren auf und grüßte militärisch. Ohne Zögern ging Petra auf die Frauen und Männer zu und gab jedem die Hand. Die Frauen knicksten, die Männer neigten den Kopf. Neugierige, forschende Blicke tasteten sie ab. Das also ist sie! Die blonde Madame aus Allemagne. Für sie hat Monsieur Josephine weggeschickt. Sie wird jetzt hier regieren. Abwarten, mes amis … daß sie uns allen die Hand gibt, will noch nichts sagen. Abwarten! Es gibt ja noch Josephine, und sie ist nicht weit weg.
Arm in Arm betraten Petra und René das Haus. Es war, wie sie es sich in ihren Träumen vorgestellt hatte, eine Kolonialvilla voll bezauberndem Charme. Meine neue Welt, dachte sie wieder. Hier wird mein Leben sein. René, die Kinder, die Zukunft. Ich könnte weinen vor Glück.
Draußen hatte sich Babou vor das Personal gestellt und sah es böse an. Sein mächtiger Körper sprengte fast die prächtige weiße Uniform. Wenn er wie jetzt mit den Augen rollte, gab es keinen, der Babou nicht voll Respekt ansah.
»Das war also Madame!« sagte Babou mit tiefer, grollender Stimme. Sein schwarzes, dickes Gesicht schien sich noch mehr aufzublasen. »Eine gute Madame. Wer sie von euch nicht liebt und ihr nicht mit Ehrfurcht entgegenkommt, dem breche ich alle Knochen, ist das klar?!«
Die Frauen und Männer nickten und gingen wieder zu ihrer Arbeit.
Im Salon hatte Petra ihre große Reisetasche geöffnet und holte, während René ihnen an der Hausbar einen Cocktail mixte, die merkwürdige Figur heraus, die sie auf dem Schiff in ihrem Bett gefunden hatte. Sie legte sie auf den Tisch und betrachtete sie, wie so oft, mit einem Kopfschütteln.
»Sieh mal, René, was ich hier habe«, sagte sie.
Birot kam herüber, die Gläser in der
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