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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hals.«
    Über Coulbets Schulter lief plötzlich ein eisiger Schauer. Seine Hand umkrallte das Telefon.
    »Was tragen sie? Hahnenköpfe?!«
    »Getrocknete. Mumifizierte. Total verrückt!«
    »Ich komme sofort!«
    »Robert, so war das nicht gemeint. Ich dachte nur, es interessiert dich. Was regt dich denn so auf?!«
    »Bis gleich, Julien!« Coulbet atmete ein paarmal tief durch. Der Druck in seinem Inneren aber ließ nicht nach. Julien Prochet war ein junger Beamter. Kaum ein Jahr auf Martinique. Von Voodoo hatte er kaum eine Ahnung, und wenn man ihm davon erzählte, lächelte er wie alle seiner Generation und dachte sich: Diese Alten! Leben noch im vergangenen Jahrhundert! Aber die Zeit hat sie überrollt. »Was macht ihr jetzt?«
    »Die Verhöre laufen. Aber keiner weiß etwas. Wenn nicht der erschlagene Wächter wäre, könnte man dem Personal glauben, daß Murat öfter für ein paar Tage verschwindet und dann plötzlich wieder im Haus ist. Es kann aber auch wirklich sein, daß zwischen dem Mord und dem Verschwinden Murats gar kein Zusammenhang besteht.«
    »Ich bin gleich da, Julien!«
    Es dauerte dann doch fast zwei Stunden, bis Coulbet auf der Plantage von Pierre Murat erschien, weil bei Le Lamentin ein umgestürzter Lastwagen mit Bananen die Straße versperrte und eine Menge Volk wild schreiend der Verkehrspolizei das Unglück zu erklären versuchte. Sobald man Coulbet erkannte – und wer kannte ihn nicht auf Martinique? – hingen sie wie Trauben an seinem Jeep und versicherten, ein Hund sei schuld an allem. Der Fahrer sei ihm ausgewichen, und dann sei der Wagen umgekippt. Es war kein Weiterkommen. Coulbet verlor beinahe eine halbe Stunde.
    Im großen weißen Herrenhaus von Pierre Murat untersuchten die Beamten jeden Fleck. Draußen, in der Garage, lag auf einer ausgehängten Tür der erschlagene Wächter. Der Polizeiarzt kam aus der Garage, als Coulbet mit quietschenden Reifen bremste.
    »Nanu? Du hier?« fragte er erstaunt. »Wie der Barbier von Sevilla: Figaro hier – Figaro dort – Figaro oben – Figaro unten … Man ruft mich, man ruft mich … Alle auf einmal.« Der Arzt lachte laut über Coulbets saures Gesicht. »Oder ist das nur ein Zufall?«
    »Nein!« Coulbet ging ein paar Schritte auf die Garage zu. »Mord?«
    »Ich habe noch nie erlebt, daß sich jemand selbst die Hirnschale so einschlägt. Das war ein fürchterlicher Schlag mit einem harten Gegenstand.«
    »Was könnte es sein?«
    »Ein großer Schraubenschlüssel etwa … eine Eisenstange …«
    »Auch ein dicker Knüppel?«
    »Möglich. Das muß aber schon ein fester Stock sein!«
    »Aus Mahagoniholz. Eisenhart!« Coulbet ging in die Garage, warf einen Blick auf den toten Wächter und kam sofort wieder hinaus. »Er lag draußen an der Einfahrt?«
    »Ja, neben seinem Häuschen.«
    »Und wer hat ihn gefunden?«
    »Frag danach Prochet. Soviel ich weiß, der Vorarbeiter, der zu Murat bestellt war.«
    Im Haus saß Julien Prochet in Murats Bibliothek und blätterte in den Papieren, die auf dem Schreibtisch lagen. Er sprang sofort auf, als Coulbet eintrat.
    »Das wird hart!« sagte er. »Alles sieht so aus, als wollte Murat nicht für ein paar Tage auf Tour gehen. Hier sind Papiere, die genaue Termine enthalten.«
    »Und der Vorarbeiter, der den Wächter gefunden hat, war auch bestellt.«
    »Das weißt du also schon?« Prochet setzte sich wieder. »Man könnte das so rekonstruieren: Jemand will Murat an den Kragen, überwältigt den Wärter, dringt ins Haus und schleppt – warum auch immer – Murat weg. Dabei stimmt nur manches nicht: Wieso hat sich Murat, ein so bulliger Kerl, nicht gewehrt, und wieso hat niemand von dem Personal im Haus auch nur einen Laut gehört?«
    »Weil sie alle lügen, Julien!« Coulbet rieb die Hände gegeneinander, seine Handflächen waren feucht vor Aufregung. »Wo sind die beiden Diener?«
    »Felix und Alain? Die Hahnenkopfträger?«
    »Ja.«
    »In der Küche.«
    »Ich sehe sie mir mal an. Bitte, laß mich mit ihnen allein.« Er ging hinunter in die Küche und traf die beiden Kreolen am Tisch sitzend, steif wie geschnitzte Puppen.
    Coulbet setzte sich ihnen gegenüber an den Küchentisch und faltete die Hände. Sein Blick haftete auf den getrockneten Hahnenköpfen an den Lederschnüren um ihren Hals.
    »Ihr kennt mich?« fragte Coulbet ganz sanft.
    »Ja, Monsieur le Commissaire«, antwortete Felix. Alains Augenlider begannen leicht zu flattern.
    »Das ist gut, Felix. Das erspart mir lange Erklärungen.« Coulbet
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