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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Bad zu nehmen, zog frische Wäsche an und überlegte, wo er zu Abend essen wollte. Er entschloß sich für das Typic Bellevue an der Rue de la Marne. Dort gab es riesige, aber billige Langusten und ein Mango-Sorbet, bei dem Coulbet schwach werden konnte.
    Er hatte gerade seinen Schlips umgebunden und die Jacke übergezogen, als wieder das Telefon klingelte. Das ist René Birot, dachte Coulbet. Er muß seine Petra jetzt bewachen wie einen Goldschatz!
    Aber es war nicht Birot. Eine Mädchenstimme meldete sich, jung, hell und etwas stockend. Sie sprach ein ausgezeichnetes Französisch. Das war das erste, was Coulbet auffiel.
    »Sind Sie Monsieur le Commissaire Coulbet selbst?« fragte die helle Stimme.
    »In voller Größe, Mademoiselle.« Sie ist jung, dachte Coulbet. Sehr jung. Eine typische Mädchenstimme. Da kann man nicht Madame sagen. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Nichts …«
    »Das ist wenig! Aber wenn Sie mich anrufen, haben Sie ein Anliegen. Ich habe Ihren Namen nicht verstanden …«
    »Ich habe auch keinen genannt …«
    »Ah. Deshalb! Holen wir das nach …«
    »Nein! – Ich habe ein Geständnis zu machen, Monsieur le Commissaire … Ich sage es Ihnen, bevor der Priester mich dazu auffordert bei der Beichte. Ich will ihm sagen: Ich habe alles gestanden. Hören Sie, Monsieur?«
    »Ich höre, Mademoiselle.« Coulbet setzte sich. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß seine Knie weich wurden. »Was haben Sie zu gestehen?«
    »Ich habe Pierre Murat getötet!«
    »Ach!« Coulbet holte tief Luft und starrte gegen die Decke. Nein, sie war noch oben, sie war ihm nicht auf den Kopf gefallen, obgleich er so ein Gefühl hatte. »Sie haben Pierre Murat getötet?«
    »Ja.«
    »Wo denn?«
    »Auf der Terrasse seines Hauses. Gestern nacht.«
    »Und womit?«
    »Mit einem Messer. Ich habe vierundzwanzigmal zugestoßen.«
    »Sie haben mitgezählt?«
    »Er hatte vierundzwanzig Einstiche.«
    »Und dem Wärter haben Sie den Schädel eingeschlagen?«
    »Nein!«
    »Wer war denn das?«
    »Ich möchte nur für mich beichten, Monsieur. Ich habe Pierre Murat getötet.«
    »Und warum?«
    »Er hat mir meine Jugend genommen, meine Ehre.«
    »Kurzum: Er hat Sie vergewaltigt?«
    »Ja, Monsieur le Commissaire.« Das Mädchen schluckte, Coulbet hörte es deutlich. Und er zweifelte keinen Augenblick ob es ein richtiges Geständnis war. Nur: Sie war nicht allein gewesen! »Das ist alles!«
    »Halt! – Wo ist die Leiche?«
    »Man wird sie finden.«
    »Sie haben doch nicht allein den schweren Körper abtransportiert, Mademoiselle! Ihre Beichte ist halb, das wird Ihnen auch Ihr Priester sagen!«
    »Ich habe gestanden, was wollen Sie noch mehr?« Plötzlich weinte das Mädchen, ihr Schluchzen war das einzige, was Coulbet für eine Minute hörte. Dann sagte sie: »Man wird nie erfahren, wer ich bin, Monsieur. Wir waren allein, als er mich vergewaltigte, und wir waren allein, als ich ihn tötete.«
    »Das ist gelogen! Voodoo war bei Ihnen!«
    »Nein!« Ein Aufschrei war das. Dann brach die Verbindung ab, als habe sie das Telefon weggeworfen. Coulbet wartete noch, aber es gab keinen Laut mehr.
    Murat ist tot, dachte er, als er den Hörer auflegte. Erstochen, daran gibt es gar keinen Zweifel mehr. Ich glaube dieser Stimme! Auch das Motiv wird stimmen. Wie oft ist Murat schon verflucht worden von Eltern und Ehemännern. Das weiß man, das hat auch Prochet herausbekommen. Ein glatter Sühnemord, und doch mehr! Warum gibt sie Murats Leiche nicht her? Wer hat den Wächter erschlagen? Wer war bei ihr, der die Gabe hatte, alles zu lähmen, so zu lähmen, daß Felix und Alain sich die Voodoo-Ketten mit den Hahnenköpfen um den Hals hängten?! Einen Kerl wie Murat kann man nicht einfach abstechen, nicht ein zartes Mädchen mit so einer kindlichen Stimme! Wer war die große Kraft neben ihr?
    Coulbet gab sich innerlich die Antwort, aber er verschluckte sie sofort wieder. Er wußte von dieser Minute an nur eins: Der Endspurt hatte begonnen. Der wahnsinnige Wettlauf mit dem Tod!
    Aber für ihn gab es keine Bahn, um mitzurennen.

11
    Der Tag versprach dramatisch und doch langweilig zu werden.
    Nach dem Frühstück machte sich André Casarette daran, die Wasserleitung zu reparieren. An einer Stelle war die Rinne undicht, es war eine kleine Reparatur, die man in einer Viertelstunde hätte erledigen können, man brauchte den Riß bloß mit etwas flüssigem Kunststoff zuzuschmieren. Oder ein flaches Stück Holz darübernageln. Aber Casarette schien daraus
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