Das Mädchen und die Herzogin
Frau.»
Sie fragte sich, ob dies versöhnlich gemeint war. War er mit ihr als Frau nun endlich einverstanden?
Nach einer Morgenmahlzeit von elf Gängen begab man sich in den Rittersaal, wo die Gäste dem Brautpaar ihre Geschenke verehrten. Als Erstes durften die Abgeordneten der Landschaft vortreten, mit dem Tübinger Vogt Conrad Breuning an der Spitze – sehr zu Sabinas Erstaunen, denn am Münchner Hof hätte diese Ehre einem Vertreter des geistlichen Standes oder des Ritterstandes gebührt, nicht aber einem Bürgerlichen! Der hagere, grauhaarige Mann überbrachte ihnen die besten Wünsche zu Glück und Kindersegen und gelobte seitens der Untertanen Treue und Gehorsam. Dabei überreichte er Silbergeschirr «im Werte von achteinhalbtausend Gulden», wie er mehrfach betonte. Weitere Schätze folgten, die der herzogliche Kämmerer entgegennahm und zur allgemeinen Besichtigung auf einen endlos langen Tisch stellte, ein Stück kostbarer als das andere.
Die Hofkapelle rief bereits zum Tanz in die Eingangshalle, und die Gäste wurden mit Blumenkränzen und Sträußchen geschmückt, da stand plötzlich Ursula Thumbin vor Sabina.Wie zum Hohn reichte sie ihr ein goldenes, mit kleinen blauen Saphiren besetztes Schifflein, das als Salzfass diente.
«Wie aufmerksam! Doch dieses Kleinod solltet Ihr besser meinem Gemahl überreichen», sagte Sabina kalt und wandte sich ab. Wie lächerlich dieses Weibsstück aussah mit seinem Blumenkranz im Haar. Wie ein Hirtenmädchen auf einem dieser verstaubten alten Gemälde.
«Jetzt schaut nicht so verärgert», hörte sie neben sich eine leise, tiefe Stimme, so vertraut, als kenne sie sie seit Jahren. «Das passt so gar nicht zu Eurem schönen Gesicht.»
Es war Dietrich Speth, der sie anlächelte, mit einem Anflug von Wehmut in den Augen. Er trug, ganz im Gegensatz zu den übrigen Anwesenden, einfache lederne Reitkleidung.
«Ihr seid im Aufbruch?»
«Sehr zu meinem Bedauern. Ich bin auf dem Weg nach Zwiefalten.»
«Zu Eurer Frau», entfuhr es Sabina.
«Ganz recht, und es fällt mir äußerst schwer, mitten in diesem herrlichen Fest aufzubrechen.»
Sabina biss sich auf die Lippen. «Wie glücklich muss sich eine Frau schätzen, wenn sie ihren Mann bei der Niederkunft zur Seite hat. Ich bitte Euch, richtet Ihr unbekannterweise meine allerbesten Wünsche aus.»
«Mit dem größten Vergnügen. Doch bevor ich mich verabschiede, möchte ich Euch ebenfalls, als meiner neuen Herrin und gnädigen Fürstin, ein kleines Geschenk machen. Allerdings eines, das nicht zur Aufbewahrung in der Schatzkammer taugt.»
Er zog unter dem Reisemantel ein schwarz-weiß geflecktes Bündel hervor, das sich jetzt zu bewegen und zu strecken begann.
«Ein Hündchen! Wie goldig!»
«Ich habe gehört, dass Ihr Hunde fast ebenso liebt wie Pferde. Vielleicht erleichtert Euch der Kleine ja die Eingewöhnung, hier in der Fremde.»
Am liebsten wäre Sabina ihm um den Hals gefallen, wie sie es bei einem ihrer Brüder getan hätte. Stattdessen stotterte sie nur ein tonloses «Danke» und schloss den Welpen in die Arme. Dabei sah sie der Tochter des Erbmarschalls nach, die in wiegendem Tanzschritt den Saal verließ.
«Was meint Ihr», sagte Sabina, «sollte ich auf dieses Fräulein ein Auge haben?»
Sie wusste selbst nicht, was sie zu dieser gewagten Vertraulichkeit veranlasste.
Speth zog die Stirn in Falten. «Ich bin mir sicher, das wird nicht nötig sein.» Er zögerte. «Als ich von der Heiratsabrede zwischen Euch und dem Herzog erfuhr, war ich sehr froh. Denn ich schätze Eure Familie aufs höchste. Und von Euch selbst hatte ich», er räusperte sich, «nur den angenehmsten Eindruck, auch wenn Ihr noch ein junges Mädchen wart.»
Jetzt sah er sie eindringlich an. «Glaubt mir, Herzog Ulrich ist ein gutherziger Mann, auch wenn er sich mitunter ein wenig roh gebärdet. Ich habe ihn kennengelernt als Knaben, dem die Mutter gestorben war und dem man den wunderlichen Vater weggesperrt hatte, der niemanden hatte als seine Jagdhunde und ein paar Spielgefährten, mit denen er sich draußen herumtrieb wie ein Bauernbub. Erst viel später, erst als sich unser Kaiser seiner annahm, hat er so etwas wie Bildung und Zuwendung erfahren, vielleicht –»
Er brach ab.
«Warum erzählt Ihr mir all das?», fragte Sabina leise.
«Weil ich mich dem Herzog sehr verbunden fühle. Er ist mir wie ein jüngerer Bruder. Ich wünschte mir, dass er an Eurer Seite zur Ruhe findet und zu einem Herrscher wird, derdieses Landes und
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