Das Maedchen von Atlantis
auf, während sich
Mike hinhockte, um den Kater zu begrüßen. Das Tier
rieb schnurrend seinen Kopf an Mikes Hand, so daß
auch noch der letzte Rest von Zorn in ihm dahinschmolz. Außerdem tat seine Hand sowieso
kaum
noch weh.
»So was!« flüsterte Ben. »Das Vieh gibt's ja wirklich!«
Der Kater stellte die Ohren auf und sah zu Ben hoch,
als hätte er genau verstanden, daß die Rede von ihm
war. »Was hast du denn erwartet?« fragte Mike. »Daß
wir alle drei gemeinsam Halluzinationen hatten?«
»Immerhin ist das hier nicht unbedingt ein Platz, an
dem man eine Katze erwartet«, brummte Ben. Dann
runzelte er die Stirn. »Ich frage mich, wie sie hierhergekommen ist. Und wovon sie lebt.«
Er zog einen Handschuh aus, ließ sich neben Mike in
die Hocke sinken und streckte die Hand nach dem Kater aus. Das Tier fauchte, schlug blitzschnell mit der
Pfote zu und machte einen Satz zur Seite. Ben zog sei
ne Hand mit einem Schrei wieder zurück und sprang
auf. Drei dünne, blutige Kratzer waren plötzlich auf
seinem Handrücken.
»Verdammtes Mistvieh!« schimpfte Ben. »Ich kann
Katzen ohnehin nicht leiden.«
»Wahrscheinlich spürt er das«, antwortete Mike. Er
hatte Mühe, ein schadenfrohes Grinsen zu
unterdrückenzumal der Kater sich schon wieder beruhigt
hatte und schnurrend um seine Beine strich.
»Wo ist denn jetzt dein fabelhaftes Dornröschen?«
maulte Ben.
Mike deutete auf die Tür, vor der sie stehengeblieben
waren, und trat als erster hindurch. Der Kater eilte
mit steil aufgestelltem Schwanz voraus, war mit einem eleganten Satz auf der Oberseite des gläsernen
Sarges und schnurrte so laut, daß es sich wie ein kleiner Elektromotor anhörte.
»Erstaunlich«, murmelte Ben. »Ich möchte wissen,
wer sie hierhergebracht hat. Und wie lange sie schon
so daliegt.« Er näherte sich dem Sarg. Der Kater hielt
in seinem ruhelosen Hin und Her inne und fauchte,
und Ben blieb mitten im Schritt stehen.
»Das Vieh ist ja gemeingefährlich«, sagte er. »Wir sollten es Beißer taufen.«
»Sein Name ist Astaroth«, sagte Mike.
Ben blinzelte. »Wie?«
»Astaroth«, wiederholte Mike. »Sein Name ist Astaroth.«
»Ach?« Ben verzog spöttisch die Lippen. »Hat er dir
das gesagt?«
»Richtig«, antwortete Mike. Ben lachte und ging vorsichtig weiter, aber Mike blieb völlig verdattert stehen. Was Ben für einen Scherz halten mochte, war
keiner. Der Name war ihm nicht einfach so eingefallen. Er hatte ihn ganz plötzlich gewußt, so deutlich,
als hätte ihm jemand gesagt, wie der Kater hieß. Es
war fast unheimlich.
Ben hatte mittlerweile den Sarg erreicht, hütete sich
aber angesichts der drohend gefletschten Zähne Astaroths, ihm zu nahe zu kommen. »Ganz hübsch«, sagte
er, nachdem er das Mädchen eine Weile prüfend gemustert hatte. »Aber nicht mein Typ.«
Auch Mike trat näher, strich dem Kater gedankenverloren über den Kopf und sah auf das Mädchen herab.
»Sie ist -«
»Sie ist was?« fragte Ben, als Mike verstummte. Er
drehte sich zu ihm herum und blickte ihn fragend an.
Mike hörte ihn nicht. Er starrte das Mädchen ungläubig an. Seine Gedanken drehten sich wild im Kreis.
»Was ist los mit dir?« fragte Ben.
»Sie ... sie hat sich bewegt!« stammelte Mike. Er deutete auf das Mädchen. »Sie muß noch am Leben sein!«
Ben sah eine Weile konzentriert auf das Mädchen herab. »Du spinnst«, sagte er schließlich. »Sie atmet nicht
mal. Wie kann sie sich da bewegt haben.«
Aber Mike war vollkommen sicher. Gestern waren die
Hände des Mädchens auf der Brust gefaltet gewesen.
Jetzt war ihr linker Arm heruntergerutscht und lag
lang ausgestreckt neben ihrem Körper.
»Trautman!« schrie er. »Kommen Sie her! Schnell!«
Ben blickte ihn kopfschüttelnd an, und einen Augenblick später kam Trautman herein, so schnell es der
schwere Taucheranzug zuließ. In seiner rechten Hand
lag eine Pistole. Mike hatte nicht einmal bemerkt, daß
er die Waffe mitgenommen hatte.
»Was ist geschehen?« fragte Trautman alarmiert.
Mike wollte antworten, aber Ben kam ihm zuvor.
»Mike glaubt, daß Dornröschen aufgewacht ist«, erklärte er mit einem hämischen Grinsen.
»Sie hat sich bewegt«, sagte Mike.
Bens Grinsen wurde noch breiter. »Klar doch«, sagte
er. »Und außerdem hat ihm der Kater gerade seinen
Namen verraten.« Er tippte sich bezeichnend an die
Schläfe, und Mike schenkte ihm den giftigsten Blick,
zu dem er überhaupt fähig war.
»Warum gehst du nicht ein bißchen vor die Tür und
ärgerst die Fische?« fragte er. »Aber laß deinen
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