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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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Schleier heben. Als würde das Menschliche in ihr aus einem langen, tiefen Schlaf erwachen.
    »Schnell, wo ist das Wasser, gib ihr was zu trinken!«
    Maryam hielt der jungen Frau ihre lederne Wasserflasche hin, aber diese schob sie weg. Stattdessen streckte sie die Hand aus und legte sie sanft auf Elenas Arm. Ihr Blick heftete sich leicht verwundert auf die beiden Gauklerinnen, als sähe sie sie zum ersten Mal. Ihre Lippen bewegten sich.
    » Ah … Panagia mou! Ich glaube, sie versucht etwas zu sagen.«
    Maryam beugte sich vor, aber kein Ton kam zwischen den Lippen der jungen Frau hervor. Sie blinzelte verwirrt und legte die Hand an die Kehle. Elena rückte näher und legte ihr Ohr an den Mund. Und dieses Mal hörte sie etwas, nur ein Wort, heiser zwar, aber verständlich.
    »… Name …«
    »Ich glaube, sie hat ›Name‹ gesagt!« Elena suchte den Blick der jungen Mutter. »Möchtest du uns deinen Namen sagen?«
    Die Frau nickte kurz.
    »Ja?« Elena lächelte sie ermutigend an. » Onoma? Dein Name? Wie … ist … dein … Name?«
    Und nach einer kleinen Weile, die Elena und Maryam wie eine Ewigkeit vorkam, formten die Lippen fast unhörbar Worte, zart wie ein Hauch, so zart, als könnte die leiseste Meeresbrise sie mit sich fortnehmen.
    »Mein Name«, flüsterte das Mädchen in den Wind, »mein Name … ist Celia Lamprey.«

Teil II

Kapitel 23
    Man sagt alles Mögliche darüber, was man in den letzten Augenblicken vor dem Ertrinken empfindet.
    Dass man das ganze Leben wie im Zeitraffer an sich vorüberziehen sieht, während man ins Nichts hinübergleitet oder in die nächste Welt eingeht.
    Aber jetzt, da all das vorbei war, wusste Celia Lamprey, dass es ganz anders ablief. Alles, was blieb und woran man sich klammern konnte, waren winzige Fragmente, zufällige Steinchen eines Mosaiks: ein verworrenes, erschreckendes Durcheinander. Etwas, das wie das Echo ihrer eigenen Schreie klang: »Nur das nicht, so nicht, nicht den Sack«, die gedämpften Stimmen der Männer »Auf geht’s, Jungs, beeilt euch, je eher wir die Sache hinter uns bringen, desto schneller sind wir wieder zu Hause« , das Rauschen des Wassers in ihren Ohren …
    Und dann plötzlich ein anderes, mitreißendes Gefühl, ein Gefühl, als ob man auftaucht und nach Luft schnappt, als ob man aus einem tiefen, dunklen Ort nach oben trudelt, von funkelnden Luftblasen umgeben und sich überschlagend, wie Sonnenlicht im schäumenden Meer.
    Wie eine Taufe.
    Eine Wiedergeburt.

Kapitel 24
    Sie saß unter einem Baum auf einer heißen Felsenklippe.
    Die Luft war warm und roch nach Kräutern. Über ihr wölbte sich der enzianfarbene Himmel, unten lag das türkisblaue Meer. Neben ihr eine umgekippte Säule. Jemand hatte etwas gesagt. Die Worte schienen in der salzigen Brise zu schweben.
    Mein Name ist Celia Lamprey.
    Erst nach einigen Minuten merkte sie, dass es ihre eigene Stimme war, die gesprochen hatte.
    Zwei Frauen schauten sie groß an. Zumindest glaubte sie, dass beides Frauen waren. Eine war größer und breitschultriger als alle Männer, die sie je gesehen hatte, die andere war blass und zierlich und hatte ein langes, trauriges Gesicht.
    Mein Name ist Celia Lamprey. Als sie die Worte zum zweiten Mal aussprach, schmeckte sie das Salz auf den trockenen Lippen.
    Die beiden Frauen tauschten Blicke, als ob ein Wunder geschehen wäre. Celia stellte fest, dass sie keine Angst vor ihnen hatte.
    »Kenne ich … kenne ich Euch, kadin? «, fragte sie mit noch ungeübter, leicht heiserer Stimme.
    »Christos!« Die Frau mit dem traurigen Gesicht bekreuzigte sich hastig. »Christos!« Sie wusste offenbar nicht, was sie sagen sollte, doch nach ein paar Sekunden fasste sie sich und flüsterte: »Sie … sie ist wach! Schnell, bring ihr Wasser, Maryam.«
    »Warum?« Celia runzelte fragend die Stirn, als ihr bewusst wurde, dass sie nicht sagen konnte, wie sie auf diese Klippe gekommen war. »Habe ich … habe ich geschlafen?«
    »Ob du geschlafen hast?«, wiederholte die Frau wie ein Echo. Sie sah zu der Riesin hoch und legte die Hand auf den Mund, aber Celia konnte noch erkennen, dass ihre Lippen zitterten. »Panagia mou!«
    »Elena, Elena …« Die Größere legte ihrer Gefährtin eine Hand auf die Schulter. »Beruhige dich, du machst ihr sonst noch Angst.«
    Als die kleinere Frau ihr eine Wasserflasche an die Lippen hielt, sah Celia, dass in ihren Augen Tränen standen. Die andere streckte die Hand aus, als wollte sie ihre Wangen streicheln, aber dann zog

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