Das Mädchen.
hinunter und beim Skifahren in Sugarloaf gewesen (wo Trisha sich den Knöchel verstaucht hatte - eine Verletzung, die später zu einem lautstarken Streit zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter geführt hatte; o ja, so eine Scheidung machte Spaß, richtig viel Spaß).
Manchmal, wenn es Pete irgendwo echt gefiel, hielt er für einige Zeit die Klappe. Er hatte Six-Gun City als »etwas für Babys« bezeichnet, aber Mom hatte ihm erlaubt, den größten Teil ihres Besuchs in dem Saal mit den VideoSpielen zu verbringen, und Pete war auf der Heimfahrt zwar nicht gerade glücklich, aber doch wenigstens still gewesen. Wenn Pete jedoch eines der von Mom ausgesuchten Ziele nicht mochte (am wenigsten hatte ihm bisher das Plant-A-Torium gefallen; an diesem Tag war er auf der Rückfahrt nach Sanford besonders eklig gewesen), tat er seine Meinung freimütig kund. »Augen zu und durch« entsprach nicht seinem Charakter. Auch nicht dem ihrer Mutter, vermutete Trisha. Sie selbst hielt das für eine ausgezeichnete Philosophie, aber natürlich behauptete jedermann gleich nach dem ersten Blick, sie sei die Tochter ihres Vaters. Das störte sie manchmal, aber meistens gefiel es ihr. Trisha war es egal, wohin sie samstags fuhren; sie wäre mit regelmäßigen Trips zu Vergnügungsparks und Minigolfplätzen völlig zufrieden gewesen, einfach deshalb, weil sich dort die immer schärferen Auseinandersetzungen in Grenzen hielten. Aber Mom wollte, daß ihre Ausflüge belehrend waren - daher das Plant-A-Torium und Shaker Village. Zu Petes übrigen Problemen kam noch, daß er sich dagegen wehrte, samstags mit Bildung vollgestopft zu werden, weil er lieber oben in seinem Zimmer geblieben wäre und auf seinem Mac Sanitarium oder Riven gespielt hätte. Einige Male hatte er seine Meinung (»Alles Mist!« faßte seine Äußerungen ziemlich gut zusammen) so freimütig geäußert, daß Mom ihn zum Auto zurückgeschickt hatte, in dem er sitzen und »sich beruhigen« sollte, bis sie mit Trisha zurückkam.
Trisha hätte Mom am liebsten gesagt, es sei falsch, ihn wie ein Kindergartenkind zu behandeln, das eine Auszeit brauchte - daß sie eines Tages zum Van zurückkommen und ihn leer vorfinden würden, weil Pete beschlossen hätte, per Anhalter nach Massachusetts zurückzufahren -, aber natürlich sagte sie nichts. Die Samstagsausflüge an sich waren falsch, aber das würde Mom nie akzeptieren. Nach manchen von ihnen wirkte Quilla Andersen um mindestens fünf Jahre gealtert, hatte tiefe Falten um die Mundwinkel und rieb sich mit einer Hand ständig ihre Schläfe, als habe sie Kopfschmerzen ... aber sie würde trotzdem nie damit aufhören. Das wußte Trisha genau. Wäre ihre Mutter am Little Big Hörn dabeigewesen, hätten die Indianer vielleicht trotzdem gesiegt, aber ihre Verluste wären weit höher gewesen.
Diese Woche führte ihr Ausflug sie zu einer Ansiedlung im Westen von Maine. Durch dieses Gebiet schlängelte sich der Appalachian Trail auf seinem Weg nach New Hampshire. Am Vorabend hatte Mom ihnen am Küchentisch sitzend Farbfotos in einer Broschüre gezeigt. Die meisten Aufnahmen zeigten glückliche Wanderer, die entweder auf Waldpfaden unterwegs waren oder an Aussichtspunkten standen und über weite bewaldete Täler zu den vom Zahn der Zeit angenagten, aber trotzdem noch immer gewaltigen Gipfeln der mittleren White Mountains hinübersahen, eine Hand schützend über die Augen gelegt.
Pete saß am Tisch, wirkte äußerst gelangweilt und weigerte sich, mehr als nur einen flüchtigen Blick auf die Broschüre zu werfen. Mom weigerte sich ihrerseits, sein demonstratives Desinteresse zur Kenntnis zu nehmen. Wie es zunehmend ihre Gewohnheit wurde, tat Trisha so, als sei sie richtig begeistert. Mittlerweile kam sie sich oft wie eine Mitspielerin in einer Garne Show im Fernsehen vor, die sich bei dem Gedanken, sie könne einen Satz Kochtöpfe für wasserloses Garen gewinnen, fast in die Hose machte. Und wie fühlte sie sich allmählich? Wie Leim, der zwei Teile eines zerbrochenen Gegenstands zusammenhielt. Schwacher Leim.
Quilla klappte die Broschüre zu und drehte sie um. Auf die Rückseite war eine Karte gedruckt. Sie tippte auf eine blaue Schlangenlinie. »Das ist die Route 68«, sagte sie dabei. »Wir stellen den Wagen hier ab, auf diesem Parkplatz.« Sie tippte auf ein kleines blaues Quadrat. Dann folgte ihr Finger einer roten Schlangenlinie. »Das ist der Appalachian Trail zwischen der Route 68 und der Route 302 in North Conway, New Hampshire.
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