Das Mädchen.
Wahrscheinlich rochen sie es. »Würg«, sagte Trisha, rümpfte die Nase und wedelte mit ihrer Mütze die Insektenwolke weg, »das ist ja wirklich ekelhaft.« Sie versuchte sich einzureden, sie müsse dankbar dafür sein, daß sie sich nicht den Arm gebrochen oder einen Schädelbruch zugezogen hatte, auch dankbar dafür, daß sie nicht gegen Insektenstiche allergisch war wie Mrs. Thomas' Freund Frank. Aber es war schwierig, dankbar zu sein, wenn man ängstlich, zerkratzt, verschwollen und am ganzen Körper mit blauen Flecken übersät war. Als sie sich den zerfetzten Poncho wieder überstreifen wollte - der Rucksack würde danach kommen -, und dabei in den Bach sah, fiel ihr auf, wie schlammig seine Ufer unmittelbar über dem Wasser waren. Sie ließ sich auf ein Knie nieder, verzog schmerzlich das Gesicht, als der Bund ihrer Jeans an den Wespenstichen über ihrer Hüfte rieb, und nahm mit einem Finger etwas von der schmierigen braungrauen Masse. Sollte sie oder nicht? »Na ja, was kann's schaden?« fragte Trisha mit einem kleinen Seufzer und betupfte die Schwellung über ihrer Hüfte mit dem Schlamm. Er war wohltuend kühl, und das schmerzhafte Jucken verschwand fast augenblicklich. Vorsichtig tupfte sie Schlamm auf alle Stiche, die sie erreichen konnte - auch auf den, von dem ihr linkes Auge fast zugeschwollen war. Danach wischte sie sich beide Hände an ihren Jeans ab (Hände wie Jeans befanden sich jetzt in erheblich schlechterem Zustand als vor sechs Stunden), streifte den zerfetzten Poncho über und schlüpfte dann mit den Armen durch die Tragriemen ihres Rucksacks. Zum Glück lag er am Körper an, ohne an einer der Stellen zu scheuern, wo die Wespen sie gestochen hatten. Trisha ging entlang des Bachufers weiter und fünf Minuten später war sie wieder von Wald umgeben.
Sie folgte dem Bach ungefähr vier Stunden lang und hörte währenddessen nichts als Vogelgezwitscher und das pausenlose Brummen der Insekten. In dieser Zeit nieselte es meistens, und einmal ging ein so heftiger Schauer nieder, daß Trisha erneut völlig durchnäßt wurde, obwohl sie sich unter den größten Baum flüchtete, den sie finden konnte. Wenigstens ging der zweite Wolkenbruch ohne Blitz und Donner vonstatten.
Trisha hatte sich noch nie so sehr als Stadtkind gefühlt, wie sie es jetzt tat, als dieser elende, schreckliche Tag fast unmerklich in die Abenddämmerung überging. Der Wald schien sich in Klumpen zusammenzuballen. Einige Zeit ging sie durch große alte Kiefernbestände, die fast normal wirkten - wie die Wälder in einem Disney-Cartoon. Dann kam wieder einer dieser Klumpen, und sie mußte sich durch ein verfilztes Dickicht aus verkümmerten Bäumen und dichtem Gestrüpp (mit allzu vielen Dornenbüschen) kämpfen, mußte sich ihren Weg durch miteinander verwobene Zweige bahnen, die mit ihren Klauen nach ihren Armen und Augen griffen. Sie zu behindern schien ihr einziger Zweck zu sein, und als bloße Müdigkeit allmählich zu Erschöpfung wurde, begann Trisha ihnen wirkliche Intelligenz beizumessen: eine verschlagene und bösartige Wahrnehmung von dieser Fremden in dem zerfetzten blauen Poncho. Sie hatte allmählich den Eindruck, als sei ihr Bestreben, sie zu zerkratzen - oder ihr durch einen glücklichen Zufall vielleicht sogar ein Auge auszustechen -, im Grunde genommen nebensächlich; in Wirklichkeit legten die Büsche es darauf an, sie vom Bach abzudrängen - weg von ihrem Pfad zu anderen Menschen, weg von ihrem Ticket nach draußen. Trisha war bereit, den Bach aus den Augen zu lassen, wenn die Klumpen von Bäumen und das Gewirr von Büschen am Ufer zu dicht wurden, aber sie weigerte sich, ihn außer Hörweite geraten zu lassen. Wurde ihr das Murmeln des Bachs zu leise, ließ sie sich auf Hände und Knie nieder und kroch lieber unter den hinderlichsten Zweigen hindurch, als sie zu umgehen und anderswo einen Durchschlupf zu suchen. Dieses Kriechen über die aufgeweichte und klatschnasse Erde war am schlimmsten (in den Kiefernhainen war der Boden trocken und angenehm weich mit Nadeln bedeckt; in den verfilzten Dickichten schien er immer naß zu sein). Ihr Rucksack streifte die verwobenen Zweige und Ranken, verfing sich manchmal sogar darin ... und die ganze Zeit, unabhängig davon, wie schwierig das Fortkommen war, hing und tanzte die Wolke aus Gnitzen und Stechfliegen vor ihrem Gesicht.
Sie verstand, was die ganze Sache so schlimm, so entmutigend machte, konnte es aber nicht in Worte fassen. Es hing mit all den Dingen
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