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Das Mädchen.

Das Mädchen.

Titel: Das Mädchen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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tränenüberströmt (und ängstlich) um. Die Wespen waren fort, aber sie hatten reichlich Schaden angerichtet, bevor Trisha es geschafft hatte, sie abzuhängen. Ihr linkes Auge, in dessen Nähe sie den ersten Wespenstich abbekommen hatte, war fast zugeschwollen. Wenn ich empfindlich darauf reagiere, sterbe ich, dachte sie, aber nach ihrer Panik war ihr das egal. Sie setzte sich an den kleinen Bach, der ihr das alles eingebrockt hatte, und schluchzte und schniefte. Als sie glaubte, ihre Beherrschung halbwegs zurückgewonnen zu haben, setzte sie ihren Rucksack ab. Schmerzhafte krampfartige Schauder durchliefen sie; jeder einzelne davon spannte ihren Körper wie eine Feder und zog rotglühende Schmerzpfeile aus den Stellen, an denen sie gestochen worden war. Trisha schlang beide Arme um ihren Rucksack, wiegte ihn wie eine Puppe und schluchzte lauter. Der Rucksack in ihren Armen erinnerte sie an Mona, die auf dem Rücksitz des Vans lag - die gute alte Moanie Balogna mit ihren großen blauen Kulleraugen. Als ihre Eltern an Scheidung gedacht hatten und sich dann wirklich scheiden ließen, hatte Trisha das Gefühl gehabt, nur bei Mona Trost finden zu können; es gab Zeiten, in denen nicht einmal Pepsi sie verstand. Jetzt kam ihr die Scheidung ihrer Eltern jedoch ziemlich unwichtig vor. Es gab größere Probleme als Erwachsene, die sich nicht vertragen konnten, 'zum Beispiel gab es Wespen, und Trisha dachte, daß sie alles dafür geben würde, Mona wiedersehen zu können.
    Wenigstens würde sie wegen der Stiche nicht draufgehen, sonst läge sie bestimmt schon im Sterben. Sie hatte mitgehört, wie ihre Mom und Mrs. Thomas von gegenüber über jemanden geredet hatten, der gegen Insektenstiche allergisch war, und Mrs. Thomas hatte gesagt: »Zehn Sekunden nachdem sie ihn erwischt hatte, war der arme olle Frank angeschwoll'n wie'n Ballon. Hätt' er seinen kleinen Kasten mit der Einmalspritze nich' bei sich gehabt, war 1 er glatt erstickt, glaub' ich.«
    Trisha hatte nicht das Gefühl, ersticken zu müssen, aber die Stiche pochten gräßlich, und alle waren »angeschwoll'n wie'n Ballon«, das stimmte. Der eine unter ihrem Auge hatte einen heißen kleinen Vulkan aus Gewebe entstehen lassen, den sie sogar sehen konnte, und als sie ihn vorsichtig mit einem Finger berührte, durchzuckte ein Schmerzblitz ihren Kopf, so daß sie einen jämmerlichen Schrei ausstieß. Obwohl sie eigentlich nicht mehr richtig weinte, tränte dieses Auge trotzdem heftig weiter.
    Trisha tastete ihren Körper mit langsamen und bedächtigen Handbewegungen ab. Sie lokalisierte mindestens ein halbes Dutzend Stiche (unmittelbar über der linken Hüfte schien sie zwei oder sogar drei abbekommen zu haben - das war die schmerzhafteste Stelle von allen). Ihr Rücken fühlte sich völlig zerschrammt an, und ihr linker Arm, der in der Endphase ihrer Rutschpartie das meiste hatte aushalten müssen, war vom Handgelenk bis zum Ellbogen mit blutenden Kratzern bedeckt. Auch die Gesichtshälfte, die der Aststumpf getroffen hatte, blutete wieder. Nicht fair, dachte sie. Nicht ...
    Dann hatte sie einen schrecklichen Gedanken ... nur war es kein Gedanke, sondern eine Gewißheit. Ihr Walkman war zertrümmert, steckte in eine Million Teilchen zerlegt in seiner kleinen Seitentasche. Das mußte so sein. Diese Rutschpartie konnte er unmöglich heil überstanden haben.
    Trisha hantierte mit blutbefleckten zitternden Fingern an den Verschlüssen ihres Rucksacks herum und bekam endlich die Klappe auf. Sie zog als erstes ihren Gameboy heraus, und der war allerdings zertrümmert; von dem Bildschirm, über den die kleinen elektronischen Symbole getanzt waren, waren nur noch einige gelbliche Glassplitter übrig. Außerdem war ihr Beutel Kartoffelchips aufgeplatzt und das gesprungene weiße Gehäuse des Gameboys mit fettigen Krümeln paniert.
    Beide Plastikflaschen, die mit Wasser und die Flasche Surge, waren eingedellt, aber wenigstens noch ganz. Ihre Lunchtüte war zu etwas zusammengedrückt, das an ein überfahrenes Tier auf der Straße erinnerte (und ebenfalls mit Kartoffelchips paniert), aber Trisha machte sich nicht einmal die Mühe, einen Blick hineinzuwerfen. Mein Walkman, dachte sie, ohne zu merken, daß sie schluchzte, während sie den Reißverschluß der Innentasche aufzog. Mein armer, armer Walkman. Nun sogar von den Stimmen der menschlichen Welt abgeschnitten zu sein erschien ihr mehr, als sie zusätzlich zu allem anderen würde ertragen können.
    Trisha griff in die

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