Das Maerchen der 1001. Nacht
statt aus Gründen der Tradition eine andere Frau als Beth zu heiraten.“
„Als König muss ich dir sagen, dass man an den Traditionen festhalten sollte. Als Vater wünsche ich mir jedoch vor allem, dass du glücklich wirst.“
„Und weil sich das eine nicht mit dem anderen vereinbaren lässt, gebe ich meinem Bruder den Vortritt.“
„Vielleicht gibt es eine andere Lösung“, meinte sein Vater.
Zum letzten Mal prüfte Beth, ob sie alles eingepackt hatte, ehe sie den letzten Koffer zumachte und auf den Boden neben die anderen stellte. Sie kämpfte mit den Tränen. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, etwas vergessen zu haben.
Oh ja, ich lasse mein Herz hier zurück, dachte sie. Was für eine Ironie! Sie hatte sich auf den Rollentausch eingelassen, um ihre Schwester vor dem Kronprinzen zu beschützen, und dann hatte sie sich selbst in ihn verliebt. Das hätte nicht passieren dürfen. Sie konnte noch nicht einmal behaupten, sie hätte ihn verloren, denn sie hatte von Anfang keine Chance gehabt, jemals mit ihm zusammen zu sein.
Plötzlich klopfte jemand zaghaft an die Tür. Sameera kam herein und seufzte, als sie das Gepäck erblickte. „Beth?“
„Hallo, Mom.“
„Ich wäre so froh, wenn du Bha’Khar nicht verlassen würdest. Lehrerinnen mit deinen Qualitäten und Fähigkeiten werden hier gebraucht. Und ich …“ Ihr versagte die Stimme, und sie schluckte, ehe sie traurig fortfuhr: „Ich möchte nicht, dass du zurückfliegst. Es tut zu weh, dass du so weit weg bist.“
Beth umarmte sie. „Ja, ich würde auch lieber hierbleiben. Aber wir haben uns wiedergefunden und werden in Kontakt bleiben, miteinander telefonieren und uns E-Mails schicken. Das ist doch auch etwas Positives.“
Sameera streichelte ihr zärtlich die Wange. „Du wirst mich doch regelmäßig besuchen, oder?“
Sekundenlang dachte Beth nach. Bha’Khar war für sie mit zu vielen Erinnerungen verbunden. Malik hielt sie für eine Lügnerin, obwohl sie in Wirklichkeit Lügen hasste und sich nur schlecht verstellen konnte.
„Du kannst mich doch in Amerika besuchen, wann immer du willst“, schlug sie schließlich vor.
„Ja, das werde ich auch tun“, erklärte ihre Mutter energisch. „Niemand kann mich jemals wieder von meinen Töchtern fernhalten.“
„Und niemand wird mich jemals wieder von meiner Mutter trennen.“ Beth drückte ihr die Hand. Wenn sie es schaffte, ihr gebrochenes Herz zu heilen, würde sie auch wieder nach Bha’Khar kommen.
„Gut. Lass uns deinen letzten Abend hier nicht so melancholisch verbringen. Ich habe uns etwas Feines gekocht. In einer Stunde können wir essen und eine gute Flasche Wein trinken.“
„Oh ja, das klingt verlockend.“
„Deine Schwester kommt auch noch.“
„Ich bin gespannt, wie Malik darauf reagiert hat, dass sie ihn nicht heiraten wird.“
Sameera ging wieder in die Küche und verscheuchte Beth, die ihr folgte und helfen wollte. Mit einem Glas Wein in der Hand wollte sie sich ins Wohnzimmer setzen, als es an der Haustür läutete. Sie öffnete, und ihre Schwester kam herein.
„Hallo, Beth.“ Addie umarmte sie und wies auf das Glas. „Kann ich auch eins haben?“
Beth spürte, wie nervös Addie war. „Ist alles in Ordnung?“
„Ja, natürlich.“
„Was hat Malik gesagt?“
„Er ist mit allem einverstanden.“
„Warum benimmst du dich so seltsam? Was hast du?“
„Nichts. Ich möchte nur ein Glas Wein haben“, erwiderte sie und wandte sich zur Küche. „Du musst den Fernseher einschalten, es gibt gleich Nachrichten.“
Verblüfft und irritiert tat Beth ihr den Gefallen. Dann griff sie nach der Fernbedienung und setzte sich auf das Sofa in dem kleinen Fernsehzimmer neben der Küche. Kurz darauf kamen auch Sameera und Addie herein und nahmen neben ihr Platz.
Die schöne Nachrichtensprecherin mit dem dunklen Haar und den ausdrucksvollen Augen verkündete gerade, dass man soeben ein Video aus dem Palast erhalten habe. Und dann erschien Malik auf dem Bildschirm. Beth stockte der Atem, und ihr Magen verkrampfte sich. Tiefer Schmerz erfüllte sie, als sie den Mann erblickte, der ihre große Liebe war und den sie verloren hatte.
„Ich kümmere mich um das Essen“, erklärte sie und wollte aufstehen.
Addie packte sie jedoch am Arm und hielt sie zurück. „Nein! Hör es dir an!“
Malik las eine Erklärung vor. „Es wird mir eine Ehre sein, dem Land nach dem Rücktritt meines Vaters zu dienen. Zu meinen Pflichten gehört es, die Frau zu heiraten, die mein
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