Das Maerchen der 1001. Nacht
animieren, was eine beachtliche Leistung ist.“
Beth lächelte ihre Schwester an und warnte sie mit einem kaum merklichen Kopfschütteln, davor, sich zu weit vorzuwagen.
Malik befand sich in einem Gewissenskonflikt. Eigentlich wollte er wütend auf Beth sein, weil sie ihn hereingelegt hatte. Andererseits bewunderte er sie dafür, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nahm, einen Beruf ausübte und nicht untätig zu Hause herumsaß und auf einen Mann wartete.
Der Botschafter blickte Adina liebevoll an. „Sie ist die beste Tochter, die man sich als Vater wünschen kann.“
„Und sie ist die beste Schwester, die man haben kann“, fügte Beth hinzu.
In ihren Augen leuchtete es liebevoll auf, obwohl sie ihrem egoistischen, gefühllosen Vater ganz offensichtlich nichts bedeutete. Er ignorierte sie und interessierte sich nur für die Tochter, die den Kronprinzen heiraten sollte. Malik bezweifelte nicht mehr, dass alles, was Beth ihm berichtet hatte, die Wahrheit war. Ihr Vater, dieser gemeine Mensch, hatte ihr erst die Mutter weggenommen und sie dann so behandelt, als existierte sie gar nicht. Er hatte sich auf die Tochter konzentriert, die einmal die Königin dieses Landes sein würde und durch die er sich noch mehr Macht erhoffte.
Dennoch lag Beth das Glück ihrer Schwester mehr am Herzen als ihr eigenes. Aus lauter Liebe zu Adina war sie bereit gewesen, die Rolle mit ihr zu tauschen und zu versuchen, ihn, Malik, zu überreden, die Hochzeitspläne aufzugeben. Und das alles, damit Adinas Beziehung zu ihrem Vater, aus welchen Gründen auch immer, keinen Schaden nahm. Malik hielt das, was Beth getan hatte, nicht mehr für eine Charakterschwäche, sondern eher für eine Charakterstärke, und er bewunderte ihren Mut.
Nachdenklich betrachtete er ihr Gesicht. Noch unglücklicher kann sie gar nicht aussehen, dachte er. Doch dann wurde er eines Besseren belehrt: Sie blickte ihn an, und in ihren Augen lagen so viel Kummer und Schmerz, dass es ihn innerlich zu zerreißen drohte. In dem Moment verrauchte sein Zorn, und ein wunderbares Gefühl der Leichtigkeit durchflutete ihn.
Aus dem Dilemma, in dem er sich plötzlich befand, musste er irgendwie herauskommen. Bisher hatte noch kein Kronprinz in der Geschichte Bha’Khars mit der Tradition gebrochen und eine Frau eigener Wahl geheiratet, in die er sich verliebt hatte.
„Ich wünschte, ich hätte gewusst, dass unsere Mutter immer wieder versucht hat, mit uns in Kontakt zu kommen“, sagte Adina. Sie saß mit vielen Kissen im Rücken in dem breiten Doppelbett. Da der ganze Schwindel aufgeflogen war, hatte sie beschlossen, die Nacht bei ihrer Mutter zu verbringen.
„Ja, das wünsche ich mir auch“, stimmte Beth ihr zu.
„Weißt du, wie froh ich bin, dass das Essen vorbei ist? Die Atmosphäre war kaum zu ertragen.“
„Vergiss es, es ist vorbei“, erwiderte Beth. Sie hatte sich unbehaglich gefühlt und war sich Maliks Nähe allzu schmerzlich bewusst gewesen. Immer wieder hatte er sie angesehen, und sie hatte gehofft, in seinem Blick ein freundliches Aufleuchten zu erkennen. Doch ihre Hoffnung war enttäuscht worden, und umso größer war der Schmerz, den sie empfand. Nie wieder würde sie es in seinen Augen vor Verlangen aufleuchten sehen, und das tat sehr weh.
„Du hast recht, es hätte kaum schlimmer sein können“, stimmte sie ihrer Schwester zu.
„Es tut mir leid, dass ich dich in die Sache hineingezogen habe, Bethie.“
„Sag das ja nie wieder“, bat Beth ihre Schwester. „Ich liebe dich und würde es jederzeit wieder tun.“
„Ich liebe dich auch und weiß, dass du immer für mich da bist. Etwas Positives hatte der Abend trotz allem. Ich konnte unseren Vater genau beobachten, und das hat mir endlich die Augen geöffnet.“
„Er war in seinem Element“, stellte Beth verbittert fest. Er hatte sie nur dann beachtet, wenn er sie mit ihrer Schwester verwechselte. „Vor Freude darüber, durch dich bald mit der königlichen Familie verwandt zu sein, hat er sich die Hände gerieben.“
„Ja, das ist mir auch aufgefallen. Meinst du, Maliks Eltern wissen, dass wir die Rollen getauscht hatten?“
Sekundenlang dachte Beth nach, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein. Sie waren so freundlich und nett wie immer und scheinen ahnungslos zu sein. Offenbar hat Malik es ihnen nicht erzählt.“
Wahrscheinlich sollten sie nicht wissen, dass er schon wieder hereingelegt worden war, und das war verständlich. Er fühlte sich gedemütigt, und sie konnte
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