Das Magdalena-Evangelium: Roman
Sprache zu lernen, wenn ihr bei der Fete morgen nicht auffallen wollt.«
Maureen drehte sich wieder zu der Sonnenuhr um. Peter musterte die Gravur aufmerksam.
»Ich erkenne diese Symbole«, erklärte er. »Das sind die Planeten. Das da ist der Mond und das der Merkur. Ist das die Sonne?« Er deutete auf einen Kreis mit einem Punkt in der Mitte.
»Sicher ist sie das«, antwortete Tammy. »Und das ist der Saturn. Der Rest der Symbole hat mit Astrologie zu tun. Hier sind Waage, Jungfrau, Löwe, Krebs, und das hier sind die Zwillinge.«
Maureen kam ein Gedanke. »Ist da auch irgendwo der Skorpion? Oder der Schütze?«
Tammy schüttelte den Kopf, deutete aber auf eine Stelle auf der linken Seite der Sonnenuhr, die ungefähr sieben Uhr auf einem normalen Zifferblatt entsprach.
»Nein. Siehst du hier, wo die Markierungen aufhören? Das ist der Planet Saturn. Wenn du die Markierungen gegen den Uhrzeigersinn fortführen würdest, hättest du den Skorpion hinter der Waage und dahinter den Schützen.«
»Warum hört das Ding an so einem seltsamen Punkt auf?«, fragte Maureen.
»Und was hat das zu bedeuten?« Peter war sichtlich an einer Antwort interessiert.
Tammy hob die Hände zum Zeichen, dass sie ihnen leider nicht helfen könne. »Wir glauben, dass das etwas mit der Zuordnung der Planeten zu tun hat. Ansonsten können wir nicht wirklich etwas dazu sagen.«
Maureen starrte die seltsame Sonnenuhr weiter an. Sie dachte an Sandros Fresko im Louvre und versuchte herauszufinden, ob es eine Verbindung zu dem Skorpion auf dem Gemälde gab. Sie wollte den potenziellen Nutzen einer solch merkwürdigen Uhr verstehen – falls es sich denn überhaupt um eine Uhr handelte. »Ist das so etwas wie ›Wenn der Mond im siebten Hause steht und Jupiter auf Mars zugeht …‹?«
»Wenn ihr zwei jetzt anfangt, ›The Age of Aquarius‹ zu singen, dann gehe ich«, verkündete Peter.
Sie lachten; dann erklärte Tammy: »Sie hat allerdings recht. Es bezieht sich vermutlich auf bestimmte Aszendenten, und da sich diese ›Uhr‹ vor einem bedeutenden Haus im Ort befindet, müssen wir davon ausgehen, dass jedermann über sie Bescheid gewusst hat.«
Tammy führte sie von der Sonnenuhr weg, um ihre Tour wieder aufzunehmen. Sie deutete nach vorne. »Den Mittelpunkt des Dorfes bildet das Museum und das gesamte Areal um die Villa herum. Das ist dort. Genau vor uns.«
Am Ende der schmalen Straße erhob sich ein seltsam aussehendes, großes Wohnhaus. Ein merkwürdig gebauter Steinturm war in der Ferne dahinter zu sehen, dicht an den Berg herangebaut.
»Das Geheimnis dieses Dorfes dreht sich um die äußerst seltsame Geschichte eines berühmten – oder besser berüchtigten – Priesters, der hier Ende des neunzehnten Jahrhunderts gelebt hat: Abbé Bérenger Saunière.«
»Berenger? Ist das nicht auch Sinclairs Vorname?«, fragte Peter.
Tammy nickte. »Ja, und das ist kein Zufall. Sinclairs Großvater hat gehofft, sein Enkel würde ein paar der Qualitäten seines Namensvetters erben, wenn er ihn so nannte. Saunière war ein unerschrockener Beschützer der örtlichen Historien und Mysterien und dem Erbe der Maria Magdalena absolut ergeben. Wie dem auch sei, es gibt verschiedene Legenden darüber, was der Abbé gefunden hat, als er begann, die Kirche zu restaurieren. Einige glauben, er habe den verlorenen Schatz des Tempels von Jerusalem entdeckt. Da das Château Hautpoul mit den Tempelrittern in Verbindung gebracht wird, ist es durchaus möglich, dass sie diesen abgelegenen Außenposten als Lager für Beute aus dem Heiligen Land benutzt haben. Wer würde hier oben schon nach irgendetwas Wertvollem suchen? Andere wiederum behaupten, Saunière habe einzigartige Dokumente gefunden. Aber was auch immer es war, er ist plötzlich und aufäußerst geheimnisvolle Art sehr reich geworden. Er hat Millionen zu seinen Lebzeiten ausgegeben, obwohl er als Priester nur umgerechnet fünfundzwanzig Dollar im Jahr verdient hat. Wo kam das ganze Geld also her?
In den achtziger Jahren hat ein Trio von britischen Forschern ein Buch über Saunière und dessen mysteriösen Reichtum geschrieben, das ein Bestseller wurde. Es heißt Der heilige Gral und seine Erben und gilt in esoterischen Kreisen als Klassiker. Der Nachteil ist nur, dass dieses Buch das reinste Schatzfieber in dieser Gegend entfacht hat. Die Landschaft wurde zertrampelt und aufgegraben, die örtlichen Sehenswürdigkeiten von religiösen Fanatikern geschändet und von Souvenirjägern geplündert.
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