Das Magdalena-Evangelium: Roman
werde es –, wenn du dich entschließt zu gehen.«
Peter hörte ihren Gefühlsausbruch an und ließ sie nicht aus den Augen. Als sie zu Ende gesprochen hatte, nickte er ihr zu und wandte sich zum Gehen. An der Tür angekommen, drehte er sich noch einmal um.
»Ich werde nirgendwo hingehen. Ich hoffe nur, dass ich das nicht für den Rest meines Lebens bereuen werde.«
Peter kehrte in sein Zimmer zurück und verbrachte den Rest der Nacht im Gebet. Immer wieder kam er dabei auf die Lehren des Ignatius von Loyola zurück, des Gründers der Gesellschaft Jesu. Besonders ein Abschnitt, den der Heilige im Jahre 1556 geschrieben hatte, wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen:
Da der Teufel großes Können dabei bewiesen hat, die Menschen zur Verdammnis zu verführen, bedarf es ebenso großen Könnens, sie zu retten. Der Teufel hat die Natur jedes Menschen studiert, sich die Eigenschaften seiner Seele zunutze gemacht, sich ihnen angepasst und sich so nach und nach in das Vertrauen seiner Opfer geschlichen. Den Ehrgeizigen versprach er Glanz, den Habgierigen Gewinn, Genuss den Empfindsamen und eine falsche Frömmigkeit den Frommen. Ein Seelensammler sollte nun auf die gleiche vorsichtige und geschickte Art agieren.
Der Schlaf wollte einfach nicht kommen, während die Worte seines Ordensgründers Peter immer wieder durchs Herz wie auch durch den Geist gingen.
Rom
23. Juni 2005
Bischof Magnus O’Connor wischte sich einen Schweißtropfen von der Stirn. Die vatikanische Ratskammer war klimatisiert, doch das half ihm im Augenblick auch nicht. Er saß in der Mitte eines großen ovalen Tischs, umgeben von Offiziellen seiner Kirche. Die roten Aktenordner, die er am vorherigen Tag abgeliefert hatte, befanden sich in den Händen von Kardinal DeCaro, der auch das Verhör führte.
»Und woher wissen Sie, dass diese Fotografien authentisch sind?« Der Kardinal legte die Aktenordner auf den Tisch, öffnete sie aber noch nicht, um den anderen ihren Inhalt zu zeigen.
»Ich … Ich war dabei, als sie gemacht worden sind.« Magnus bemühte sich, so gut es ging, das Stottern zu unterdrücken, unter dem er stets litt, wenn er unter Anspannung stand. »Sein Gemeindepfarrer hat ihn damals an mich verwiesen.«
Kardinal DeCaro holte nun eine Reihe von Kleinbildfotos aus dem Aktenordner. Sie waren in Schwarz-Weiß und mit derZeit vergilbt, doch das minderte nicht ihre Wirkung, als sie am Tisch herumgereicht wurden.
Das erste mit der Aufschrift BEWEISSTÜCK I war ein grausiges Bild, das die Arme eines Mannes zeigte. Nebeneinandergelegt und mit den Handflächen nach oben waren deutlich die klaffenden, blutigen Wunden an den Handgelenken zu erkennen.
BEWEISSTÜCK II zeigte die Füße des Mannes, beide ebenfalls mit tiefen, blutigen Löchern.
Das dritte Bild, BEWEISSTÜCK III , zeigte einen Mann mit nacktem Oberkörper. Unterhalb des Brustkorbs befand sich ein tiefer Schnitt auf der rechten Seite.
Der Kardinal wartete, bis die schockierenden Bilder die Runde gemacht hatten, dann legte er sie wieder in den Aktenordner zurück und wandte sich an die Versammlung. Die Gesichter am Tisch waren ernst, als Kardinal DeCaro ihnen bestätigte, was sie alle vermuteten.
»Was wir hier haben, sind authentische Stigmata. Alle fünf Stellen, genau wie es überliefert ist.«
Château des Pommes Bleues
24. Juni 2005
Am nächsten Morgen war Sinclair nirgends zu finden. Maureen und Peter wurden von Roland begrüßt, der sie zum Frühstück eskortierte. Peter war nicht sicher, ob die ungewöhnliche Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wurde, von tadelloser Gastfreundschaft herrührte oder ob es eher in Richtung eines Hausarrests ging. In jedem Fall war Sinclair eifrig darauf bedacht, Peter und Maureen nicht allein zu lassen.
»Monsieur Sinclair hat mich gebeten, Sie mit guten Kostümen für den Ball heute Abend zu versorgen. Er selbst ist im Augenblickmit letzten Vorbereitungen beschäftigt; aber sein Chauffeur steht Ihnen zur Verfügung, falls Sie wünschen, die Region ein wenig zu erkunden. Er dachte, Sie würden sich vielleicht gern mal die Katharerfestungen im Umland ansehen. In diesem Fall wäre es mir eine Ehre, mich Ihnen als Führer zur Verfügung zu stellen.«
Sie nahmen das Angebot an und wurden von Roland dem Riesen durchs Land gefahren, der sie mit hervorragenden Kommentaren versorgte. Er zeigte ihnen die beeindruckenden Ruinen der einst mächtigen Katharerburgen und erzählte ihnen, wie die reichen Grafen von Toulouse es früher an Macht
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