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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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schien es Clarice genau umgekehrt zu gehen: Sie schien geneigt, die anderen Kinder Maddalena vorzuziehen. So wurde die Kleine von Lorenzo umso mehr verwöhnt.
    Doch die Medici-Dynastie brauchte Söhne, um den großen Plan voranzubringen – insbesondere einen Sohn, den sie für die kirchliche Laufbahn bestimmen konnte. Piero schien weder die Persönlichkeit noch das Temperament oder die Intelligenz seines Vaters zu besitzen. Sicher, er war jung und konnte sich noch ändern, aber er war so sehr Clarices Kind, dass es beinahe unmöglich schien. Lorenzo brauchte einen Sohn mit Maddalenas Intelligenz und Temperament. Jeden Tag betete er darum, dass der neue Sohn gesund auf die Welt kommen möge.
    Und er betete für das andere Kind. Denn Colombina war ebenfalls guter Hoffnung.
    Vor Niccolò spielten sie die Scharade nicht mehr, aber für den guten Namen des Kindes und seine Zukunft war es nötig gewesen, dafür zu sorgen, dass Niccolò Ardinghelli lange genug in Florenz weilte, um seine Ehefrau schwängern zu können. Danach hatte Lorenzo ihn sogleich wieder auf See geschickt. Er hatte inzwischen ein Arrangement mit Niccolò getroffen, das sich für die Ardinghelli in klingender Münze auszahlte. So hielt Niccolò vor den Augen der Welt den Anschein aufrecht, dass er und Colombina Mann und Frau waren. Privatim aber solle Colombina jede Freiheit gewährt werden, hatte Lorenzo gefordert.
    Dennoch hielten sich hartnäckig die Gerüchte, dass die Ehe der Ardinghelli nur Schein sei. Die Anhänger der Medici verteidigten die Verbindung, aber die Gegner zerrissen sich die Mäuler und wiesen stets auf Beweise hin, die zeigten, dass Lorenzo und Madonna Ardinghelli Ehebruch begingen, und das seit Jahren. Sandro wäre fast verhaftet worden, weil er einem der Lästerer, einem alten Saufkumpan aus Niccolòs Junggesellentagen, in der Taverne von Ognissanti die Nase einschlug. Nachdem er vernommen hatte, dass Colombina guter Hoffnung war, hatte derRüpel lauthals krakeelt: »Die Medici-Klöten hängen sich überall in Florenz rein – aber ganz besonders bei Lucrezia Ardinghelli!«
    Das Großmaul habe es nicht anders gewollt, lautete Sandros schlichte Verteidigung. Im Übrigen sei es höchst riskant für die Hände eines Malers – seine Werkzeuge –, jemanden so hart zu schlagen. Sandro hatte bereits genug gelitten. Der Richter, der aus einer alten, den Medici eng verbundenen Familie stammte, gab Sandro recht, ließ ihn straflos gehen und schimpfte stattdessen den Kläger aus, der versucht hatte, den guten Namen von Madonna Ardinghelli in den Schmutz zu ziehen. Später erhielt der Richter vom dankbaren Sandro ein liebliches Porträt seiner Gattin.
    Lorenzos Hingabe an seine einzige wahre Liebe geriet niemals ins Wanken, und es kam ihn hart an, während der Schwangerschaft nicht an ihrer Seite sein zu können. Die schwangere Colombina war für ihn das Schönste, was er je gesehen hatte. Lorenzo schickte Sandro zu Colombina, damit er sie zeichnete, denn er wollte sie in ihrer reifen Schönheit, wie eine Wiedergeburt der Venus, eingefangen wissen. Sandros Skizzen waren überwältigend, und er und Lorenzo überlegten stundenlang, wie man sie in ein Gemälde für Lorenzos studiolo einfügen konnte.
    Doch die Überfülle himmlischer Kinder blieb nicht auf Florenz beschränkt. Voller Entzücken hatten die Magi die Ankunft eines Kindes aus der Buonarroti-Familie in der südlichen Toskana vorhergesagt. Auf den Buonarroti, Nachfahren der berühmten Mathilde von Tuszien, ruhte das besondere Augenmerk des Ordens, da ihre Kinder oft besondere Begabungen zeigten. Auch unter den Magi war ein Buonarroti, und es war ebendieser Astrologe, der das Geburtshoroskop für den Knaben stellte, der am 6. März 1475 in Arezzo das Licht der Welt erblickte. Das Horoskop zeichnete den Knaben als einen so besonderen Menschen, dass er laut Empfehlung der Magi einen Namen erhalten sollte, der ihn vom Augenblick seiner Geburt an als Himmlischen auswies. Sohatte das Kind seinen ungewöhnlichen Namen erhalten, der an den Erzengel Michael erinnerte.
    Michelangelo.
    Es würde interessant sein, diesen Knaben im Auge zu behalten. Lorenzo und der Orden hatten die Buonarroti großzügig entschädigt, damit sie in den Norden kamen, nach Florenz, wo der Kleine erzogen und beobachtet werden konnte. Lorenzo war über seine Zukunftsaussichten unendlich froh. Sicherlich war ein Knabe, der nach dem höchsten der Erzengel getauft wurde, eine außergewöhnliche Hoffnung für die

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