Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Magnifico hat die Bruderschaften unterstützt, die den armen Knaben in unserem Viertel eine gute Bildung ermöglichen … kurz: Die Medici waren der Grund dafür, dass Florenz die schönste Stadt Europas war. So war es stundenlang weitergegangen. Die Männer verehrten Lorenzo, und die Frauen fielen seinetwegen in Ohnmacht. Es war widerlich. Und entmutigend.
Welche Karten waren Montesecco nur zugeteilt worden? Welches schreckliche Schicksal hatte beschlossen, dass ausgerechnet er diesen edlen Mann töten sollte? Warum war seine Hand gewählt worden, um den Dolch in das Herz eines Mannes zu versenken, den die Menschen einen Fürsten nannten? Ein Mann, der wahrhaftig ein edler und großzügiger Diener seiner Mitmenschen war, wie Montesecco selbst hatte beobachten können.
Und von wem war er für diese Aufgabe ausgewählt worden? Wer war der Mann, der diesen edlen Fürsten tot sehen wollte? Ein überheblicher, habgieriger Abkömmling einer Fischerfamilie, der sich den Weg zum Petersthron ergaunert hatte, und sein noch schlimmerer Sohn. Außerdem ein verbittertes, fanatisches Wiesel, das im Glauben befangen war, der Titel eines Erzbischofs mache es unantastbar für die Gesetze Gottes und der Menschen. Und schließlich ein dummer, skrupelloser Bankier, der mehr Ehrgeiz als Verstand besaß. Diese Männer sollten eigentlich für etwas Hohes, ja Heiliges stehen. Sie waren Führer in einer geistlichen und wirtschaftlichen Gemeinschaft. Und Führerschaft – die Fähigkeit, Menschen zu leiten und entschlossen zu handeln – imponierte jedem Soldaten. Lorenzo, überlegte Montesecco, besaß diese Eigenschaften in hohem Maße, Papst Sixtus und sein Gefolge jedoch nicht. Keiner dieser Männer würde Menschen zu Höherem inspirieren. Sixtus und seine Kreaturen waren nur fähig, durch Furcht zu herrschen.
Als die Nacht älter wurde und Montesecco tiefer in seinen Becher blickte, hatte er sich in ein Gespräch verwickeln lassen, das ihm rückblickend ein wenig nebelhaft erschien. Außerdem fühlte sein Kopf sich an, als wäre ein Pferd darauf getreten. Es war der Greis in dem dunklen Winkel der Kaschemme gewesen, der Montesecco zu sich gerufen hatte. Ein seltsamer Mann, uralt, wie es schien. Er hatte den ganzen Abend allein dagesessen, als habe er auf etwas gewartet. Montesecco war zu seinem Tisch gestolpert und hatte sich auf einen Wink des Alten zu ihm gesetzt.
»Bist du Soldat?«, fragte er.
Der Alte nickte und lächelte mild. Dabei spannte sich die linke Seite seines Gesichts, denn eine große Narbe zog sich quer über seine Wange.
»Das sieht mir ganz nach einer Narbe aus, die du im Kampf erhalten hast, alter Mann.«
»So ist es, mein Freund. Ich habe schreckliche Kämpfe mit mir selbst und meinem Gewissen auszufechten gehabt – so wie du jetzt.«
Montesecco war zwar betrunken, aber noch vollkommen im Besitz seiner Geisteskräfte; deshalb erschrak er bis ins Mark.
»Woher kennst du meine Gedanken, Alter?«
»Weil ich alt bin. Und weil ich weiß, wie ein Soldat in Gewissensnöten aussieht. Du fragst dich, ob du klug gewählt hast, nicht wahr? Ob du auf der richtigen Seite stehst? Bedenke, Krieger, auch wenn du ein Soldat bist und Befehle befolgen musst, so hat Gott dir doch Verstand, ein Herz und ein Gewissen geschenkt, damit du selbst die Wahl zwischen Leben und Tod treffen kannst. Am Ende spielt sich der einzig wahre Kampf in deiner eigenen Seele ab. Darum wähle weise, mein Freund. Wähle weise.«
»Ich bin Söldner. Für mich gibt es nur eine Seite, und zwar die, auf der das Geld ist.«
»Tatsächlich? Und was nützt dir das Geld, wenn du es verdienst, dabei aber deine Seele verlierst? Oder beim Angriff stirbst?«
»Jeder Krieg birgt ein Risiko. Beim Angriff zu sterben gehört dazu.«
»Ja, aber dieses Mal steht es schlecht für dich. Diesen Kampf kannst du nicht gewinnen. Du stehst auf der falschen Seite. Dein Gegner ist stärker, als du auch nur ahnst.«
Montesecco, der schon zu betrunken war, um ein Geheimnis zu bewahren, kämpfte mit seinen Dämonen. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schmetterte er die Hand auf die Tischplatte. »Aber der Papst höchstpersönlich hat mich verpflichtet! Ich kämpfe auf der Seite der Kirche! Wer könnte stärker sein als die Kirche?«
Der alte Mann schüttelte nur den Kopf über den vom Krieg geschundenen Söldner und seufzte tief. Es war der Seufzer eines Mannes, der diese Zerrissenheit zu oft am eigenen Leib erfahren hatte.
»Du kannst diese Schlacht nicht
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