Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
statt Franceschino de Pazzi und Erzbischof Salviati umzubringen, damit die Medici noch eine Weile Frieden hatten. Später sollte er Grund genug haben zu wünschen, er hätte auf seinen Instinkt gehört.
»Ich bin raus.« Angewidert starrte Montesecco die anderen Männer an. »Jacopo, ich glaube, Ihr seid ebenfalls dagegen, aber Ihr müsst Eure eigene Wahl treffen. Und was Euch beide betrifft«, er spie auf den Boden, »Ihr würdet einander beste Gesellschaft in der Hölle leisten. Richtet dem Teufel meine besten Grüße aus und sagt ihm, ich käme auch bald.«
Bevor jemand widersprechen konnte, hatte Montesecco das Haus und die Stadt verlassen. Er schaute nicht zurück, als er sein Pferd zu höchster Eile antrieb und zurück in die Emilia-Romagna ritt.
Jacopo Bracciolini war in Ungnade gefallen.
Als sie beide noch jünger waren, hatte er Lorenzo de’ Medici auf den Pfaden der Hermetik und der Häresie begleitet; seitdem jedoch hatte Jacopo sich zu einem gut aussehenden, zügellosen, durch und durch bestechlichen Mann entwickelt. Seine unsichere Existenz setzte ihm zu, und sein Neid auf Lorenzos goldenes Leben als meistverehrter und begehrtester Mann der Stadt fraß ihn beinahe auf. Der jüngere Bracciolini hatte den scharfen Verstand seines Vaters geerbt, nicht aber dessen edles Gemüt. Er besaß große Geistesgaben, war aber ein Mensch, dessen Verstand völlig von seinem Herzen abgetrennt war. Zwar war er außerordentlicher Gedankenspiele fähig, doch er hegte nicht den Wunsch, seinen Verstand für etwas anzustrengen, das nicht sofortigen Gewinn oder Vergnügen versprach. Jacopo hatte seinen Vater bestohlen, um seine Spielschulden zu bezahlen; er hatte den Schmuck seiner Mutter verkauft und von der Mitgiftseiner Schwestern gestohlen, um sich Probleme vom Hals zu schaffen, in die er ständig verwickelt war. Unter dem selbst verliehenen Titel »Größter Hedonist der Stadt« veranstaltete Jacopo wilde Feste, auf denen er zusammen mit den finstersten Gestalten von Florenz in unbändigen und oft unvorstellbaren Genüssen schwelgte. Es gab nichts, was er nicht versuchen und kein Risiko, das er meiden würde. Oft hörte man ihn sagen, dass er täglich eine Todsünde begehe. Als er daher von Franceschino de Pazzi gebeten wurde, bei einem Staatsstreich mitzumachen, um die Regierung von Florenz zu stürzen, war Jacopo begeistert.
»Was springt dabei für mich heraus?«, lautete seine erste Frage, wie stets unter solchen Umständen. Franceschino de Pazzi bot Bracciolini zunächst eine bescheidene Summe, um sich seiner Aufmerksamkeit zu versichern. Dann zählte er eine Reihe zusätzlicher Köder auf, die dem heidnischen Hedonisten gefallen würden: ein Landhaus, tscherkessische Sklavinnen – Jungfrauen, selbstredend – und verschiedene andere Herrlichkeiten, die der Eitelkeit dieses Mannes schmeicheln würden.
Doch Bracciolini war zwar ein ausgemachter Narziss, aber kein Dummkopf, und so stellte er die Schlüsselfrage: »Warum ich? Ich kenne mich weder in Dingen des Krieges noch in der Politik aus. Ich bin von Beruf Gelehrter und Lebenskünstler aus Neigung. Das einzige Mal, dass ich ein Schwert in der Hand hielt, war bei einem Turnier Lorenzos, und da auch nur um der Schau willen. Warum wollt Ihr, dass ich mich an der Führung dieses Umsturzes beteilige?«
»Der Orden vom Heiligen Grab«, sagte Franceschino de Pazzi lediglich und schaute seinem Opfer fest in die Augen.
Da verging Bracciolini das Grinsen. Meine Güte, wie sehr er diesen Orden hasste und jeden, der mit ihm zu tun hatte! Die bloße Erwähnung des Ordens bewirkte, dass sich ihm der Magen umdrehte.
»Ich verstehe. Und da Lorenzo der Dichterfürst ist, der goldeneKnabe dieses frömmelnden Vereins, denkt Ihr, dass ich keinerlei Gewissenbisse hätte, ihn tot zu sehen«, vermutete er. Doch was ihm tatsächlich durch den Kopf ging, erwähnte er nicht: Nichts würde ihn glücklicher machen, als zu erleben, wie diese kleine Dirne, die alle Colombina nannten, sich aus Schmerz über Lorenzos Tod in den Arno stürzte. Das allein war mehr wert als alles Geld, das man ihm anbieten konnte.
Franceschino nickte. »Ja, ich weiß. Aber das ist noch nicht alles. Wenn Ihr uns helft, erwarten Euch in der Zukunft größere Reichtümer, als Ihr Euch vorstellen könnt. Der Papst höchstpersönlich bittet um Eure Unterstützung.«
Aha, nun war die Katze aus dem Sack. Auf der Lohnliste des Papstes zu stehen bedeutete, dass die Zukunft mit Gold gepflastert war.
»Was
Weitere Kostenlose Bücher