Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
gewinnen, Soldat, denn dein Gegner ist ein Mann, der unter dem Schutz Gottes steht.«
Montesecco hatte genug gehört. Was er sich von diesem beängstigenden alten Mann anhören musste, verursachte ihm Bauchschmerzen. Schwankend kam er auf die Beine und lachte dem Alten trotzig ins Gesicht. »Gott? Ach ja? Und als Nächstes behauptest du, dass Lorenzo de’ Medici einer der Erzengel ist!«
Als der Condottiere dem betagten Fremden mit dem vernarbten Gesicht den Rücken zukehrte, hörte er den Alten sagen: »Du weißt ja gar nicht, wie recht du hast.«
Und hier war er nun, am frühen Nachmittag, im Haus und in Gesellschaft Jacopo de Pazzis und seines unerfreulichen Neffen. Ungerührt blickte Montesecco in das Wieselgesicht des tobenden Erzbischofs Salviati.
»Die Medici entkommen uns erneut! Verdammter Giuliano, der sich nicht einmal auf dem Pferd halten kann! Ich wollte, dass beide heute Abend sterben!«
Montesecco dachte an den alten Mann in der Taverne. Vielleicht hatte Gott Giuliano de’ Medici gestern vom Pferd gestoßen, damit er dem Attentat entging. Doch Montesecco schüttelte den Kopf bei dem Gedanken und stöhnte unterdrückt, denn die Bewegung verursachte ihm Schmerz.
»Wir brauchen einen neuen Plan«, sagte Franceschino de Pazzi. »Ich meine immer noch, dass wir den jungen Raffaelo Riario als Köder benutzen können. Lorenzo hat eine Schwäche für Studenten – er summt ihnen gern die Ohren voll mit diesem Unsinn überPlaton –, und dieser Student ist immerhin der Neffe des Papstes. Wir schicken Lorenzo einen zweiten Brief von Raffaelo, in dem er schreibt, dass er die Kunstwerke im Palazzo Medici bewundern möchte. Raffaelo soll am nächsten Sonntag in Florenz die Messe besuchen, deshalb können wir ein Festbankett zu seinen Ehren vorschlagen, das am selben Tag wie das Hochamt stattfinden wird.«
In diesem Augenblick wurde Montesecco bewusst, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als Franceschino de Pazzi ins Gesicht zu schlagen. Er zwang sich zur Ruhe und gab zu bedenken: »Der nächste Sonntag ist Ostersonntag. Wollt Ihr die Medici etwa am Tag der Wiederauferstehung unseres Herrn ermorden?«
Erzbischof Salviati fuhr ihn an: »Wir tun Gottes Werk. Wir befreien Florenz von einem Tyrannen und schützen die heilige Mutter Kirche. Dass wir einen heiligen Tag für unsere Aufgabe auswählen, wird uns bei der Erfüllung unserer Ziele nur Glück bringen.«
Jacopo de Pazzi warf Montesecco einen wissenden Blick zu. Die beiden Männer erkannten, dass jeder von ihnen Vorbehalte gegen den Plan hegte. Das war nicht, was sie gewollt hatten. Und mit jedem Tag schien es schlimmer zu werden.
Eine Woche später hatten die Verschwörer sich wieder im Palazzo Pazzi versammelt, und wieder waren sie unzufrieden. Franceschino de Pazzi war zum Palazzo Medici in der Via Larga gegangen. Die Verschwörer hatten sich für Gift entschieden – Arsen wirkte am schnellsten; deshalb war es erforderlich, mit Madonna Lucrezia de’ Medici die Sitzordnung für das Bankett zu besprechen. Lorenzos Ehefrau Clarice wurde bei Festvorbereitungen nie zurate gezogen. Ihre römischen Sitten hatten in Florenz keinen Anklang gefunden, und sie zog es vor, sich umhäusliche Angelegenheiten zu kümmern, die sich auf ihre Kinder beschränkten. Deshalb war es immer noch Lorenzos gastfreundliche Mutter, die für die Feste der Medici verantwortlich zeichnete.
Franceschino machte viele Worte um die Sitzordnung: Er bestand darauf, dass Montesecco, weil er von Lorenzo so beeindruckt sei, bei dem Bankett neben ihm zu sitzen wünsche. Außerdem wolle Erzbischof Salviati mit Giuliano Angelegenheiten der Kirche besprechen, da dieser in solchen Dingen sehr beschlagen war. Nur wusste die Medici-Matriarchin natürlich nicht, dass Franceschino seine gedungenen Mörder – die beide Arsen mit sich führen würden – neben ihre geliebten Söhne und deren Weinbecher setzen wollte.
Aber dann erschrak Franceschino bis ins Mark, als Madonna Lucrezia ihm erklärte, dass Giuliano nicht am Bankett teilnehmen werde.
»Sein Bein ist immer noch wund. Außerdem hat er eine Entzündung am Auge, die übertragbar zu sein scheint, denn sie hat bereits den kleinen Piero befallen. Deshalb halte ich es für das Beste, wenn er noch ein paar Tage das Bett hütet.«
Franceschino de Pazzi versuchte sich seine Panik nicht anmerken zu lassen. Sein Plan konnte nur aufgehen, wenn beide Medici am gleichen Abend zu Tode kamen!
»Aber …«, stammelte er, während seine
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