Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Entwicklungen im Orden und dessen Pläne für die Zukunft ins Bild setzte.
Trotz seiner vielen Jahre als Stadtherr von Florenz, bestens vertraut mit Fehden und Intrigen, wollte Lorenzo immer noch das Gute in den Menschen sehen. Er war kein Skeptiker, und er glaubte, jeder Mann solle die Möglichkeit bekommen, seine Vergangenheit zu sühnen und sich durch Wohlverhalten in der Zukunft davon loszukaufen. Dieser Zug war Teil seiner geistlichen Erziehung, doch er war Lorenzo auch angeboren. Dass er so nobel und versöhnlich war, machte ihn groß. Aber es machte ihn auch verwundbar.
Jacopo Bracciolini löste das Versprechen ein, das er Franceschino de Pazzi gegeben hatte, und lieferte Papst Sixtus IV. mehr Beweise für Lorenzos Ketzerei, als der Heilige Vater sich hätte träumen lassen. Er hatte seinen Besuch bei Lorenzo sorgfältig geplant und kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass sein großzügiges Buchgeschenk die erhoffte Wirkung zeigen würde. Und sein Plan war aufgegangen: Lorenzo hatte alle möglichen Geheimnisse ausgeplaudert, als seine Wachsamkeit nachließ. Alles was Bracciolini über den Orden wusste, hatte Lorenzo im Gespräch bestätigt. Bracciolini schönte seinen Part, als er den Bericht an Papst Sixtus schickte. Dann forderte er die doppelte Summe des Vereinbarten als Belohnung, weil er so treffliche Beweise für die Ketzerei der Medici und ihrer Anhänger geliefert hatte. Das Geld wurde in Silbermünzen bezahlt – ein kleiner Scherz vonseiten der Kurie.
Bracciolini war fest entschlossen, nach dem Tod der Medici zusammen mit Salviati den Ratssaal der Signoria zu stürmen. Es würde ein wunderbares Drama sein, ein Stück, in dem er nur zu gerne eine Hauptrolle spielte. Er hoffte geradezu, auf Widerstandzu stoßen, damit er einen der Ratsherren der Signoria töten konnte. Nie hatte er ein Schwert in den Körper eines Menschen gestoßen; er brannte geradezu auf diese neue, erregende Erfahrung.
Nachdem er Bracciolini fest auf den Plan eingeschworen hatte, musste Franceschino de Pazzi noch ein paar Attentäter finden. Montesecco zu verlieren, war ein harter Schlag gewesen, doch auch der Söldner war ersetzbar. De Pazzi besprach sich mit Erzbischof Salviati, der mit einer Lösung aufwartete, einer mangelhaften zwar, aber immerhin einer Lösung. Der Erzbischof hatte zwei Priester aufgetan, die gewillt, ja fest entschlossen waren, Lorenzo de’ Medici ins Jenseits zu befördern. Der erste Priester hieß Antonio Maffei. Er war ein rauflustiger kleiner Mann aus Volterra, einer Stadt in Florentiner Besitz, die schlimm unter einem Bürgerkrieg gelitten hatte. Der blutige Aufstand hatte mehr als die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft. Maffei hatte seine Mutter und seine Schwestern an die Plünderer verloren, die über Volterra herfielen. Diese waren bezahlte Söldner der Medici gewesen, nach Volterra entsandt, um den Aufstand zu unterdrücken, weil das florentinische Heer nicht stark genug und an anderen Grenzen beschäftigt war. Es war nicht Lorenzos Schuld gewesen, dass die Söldner Räuber und Verbrecher waren, doch die Schuld an der Verheerung Volterras wurde zumeist ihm gegeben. Lorenzo besuchte Volterra mehrere Male und bot den Menschen persönliche Entschädigung an. Er gab ein Vermögen aus, um die Stadt und ihre überlebenden Einwohner zu unterstützen. Und seine Schuld verfolgte ihn: Lorenzo hatte regelmäßig Albträume über Volterra. Es war das einzige Mal, dass seine Politik Menschen ein Leid zugefügt hatte.
Doch für den jungen Geistlichen Antonio Maffei war Lorenzo de’ Medici bloß ein Schurke. Wenn er diesen Mann tötete, würde er in Volterra als Held gefeiert werden. Daher willigte er ein, den Dolch zu schwingen, und er wollte keinen anderen Lohn, als nach der Tat vom Papst begnadigt zu werden.
Maffei sollte ein zweiter Priester zur Seite stehen, ein Mann, der beim Bankhaus De Pazzi tief in der Kreide stand und nach einem Weg suchte, seine Schulden abzubauen. Stefano de Bagnone willigte ein, Maffei zu helfen, sollte mehr als ein Mann vonnöten sein, um Lorenzo zu überwältigen. Da die Ostermesse ein formeller Staatsakt war, stand zu erwarten, dass Lorenzo entsprechend gekleidet erschien. Und zur Florentiner Staatstracht gehörte ein Schwert. Überdies trug Lorenzo als guter Athlet ein Schwert gewiss nicht nur zur Zierde; er würde es auch zu gebrauchen wissen. Deshalb sah der Plan vor, dass zwei Priester von hinten zustechen sollten, bevor der Medici dazu kam, seine Waffe aus der
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