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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Umhang, dann könnt Ihr es mir zeigen.«

    Colombina und Fra Francesco spazierten am Arno entlang durch das Stadtviertel Lungarni auf die Brücke Santa Trinità zu. Santa Trinità war zu einer geheimen Chiffre für den Orden geworden, da dieses Viertel mit den Anfängen des Ordens in Florenz verbunden war. Hier hielten die derzeitigen Mitglieder geheime Messen ab, in denen ihre Traditionen gefeiert wurden. Wenn jemand Santa Trinità erwähnte, musste auf jeden Fall Geheimhaltung geübt werden.
    Der Meister sprach das heikle Thema vorsichtig an. »Ich habe gehört, dass dein Vater dich verloben will. Schon bald.«
    Colombina nickte. »Ja, und nicht mit Lorenzo.«
    »Das hattest du doch erwartet.«
    »Ja, Maestro. Ich habe immer gewusst, dass man mir nicht erlauben würde, Lorenzo zu heiraten. Es ist nicht … unser Schicksal.«
    »Hmm. Und was hast du im Orden über das Schicksal gelernt, mein Kind?«
    »Dass die Sterne uns leiten, aber nicht zu etwas zwingen. Es ist unser freier Wille, der den Ausgang aller Dinge bestimmt. Gott erlegt uns nicht seinen Willen auf, sondern tut ihn kund und erlaubt uns zu wählen, ob wir ihm gehorchen wollen.«
    »Und wie heißt der lateinische Merksatz, der diese Vorstellung umfasst?«
    » Elige magistrum. Wähle einen Herrn.«
    »Korrekt und gut gesprochen. Doch wer ist dein Herr? Dein eigenes Herz? Lorenzos Schicksal? Gottes Wille? Die Zukunft von Florenz? Wo stehst du in dem Ganzen?«
    Colombina schaute auf den Fluss. Die Mittagssonne funkelte auf seinen Fluten und schien geradewegs auf den traditionsreichen Ponte Vecchio, wie Fra Francesco vorhergesagt hatte. Selbst in Kleinigkeiten irrte er sich nie.
    »Gott hat Lorenzos Schicksal seit dem Tag seiner Geburt kundgetan, sogar schon vorher. Meine Eltern haben stets gesagt, was sie für meine Zukunft wollen. Sie finden, dass ich nur in eine adelige Familie einheiraten kann und dass die Medici uns nicht in die Quere kommen dürfen. Nun müssen Lorenzos und mein freier Wille beschließen, ob wir mit diesen Entscheidungen leben können oder nicht. Wir müssen wählen.«
    Fra Francesco nickte weise. »Dennoch spricht Lorenzo davon – und zwar ernsthaft –, mit dir durchzubrennen. Er würde die Liebe wählen und auf sein Schicksal verzichten. Er würde alles fortwerfen, was er hat und ist, nur um mit dir zusammen zu sein.«
    »Das darf er nicht! Ich würde es ihm nicht erlauben, selbst wenn er es ernst meinte. Aber er meint es ja gar nicht ernst.«
    Gegen ihren Willen brach Colombina in Tränen aus. Sie zog ihren Umhang übers Gesicht und weinte eine kleine Weile vor sich hin.
    »Oh, Maestro, es ist so hart! Ich will stark sein für Lorenzo,aber wenn ich mir vorstelle, dass er mit einer anderen vermählt ist, möchte ich am liebsten von dieser Brücke springen. Wir träumen davon, zusammen zu sein, den Verpflichtungen seines Schicksals zu entgehen, aber wir wissen beide, dass Lorenzo das niemals tun würde. Er wird in die Fußstapfen des Pater Patriae treten, so sicher, wie er Cosimos Enkel ist und ein Dichterfürst, der im Januar geboren wurde.«
    »Beide Umstände, die du erwähnst, sind gottgegeben und daher Teil des göttlichen Willens und Lorenzos Schicksal. Was sagt uns das über seine Natur?«
    Colombina wischte sich die Tränen aus den Augen und nahm sich zusammen, wie immer darauf bedacht, ihren Lehrer zufriedenzustellen.
    »Lorenzos Schicksal wird bestimmt von Saturn, dem Planeten des Gehorsams und des Opfers, dem Planeten des Vaters und der Vaterschaft. Seine erste Sorge wird immer seiner Familie und den mit ihr verbundenen Pflichten gelten. Und als Cosimos Erbe muss er … alles weiterführen und darüber hinaus in Florenz herrschen. Lorenzo wird immer sein persönliches Glück opfern, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Semper. Immer.«
    »Ja, mein Kind. Das wird er. Gott wusste, was er tat, als er Lorenzo an jenem bestimmten Tag in unserem Zeitalter zur Welt kommen ließ. Er schenkte Florenz einen Fürsten, der sein Schicksal getreu erfüllen wird. Aber ich erkenne, dass er uns auch eine Fürstin schenkte, die ebenso stark ist wie er und mutig danach strebt, ihr eigenes Schicksal zu erfüllen.
    Denn siehst du, mein liebes Kind, es geht ebenso sehr um dein Schicksal wie um Lorenzos. Es geht darum, weshalb du zur Zeit des Äquinoktiums geboren bist, am Scheitelpunkt von Pisces und Aries, dem Anfangs- und Endpunkt des Tierkreises. Die Fische schenken dir die Gabe, klar zu hören und stark zu fühlen. Und Aries, der Widder,

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