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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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sich an Lorenzo. »Der Bräutigam soll nun der Braut den nashakh schenken, den heiligen Kuss, der die beiden Seelen miteinander verschmilzt.«
    Lorenzo schloss Colombina in die Arme und drückte sie fest an sich. Was ihr schönster Augenblick sein sollte, war zugleich von tiefer Traurigkeit erfüllt. Denn Lorenzo wusste, dass nur Colombina jemals die Braut seines Herzens sein konnte; zugleich aber wusste er, wie rasch der Morgen dämmern würde, der sie trennte. Ihre Ehe würde nur für sie selbst, in ihren Herzen, Gültigkeit besitzen. Sobald sie diese Kapelle verließen, würde sie bedeutungslos sein. Es war ein Geheimnis, das nur sie beide teilen konnten, eine winzige Rebellion, um an der Wahrheit der Liebe füreinander festzuhalten. Und wohin das Schicksal sie auch verschlug:Sie würden wissen, dass sie in einer spirituellen Verbindung vereint waren, die nur Gott scheiden konnte.
    Doch ein wenig Glück sollte dem jungen Paar beschieden sein. Es würde die Nacht in der Antica Torre verbringen, dem Heim der Familie Gianfigliazza. Dort würde die Meisterin des Hieros gamos die beiden unterweisen, bevor sie die Türen schloss und sie ungestört ließ. Die Gianfigliazza waren eine der reichsten und angesehensten Familien in der Toskana; deshalb hatten Colombinas Eltern keine Sekunde gezögert, als Ginevra gefragt hatte, ob Lucrezia über Nacht in dem berühmten Turm bleiben könne. Es war eine begehrte Einladung in die beste Gesellschaft, die die Donati unmöglich ablehnen konnten.
    Und so geschah es, dass Lorenzo und Colombina in jener Nacht zusammenkamen, verheiratet im Angesicht Gottes, und sie vereinten ihre Seelen im Fleisch. Beide weinten vor Freude über ihre Liebe und schworen sich unter Tränen, dass nichts sie jemals trennen würde.
    Wie schon das Libro Rosso klar und deutlich über Salomon und die Königin von Saba sagt: »Ist der Hieros gamos zwischen zwei Seelen vollzogen, so sie vom Schicksal dazu bestimmt sind, sind die Liebenden nie wieder getrennt.«

Kapitel vierzehn
    Uffizien, Florenz
    Gegenwart
     
    M a ureen schnappte nach Luft, als sie den Botticelli-Saal betraten, das Herzstück der Sammlungen in den Uffizien. Die schiere Menge der Renaissance-Gemälde war überwältigend. Im Zentrum des Saals gab es eine Insel aus gepolsterten Bänken, von denen aus man die Kunstwerke in aller Ruhe bestaunen konnte.
    »Denken Sie daran, heute sind wir keine Touristen. Wir wollen nicht versuchen, jedes Gemälde zu betrachten. Das wäre nutzlos. Jedes Kunstwerk in diesem Saal verdient, dass man ihm mehrere Tage widmet, denn jedes Meisterwerk ist angefüllt mit Weisheit, Gefühl und verborgenen Botschaften. Auch wenn Sie versucht sein mögen, umherzustreifen und alles anzuschauen, möchte ich Sie bitten, es nicht zu tun. Ich verspreche, dass wir jeden Tag wiederkommen und ein neues Gemälde betrachten werden. So wird es Ihnen am dienlichsten sein.«
    Tammy schluckte und versetzte Maureen einen Rippenstoß. Für sie und die anderen war es eine Art Folter, in diesem Saal zu weilen und sich nicht jedes Werk ansehen zu dürfen – und sei es noch so flüchtig.
    »Man bekommt hier einen guten Eindruck davon, wie versiert dieser Mann gewesen sein muss«, bemerkte Maureen, »und wie hingebungsvoll er sich seinem Werk widmete. Es scheint unfassbar, dass er fähig war, in der Spanne eines einzigen Menschenlebens so viele Kunstwerke zu erschaffen.«
    »Und dabei ist es nur ein Teil von Sandros Arbeit«, entgegneteDestino. »Als Künstler war er fruchtbarer, als die meisten Menschen wissen. Ein Himmlischer in Menschengestalt. Er hat in seinem Leben an die zweihundert Bilder gemalt. Leonardo da Vinci hingegen hat vielleicht fünfzehn vollendet. Dennoch ist für die meisten Menschen Leonardo der größte Künstler der Renaissance! Es ist widersinnig!«
    Destino erhob selten die Stimme, deshalb waren alle fassungslos, dass er Leonardo derart herabsetzte. »Es ist unsere Pflicht, die Fehler der Geschichte auszubügeln, und dazu gehört auch die fehlende Wertschätzung von Botticellis Genie«, erläuterte der Alte, als er ihre ungläubigen Mienen gewahrte. »Ich werde Ihnen mehr erzählen – und zeigen. Kommen Sie hier herüber.«
    Er führte die Gruppe vor Botticellis »Verkündigung«, ein sehr beliebtes Motiv in der Malerei des Mittelalters und der Renaissance. Diese Gemälde zeigen jene Szene aus dem Lukas-Evangelium, in der der Erzengel Gabriel der Gottesmutter erscheint und verkündet, sie werde den Gottessohn

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