Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
schenkt dir die Kraft, Entschlossenheit und Furchtlosigkeit, die du brauchst, um in deiner Mission voranzuschreiten, selbst wenn es furchtbar schwer ist.«
Colombina nickte, als sie ihre Rolle in dem großen Drama Gottes akzeptierte. »Ich werde ihn nicht im Stich lassen. Ich werde Florenz nicht im Stich lassen und auch nicht unseren Glauben.« Sie schaute in Richtung Santa Trinità und zum steinernen Turm der Gianfigliazza, der neben dem Kloster mit der schönen Kirche stand. »Das Werk des Ordens bedeutet mir mehr als alles andere. Es muss stets an erster Stelle stehen. Aber an manchen Tagen tut es mir so furchtbar weh!«
»Ich weiß, mein Kind. Und ich bin gekommen, um dir mitzuteilen, was Cosimo mir über dich gesagt hat, bevor er starb.«
Colombina schnappte nach Luft. »Pater Patriae? Er hat mich auf seinem Sterbebett erwähnt?«
»Oh ja. Er sagte, ich solle dir und Lorenzo sagen, was Gott zusammengefügt hat, dürfe der Mensch nicht scheiden. Und da ihr nach den Menschengesetzen nicht heiraten dürft, seid ihr frei, den Gesetzen Gottes zu folgen.«
Colombina war fassungslos. Er meinte doch nicht …
Nun war es Fra Francesco, der zu Santa Trinità hinüberschaute. »Ginevra Gianfigliazza besitzt den Schlüssel. Ich kann Lorenzo morgen Nacht zu dir bringen. Immerhin gehören heimliche Hochzeiten zur Tradition unseres Ordens.«
Natürlich spielte er damit auf die berühmteste aller heimlichen Hochzeiten an, auf die Verbindung Mathildes von Tuszien mit Papst Gregor V I I . Diese Hochzeit war in der Toskana legendär und eine der heiligen Geschichten, die im Orden weitergegeben wurden.
Colombina wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie umarmte den alten Mann und brach erneut in Tränen aus, wobei sie ihm immer wieder dankte.
»Nichts zu danken, mein Kind. Und wenn dir in Zukunft Tage düster erscheinen, dann wisse, dass ich immer für dich da bin. Und für Lorenzo. Semper. Und bedenke vor allem eines: Wenn es am dunkelsten ist, sieht man das Leuchten der Sterne am besten.«
RRRRRRRRRRRRR
Santa Trinità, Florenz
1467
Die Kirche Santa Trinità hatte seit den Tagen der Mathilde von Tuszien als geheimes Zentrum des Ordens gedient. Nun leuchtete ihr Inneres im schwachen Licht von einem Dutzend Kerzen. Sie hatten eine der kleinen Seitenkapellen für die Zeremonie gewählt, einen Raum, in dem ein glorreicher Jesus seine Liebste, Maria Magdalena, zu seiner Ehefrau und Königin krönte. Lorenzo und Colombina standen in der Mitte der Kapelle einander zugewandt und hatten sich die ausgestreckten Hände gereicht, während der Meister neben ihnen stand, das Libro Rosso auf einer Seite des Buches der Liebe aufgeschlagen. Er schien aus dem Buch zu lesen, obwohl er die Worte auswendig kannte – länger, als er denken konnte.
Lorenzo, vom Meister in einer Art Stegreifprobe auf dem Weg von Careggi nach Florenz vorbereitet, rezitierte Colombina das Gedicht des Maximinus mit aller Liebe, die er für sie empfand:
»Ich habe dich geliebt,
Ich liebe dich heute,
Ich werde dich lieben.
Die Zeit kehrt wieder.«
Tränen strömten über Colombinas porzellanweißes Gesicht, als sie zusammen mit Lorenzo diese Worte flüsternd wiederholte. Was auch immer von diesem Tag an geschehen würde, sie waren nun vor Gott vereint.
Als das Ehegelübde gesprochen war, begann Ginevra Gianfigliazza, erhabene Lehrerin des Ordens und Meisterin des Hieros gamos, ein französisches Troubadourlied zu singen, das auchMathilde bei ihrer heimlichen Hochzeit mit Papst Gregor gesungen hatte. Mit klarer, lieblicher Stimme sang Ginevra:
»Ich liebe dich seit langer Zeit,
Nie werde ich dich vergessen …
Gott hat uns füreinander geschaffen.«
Als Ginevra das Lied beendet hatte, forderte der Meister die beiden Brautleute auf, die traditionellen Brautgeschenke zu tauschen: kleine vergoldete Spiegel, die Ginevra gerade noch rechtzeitig vor Beginn der Zeremonie gefunden hatte. Fra Francesco rezitierte dabei eine der heiligen Lehren der Vereinigung.
»In eurem Spiegelbild werdet ihr finden, was ihr sucht. Wenn ihr beide eins werdet, so findet ihr das Spiegelbild Gottes in den Augen eures Geliebten, und eure Geliebte spiegelt sich in euren Augen.«
Der Meister vollendete die Zeremonie mit den wunderbaren Worten aus dem Buch der Liebe, die auch im Evangelium nach Matthäus stehen: »Ihr seid also nicht mehr zwei, sondern eins in Geist und Fleisch. Und was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht trennen.«
Er wandte
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