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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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Averil konnte nicht erkennen, was von beiden es war. Bevor sie das Tor durchschritt, hatte sie sich gefragt, welchen Zweck die Mauer erfüllte, wenn auf der anderen Seite nichts weiter war als dieselbe Wildnis. Aber nachdem sie hindurchgegangen war, verstand sie es.
    Ihre Augen sagten ihr, dass diese Landschaft die gleiche war wie die, die sie in den Wildländern gesehen hatte. Ihre Magie enttarnte diese Vertrautheit als Täuschung. Sie war nicht in der Welt, die sie zu kennen glaubte. Die Wand war ein Grenzwall zwischen den Welten. Außerhalb waren die Wildländer. Innerhalb war ein Land, für das sie keinen Namen wusste. Auf der anderen Seite war die wilde Magie stark zu spüren gewesen. Hier war sie in der Luft, die sie atmete, und im Gras, über das sie ging. Alles war Magie: Gras und Steine, Bäume und Blumen und die Schwärme von Wesen, die Erde und Himmel noch dichter bevölkerten als in den Wildländern.
    Sie waren überall, tanzten wie Glühwürmchen über den Hügeln, schwärmten im Sternenlicht und wirbelten um die drei, die sich in ihr Land gewagt hatten. Sie waren fasziniert von allen dreien. Gereint konnte sich kaum bewegen, so dicht umlagerten sie ihn.
    Er watete durch sie hindurch, sichtlich bemüht, sie nicht zu verletzen. Sie lugten in sein Gesicht und zupften ihn an den Haaren und streiften seine Hände mit Flügeln und spinnenartigen Fingern. Keines von ihnen verletzte ihn: Ihre Berührung war wie ein Streifen von Schmetterlingsflügeln.
    Als er seine Hand ausstreckte, ließ sich eine Schar von ihnen darauf nieder und plapperte mit leisen Stimmchen. Es klang wie eine Ermahnung, jedoch in einer Sprache, die Averil noch nie gehört hatte.
    Er lachte freudig auf. Sie flogen auf in einer Wolke aus glitzerndem Silber, Blau und blassem Grün.
    Es war seltsam, dachte Averil, dass er, der die Magie so panisch gefürchtet hatte, nun so entspannt damit umging, während sie jegliche Ungezwungenheit verloren hatte. Sie musste den Weg zurück finden — vielleicht durch ihn, aber vor allem durch sich selbst.
    Er war dazu erzogen worden, jegliche Magie zu scheuen. Wilde Magie war nicht mehr zu fürchten als jede andere. Die Verbundenheit, die er mit ihr empfand, beunruhigte ihn nicht. Hier, im Herzen der wilden Magie, ging er leichtfüßig und sicher einher, wie ein König in seinem eigenen Land. Der letzte Gedanke ließ Averil stolpern. Sie konnte ihn jedoch nicht verscheuchen. Dies hier war sein Land, und er gehörte hierher. Auch sie konnte hierhergehören, wenn sie es zuließ. Sie stolperte erneut. Seine Hand stützte sie, warm und kräftig wie immer. Sie war vollkommen verwirrt. Das Wildvolk tanzte über ihnen und um sie herum und sang eine süße, gespenstische Melodie.
    Gereint schaute sie an. Im Sternenlicht waren seine Augen dunkel und ruhig. »Ihr seid stärker, als Ihr ahnt«, sagte er.
    »Oder als ich sein will?«
    »Als Ihr es wagt.« Er nahm ihre Hand und ging den langen geraden Weg hinab. Sie musste ihm folgen, sonst hätte er sie hinterhergeschleift. Der Fremde war ein gutes Stück vor ihnen und schaute sich nicht um. Averil hätte sich losreißen und davonrennen können, aber sie brachte es nicht über sich. Sie hatte diese Reise gefordert. Sie musste sie jetzt durchstehen.
    Zeit war seltsam an diesem Ort. Sie streckte sich endlos hin, aber die Sterne bewegten sich kaum. Schritt für Schritt rückte der Kreis aus Steinen näher. Es war ein riesiger Steinkreis, und seine Steine waren so alt wie die Welt; was — oder wer — auch immer sie errichtet hatte, lag jenseits menschlichen Zeitverständnisses.
    Das Wildvolk war dort noch zahlreicher als an den anderen Stellen dieses Landes. Die Wesen waren auch größer und stärker. Einige hatten Gesichter, die Averil seltsam bekannt vorkamen: Abbilder von Göttern und Dämonen, starke Geister der alten Magie.
    Die Kirche nannte sie Dämonen, aber sie spürte nichts Böses in ihnen. Sie bestanden aus Magie, geformt durch sterblichen Glauben und ihre eigenen Sehnsüchte. Die größeren waren von herzzerreißender Schönheit. Sie schwebten in der Luft, geflügelt oder von Magie getragen. Andere standen gerade und still am Wegesrand wie ein Ehrenspalier. Als die Sterblichen vorübergingen, glitzerten ihre Augen, aber es war kein boshaftes Glitzern. Averil hätte fast gesagt, dass sie vergnügt waren.
    Selbst als die Sterblichen sie verehrt hatten, waren die Götter unberechenbar gewesen. Jetzt, da sie an Bedeutung verloren hatten und vergessen waren,

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