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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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Steinhütte, die unvorstellbar alt wirkte. Gereint konnte sich vorstellen, dass die Paladine auf ihrem Rückweg vom Feld der Bindung hier Rast gemacht hatten. Die merkwürdige dumpfe Wolke, die über der Erde lag, war hier noch stärker zu spüren. Jahrhundertelanger Glaube und archaische Macht hätten diesen Ort zum Singen bringen müssen, aber er murmelte kaum. Die Seele war ihm genommen worden, wie sie den Soldaten genommen worden war, die Gereint in den Städten gesehen hatte. Es war wie eine Krankheit, von der die ganze Gegend erfasst worden war, eine graue Seuche, die auf das Herz zielte. Der Fall der Rose hatte Gereint in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt, aber Zorn war aus irgendeinem Grund nicht darunter gewesen. Das war jetzt anders. Der Anblick des zerstörten Schreins und der Gedanke an die Männer, denen man Seele und Persönlichkeit ausgesaugt hatte, erfüllten ihn mit einer unsagbaren Wut. Sie zerstörte ihn beinahe, denn seine Magie sprang zu dieser offenen Stelle, wollte dort hinaus. Obwohl sein Zorn ihm fast den Atem raubte, wollte er den Schrein nicht vernichten. Er schloss die Öffnung mit einer solchen Wucht, dass sein ganzer Körper schmerzte. Er umklammerte den Sattelknauf, um nicht vom Pferd zu stürzen. Der Magiersucher war bereits in den Baumkreis geritten. Wie eine Spiegelung des Kampfes, den er soeben mit seiner Magie ausgefochten hatte, war die Tür des Schreins offen und hing an ihren altersschwachen Angeln.
    Ein Teil von Gereints Unterbewusstsein schlug Alarm. Sein Pferd trug ihn weiter und folgte Averil.
    Die Falle schnappte zu.

Kapitel 36
    Der Schrein spuckte Soldaten in solcher Anzahl aus, als wäre er ein Haus in den Wildländern, also innen erheblich größer, als es von außen den Anschein hatte. Die Soldaten umschwärmten die Reiter — und es war wirklich ein Schwärm, so seelen- und geistlos wie eine Invasion von Ameisen. Averil blieb ruhig auf ihrem Pferd sitzen. Sie hatte keine Angst, und sie war auch nicht sonderlich überrascht. Gereint hielt es für klug, ihrem Beispiel zu folgen.
    Der Magiersucher hatte sich zur Wand des Schreins zurückgezogen. Jemand stand neben ihm, gekleidet im schwarzen Gewand eines Priesters, ein älterer Mann, aber dem Magiersucher nicht unähnlich: weder groß noch klein, hager und asketisch, mit einem trügerisch nichts sagenden Gesicht und langgezogenen dunklen Augen. Sie hätten Verwandte oder Landsleute sein können, Männer mit gleicher Gesinnung und Magie.
    Gereint spürte den Schauer, der Averil über den Rücken lief. Sie erkannte den Priester. Er war ein Mann des Königs — und vielleicht noch mehr. Sie ignorierte die Truppen, die sie umringten, und richtete den Blick auf das Gesicht des Priesters. »Messire«, sagte sie. »Auf der Jagd nach Seelen, um Euren Meister zu füttern?«
    »Die Eure ist besonders kostbar, Madame. Wollt Ihr sie anbieten?« »Nie und nimmer«, erwiderte sie. »Vielleicht habt Ihr keine Wahl.« »Ich denke schon, dass ich die habe«, sagte Averil. »Bringt mich zum König.« »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil ich tot war und wieder lebe«, erwiderte Averil.
    Gereint hielt den Atem an. Dies war ein gefährliches Spiel. Um sie herum standen mindestens hundert Männer, alle schwer bewaffnet, und keiner von ihnen würde zögern, sie zu töten.
    Averil hielt den Kopf hoch und den Blick nach vorn gerichtet. Der Priester betrachtete sie eingehend. Nach einer Weile sagte er: »Euer Name, Madame?« »Averil«, sagte sie, »Marguerite Emeraude Melusine de Gahmuret, Tochter der verstorbenen Alais und Uriens, der abstammt von Longinus mit dem Speer und der Geliebten des Jungen Gottes. Das Blut von Göttern fließt in meinen Adern. Bringt mich zu meinem Onkel, und zwar schnell. Ich habe Nachrichten für ihn, die keinen Aufschub dulden.«
    »In der Tat«, sagte der Priester. Ihre plötzliche Zurschaustellung königlichen Hochmuts schien ihn wenig zu beeindrucken.
    Gereint hätte dieses Verhalten niemals von ihr erwartet, was einmal mehr bewies, dass es immer noch Dinge gab, die er nicht wusste.
    »Vater Gamelin«, schnurrte Averil gefährlich. »Die Zeit drängt. Führt mich zum König.«
    Der Priester neigte den Kopf. Er zuckte mit den Schultern. »Wie Ihr wünscht, Madame«, sagte er.
    Averil ritt durch die Reihen an die Seite des Priesters. Als Gereint ihr folgen wollte, bildete sich eine Mauer aus bewaffneten Soldaten zwischen ihnen. Die Magie in seinem Inneren geriet in Wallung und erhob sich, um zuzuschlagen.

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