Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
kontrollieren. »Ohne Ordnung, ohne Beschränkung, ohne —«
»Sie hat ihre eigene Ordnung«, erklärte er, »und ihre eigene Form und Schönheit. Sie ist nicht eingeschlossen in Glas, aber sie ist auch kein wildes Chaos. Wir können sie einsetzen, Comtesse. Wir können sie gegen unsere Feinde richten.«
»Können wir das? Können wir das wagen?«
Er sah ihr in die Augen. »Schaut in Euer Inneres.«
Ihre Augen schlossen sich. Sie erschauerte.
Er versuchte zu verstehen, wie sie sich fühlen musste, da ihre Welt in Stücke brach. Es war nie seine Welt gewesen; er hatte wenig darüber gewusst, bevor er zu den Rittern geflohen war. Der Schmerz, den er fühlte, war sein persönlicher Schmerz und galt Menschen, die er gekannt hatte, galt einem Traum, den er gehabt hatte, und einer Tat, die er ausgeführt hatte und die ihn sein Leben lang verfolgen würde.
Für sie war es nicht viel anders. Er nahm ihre Hände und presste sie auf sein Herz, ließ sie spüren, wie es schlug — stark und regelmäßig. Das war das Leben. Es gab keine klarere Ordnung und keine größere Magie.
Sie erschauerte erneut und blickte ihm wieder ins Gesicht. Was auch immer sie dort sah, ließ sie aufhören zu zittern. Ihre Hände waren eiskalt gewesen, jetzt wurden sie warm unter seinem Griff.
Er hörte, wie sie leise nach Luft schnappte, dann zog sie ihre Hände zurück. Er ließ es zu, obwohl es ihm schwerfiel. Um sie herum begann das Lager zu erwachen und sich für den Ritt bereit zu machen.
Die Morgendämmerung nahte. Der Wind hatte von West nach Ost gedreht und schmeckte leicht nach Regen.
Sie ritten am Rand der Sümpfe entlang und folgten dem Weg, der in eine hügelige Heide führte. Im Norden und Osten wurde sie von einer kargen Bergkette begrenzt. Im Westen erstreckte sich ein trübes Land, das beim aufsteigenden Licht im Dunst verschwamm.
Hier gab es nichts Grünes. Gereint hatte gehört, dass das Gras auf Schlachtfeldern besonders gut wuchs, genährt von dem Blut und den Knochen der Toten. Blut war hier vergossen worden, in Strömen war es geflossen, und die niedrigen Erdhügel am westlichen Rand kündeten von zahllosen Leichen, die hier begraben wurden. Aber widerstreitende Magie hatte das Land derart zugerichtet, dass nichts mehr darauf wachsen konnte. Die Erde war nackt, kahl und steinig. Staub sammelte sich in den Kuhlen wie schmutziger Schnee. Einige der Toten waren noch hier, wanderten selbst im hellen Tageslicht verloren umher. Und dennoch konnte Gereint keine Vision der Schlange oder des Jungen Gottes sehen, der sie zerstört hatte. All das war unter die Oberfläche gesunken, begraben, wie auf dem Grund eines tiefen Meeres. Der Vormarsch der Ritter verlangsamte sich.
Eine Armee stand in Reihen und erwartete sie. Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne wurden von Helmen und Speerspitzen reflektiert. Sie trugen nicht die Farben von Lys, das unschuldige Blau des Himmels und das klare Silber. Ihre Rüstung war schwarz, mit einem leichten Schimmer, wie ein Ölfilm auf dem Wasser. Es erinnerte an die Schuppen, die Gereint auf Herzog Uriens Bettdecke gesehen hatte. Ihre Schilde waren aus demselben dunklen Metall. Geziert wurde es vom Bild einer drohend aufgerichteten, kampfbereiten Schlange.
»Die Karten liegen auf dem Tisch«, sagte Mauritius. »Die Wahrheit ist ans Licht gekommen, und nur wir sind da, um ihr ins Auge zu sehen.« Er lächelte. Die meisten taten es ihm gleich. Sie waren Ritter der Rose; sie waren dazu geboren, mit der Schlange zu kämpfen.
Hier, auf dem uralten Schlachtfeld, wo ihr Orden seinen Anfang genommen hatte und wo er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sein Ende finden würde. Aber es würde ein mutiges Ende sein.
Schlachten verliefen normalerweise nach einer bestimmten Ordnung, die an die festgelegten Schritte eines Tanzes erinnerte. Zunächst wählten die Armeen ihr Feld. Dann sammelten sie sich dort und forderten sich von Angesicht zu Angesicht gegenseitig zum Kampf heraus. Oft führten diese Herausforderungen zu Verhandlungen und manchmal zur Aufgabe einer Seite; dann gab es kein Blutvergießen und auch keine Schlacht. Oder ein Krieger trat vor und forderte einen der Gegner zum Zweikampf, und wer von beiden gewann, gewann für seine ganze Armee.
Nun trat kein Herold aus den Reihen des Feindes hervor, obwohl ein Knappe und eine Hand voll Novizen auf das Feld geritten waren und warteten. Sie trugen ein schwarzes Banner mit einer silbernen Rose, das im Wind hin und her wehte.
Daran
Weitere Kostenlose Bücher