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Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Titel: Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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Schönheit und Fortpflanzung betraf. Zweifellos würde seine Magie ebenfalls angemessen sein.
    Diese Dinge, die er ihr gezeigt hatte, waren alles andere als angemessen. Sie wünschte, sie könnte glauben, dass er die Absicht hatte, sie zu schockieren und zur Flucht in die Sicherheit ihrer Gemächer zu veranlassen. Aber es war nichts dergleichen gewesen. Er wollte sie sehen lassen, was er sah: die Schönheit und nicht die Sünde.
    Sie erkannte sie tatsächlich. Es war mehr, als wozu sie bereit war. Esteban schien sie zu verstehen. Er versuchte nicht, sie vom Durchschreiten der Tür und der Rückkehr in ihre Gemächer abzuhalten. Er folgte ihr bis sie ihre Wachen erreicht hatte, dann ließ er sie in Ruhe.
    Einerseits war Averil darüber erleichtert, andererseits stellte sie mit gewissem Entsetzen fest, dass sie es bedauerte. Er war ein erstaunlich angenehmer Gesellschafter, trotz all ihres Argwohns, was seine Treuepflicht anbelangte. In dieser Nacht träumte Averil zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Lutece von Gereint. Er war schwarz gekleidet wie der Ritter, der er erst in einigen Jahren sein würde. Seine Arme waren fest vor der Brust verschränkt, und seine Gesichtszüge waren hart und entschlossen.
    Sie hatte ihn noch nie so ernst gesehen. Sein Gesicht, wie sie es in Erinnerung hatte, war noch unfertig, ein Jungengesicht, weder gut aussehend noch hässlich — es war einfach so, wie es war. Meist spiegelte sich ein Anflug von Verwirrung darin: eine feine Linie zwischen den Brauen, wenn er versuchte, die Rätsel der Welt zu entschlüsseln.
    Sie sah den Mann, der er einmal sein würde. Wenn sie einen Fels zum Anlehnen wollte, würde sein Körper gut dazu taugen und zu einigem mehr. Wenn sie einen Willen brauchte, der ihrem eigenen ebenbürtig war, so hatte er ihn, und jetzt richtete er sich gegen sie. Wie üblich, wenn sie voneinander träumten, befanden sie sich auch in diesem Traum an einer hoch gelegenen Stelle: Soweit sie es erkennen konnte, war es einer der Türme des Königspalastes. Hinter Gereints Kopf konnte sie den Schatten der Kathedrale der Heiligen Mutter ausmachen, der sich schwarz vor dem Sternenhimmel abzeichnete. Er bückte nach unten durch ein Fenster im Steinboden, ein Rechteck aus Glas, durch das goldenes Licht auf sein Gesicht schien.
    Darunter lag ein Zimmer, ein Gemach wie es viele im Schloss gab: weder klein noch groß und mit Tapisserien an den Wänden, Teppichen auf dem Boden und Brokatvorhängen, die ein hohes, mit Schnitzwerk verziertes Bett halb verdeckten. Der Mann, der darin lag, war nackt, und er war nicht allein. Averil nahm die Frau kaum wahr. Das Gesicht des Mannes kannte sie allzu gut. Es war so kühl wie immer, mit weit auseinander stehenden dunklen Augen und sorgfältig gestutztem Bart.
    Mit Bedacht nahm sie den Rest seines Körpers in Augenschein. Er war so schlank wie ein edles Rennpferd mit langen muskulösen Armen und Beinen und breiten Schultern, die sich weiter unten zu schmalen Hüften verjüngten. Seine Haut war feinporig, und ihre Farbe erinnerte an dunkles Olivenholz mit weichem Flaum aus samtigen schwarzen Härchen. Und es war nicht zu übersehen, dass er durchaus in der Lage war, eine Frau zufriedenzustellen. Sie warf einen Blick auf Gereint. Er mochte klotzig und grobschlächtig wirken: ein vaterloser Bauernsohn, der weder mit Anmut noch mit Vornehmheit gesegnet war. Aber das angesehenste Wesen in jedem Königreich war der schwere Schlachthengst, der einen Ritter in die Schlacht trug; er war von weitaus größerem Wert als ein ganzer Stall von edlen Rennpferden.
    Gereint blickte finster auf den Mann im Bett hinunter. »Ich mag ihn nicht«, sagte er. »Und ich traue ihm nicht. Vielleicht ist er nicht ein Mann des Königs, aber er gehört zur Schlange. Es steht ihm im Gesicht geschrieben.« »Würdest du irgendeinen Mann mögen, der mein Ehemann werden könnte?« Sie wollte ihn damit provozieren, doch er schien nur ein wenig ungehalten. »Natürlich nicht. Aber das hat hiermit nichts zu tun. Seht Ihr denn nicht, wie er ist?«
    »Klar und deutlich.«
    »Würdet Ihr ihn dennoch heiraten? Obwohl Ihr wisst, wen er anbetet?« »Ich muss heiraten«, sagte sie.
    Es war nicht das, was sie sagen wollte. Es war ihr herausgerutscht, bevor ihr etwas Vernünftigeres in den Sinn kam; dann war es zu spät, um die Worte zu ändern.
    »Aber müsst Ihr ausgerechnet ihn heiraten?«
    »Nein«, sagte sie. »Aber ich werde es vielleicht. Er macht mir keine Angst, obwohl ich weiß, was er

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