Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
einziges Durcheinander«, sagte sie mit einem Anflug von Zorn. »Am Ende sah ich dann Teufel mit vertrauten Gesichtern und Schlangenschuppen, die wie Blätter herunterfielen. Da war eine Besondere, die sie finden wollten. Du hast mich geweckt, bevor sie sie fanden.«
»Ich habe Euch geweckt, bevor Ihr verschwunden seid.« Er zitterte, wirkte jedoch eher zornig als verängstigt. »Was auch immer dieser Traum war oder sein sollte, er war dabei, Euch zu verschlucken.«
»Aber warum? Es gibt keinen Grund. Es war ein Traum, das ist alles, und nicht einmal ein hellseherischer. Ich dachte an all diese Dinge und sie haben sich ineinander verschlungen, bis mein Geist sie im Traum hinausschleuderte.«
»Da war etwas«, sagte Gereint. »Etwas, das mehr bedeutet, als wir wissen. Zeigt es mir, Comtesse. Gebt mir den Traum.«
Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr Blick verschwamm. »Nein! Wenn er mich um ein Haar verschluckt hätte, was würde er dann mit dir machen?« »Ich bin gewarnt, und Ihr seid hier. Lasst mich einfach sehen.«
Sie wollte nicht, aber er war ihr zu nah und zu verdammt unwiderstehlich. Der Traum war noch da und verfolgte sie. Als er sich ihm öffnete, strömte er in ihn hinein.
Sie hielt seine Hände fest, für den Fall, dass er verschwand. Aber er blieb wie er war, breitschultrig und massiv. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er die verwirrenden Bilder, die er von ihr bekommen hatte.
»Siehst du?«, sagte sie. »Es ist ein ganz gewöhnlicher Traum. Den Rest musst du dir eingebildet haben. Bist du auch eingenickt?«
Er hörte ihr nicht zu. Seine Brauen waren zusammengezogen, seine Augen glichen grauem Glas. Sie sah, wie der Schuppenregen und der Ziegenfüßige sich darin spiegelten.
Alle Schuppen waren genau gleich, bis auf eine. Sie konnte sie eher fühlen als sehen, eine Scherbe aus Glas in einem Durcheinander aus grauem Eisen. Sie öffnete sich wie ein Auge und fixierte sie.
Sie kannte Averil. Sie hatte jedes Wort gehört, das sie in diesem Raum gesprochen hatten. Wenn es Esteban war, mussten sie Verrat fürchten. Wenn es der König war oder, was noch schlimmer wäre, Gamelin, dann wandelten sie auf weitaus gefährlicheren Pfaden. Sie riss sämtliche Schutzwände und Schilde weg, die sie hatte. Vielleicht bildete sie es sich nur ein, aber sie hörte einen Schmerzensschrei und fühlte, wie die unwillkommene Präsenz von ihr abfiel.
Gott wusste, was das bewirken würde. Gereint, der geistesgegenwärtiger und skrupelloser war, sprang hinterher, aber der Spion war fort. Seine vage Spur war schnell verschwunden, ohne etwas zu hinterlassen.
Gereint zog sich enttäuscht zurück. Averil saß innerhalb des Kreises ihrer Schutzzauber mit einem Gefühl der Kälte in ihrem Inneren und der erschreckenden Gewissheit, dass sie Zerstörung über sie alle gebracht hatte. Jemand hatte sie mit einem Bann belegt; die übereilte Flucht, der Sturm und der Schiffsuntergang hatten ihr keine Zeit gelassen, nach so etwas zu suchen. Es musste Esteban sein: Warum hätte er sonst in ihrem Traum erscheinen sollen? Gerissen, wie er war, hatte er genau auf das spekuliert, was geschehen war. Er hatte ihr erlaubt zu fliehen, wohl wissend, dass er ihr folgen konnte, wohin auch immer sie sich wendete. Er wusste, was sie wusste, wo sie war und mit wem — alles, all ihre Geheimnisse, bis zum letzten.
Die Last der Verzweiflung drückte sie zu Boden. Gereint packte sie an ihren Schultern und zog sie derart grob in eine aufrechte Position, dass sie wütend wurde.
Ihr Zorn vertrieb ihre Trostlosigkeit, so wie es seine Absicht gewesen war. Und das machte sie noch wütender. Zur Hölle mit diesen arroganten Männern, allesamt Wichtigtuer und obendrein gefährlich.
Im Gegensatz zu ihren Feinden war Gereint ganz in ihrer Nähe. Sie nahm ihn ins Visier.
Seine Schutzschilde waren errichtet, beeindruckend konzentriert und gut ausgebildet, wie es sich für einen Knappen gehörte.
Selbst in diesem Moment musste sie sich vor seinen Kenntnissen verneigen. Er erwiderte die Verbeugung, wenn auch mit Argwohn. Seine Schutzzauber hielten Stand.
Die Wut war noch in ihr, richtete sich jedoch nicht länger gegen ihn. »Hilf mir«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Diese Art von Jagd erledigt man besser mit kühlem Kopf.«
»So viel Zeit haben wir vielleicht nicht«, sagte sie.
»Ein bisschen Zeit bleibt uns schon«, sagte Peredur.
Sie hatte vergessen, dass noch jemand außer ihnen im Raum war. Sie hatte nichts weiter
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