Das Magische Messer
Projekt weitergeht, oder nicht?«
»Das war kein Angebot«, sagte sie wütend, »das war ein Ultimatum. Tu, was ich sage, oder mach den Laden dicht. Um Gottes willen, Oliver, diese kaum verhüllten Drohungen und Anspielungen auf die nationale Sicherheit und so weiter – siehst du nicht, wohin das führen würde?«
»Besser als du, glaube ich. Wenn du ablehnst, machen sie den Laden hier nicht dicht, sondern übernehmen ihn. Wenn sie so interessiert sind, wie er sagt, werden sie weitermachen. Aber nur zu ihren Bedingungen.«
»Aber ihre Bedingungen wären … was heißt hier denn Verteidigung, um Gottes willen – sie suchen nach neuen Mitteln, wie sie Leute umbringen können. Und du hast gehört, was er zum Bewusstsein gesagt hat: Er will es manipulieren. Damit will ich nichts zu tun haben, Oliver, nichts.«
»Aber sie werden es trotzdem tun, und du bist deine Stelle los. Wenn du bleibst, kannst du vielleicht beeinflussen, in welche Richtung geforscht wird. Und du würdest ja die Forschungsarbeit tun! Du wärst noch dabei!«
»Dir kann das doch sowieso egal sein«, sagte sie. »Ich dachte, das mit Genf sei schon fest.«
Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Nein, nicht fest. Unterschrieben ist noch nichts. Aber in Genf wäre es ein ganz anderes Thema, und es würde mir Leid tun, hier aufzuhören, jetzt, wo ich glaube, dass wir wirklich einer wichtigen Sache auf der Spur sind …«
»Was willst du eigentlich sagen?«
»Ich sage nicht –«
»Du machst lauter Anspielungen. Worauf willst du hinaus?«
»Also …« Er ging im Labor auf und ab, breitete die Hände aus, hob die Schultern, schüttelte den Kopf und sagte schließlich: »Also, wenn du ihn nicht anrufst, tue ich es.«
Sie schwieg. Dann sagte sie: »Ich verstehe.«
»Mary, ich muss daran denken, was ich –«
»Natürlich musst du das.«
»Nein, nicht das –«
»Nein.«
»Du verstehst mich nicht –«
»Doch, ich verstehe dich. Es ist doch ganz einfach. Du versprichst zu tun, was er sagt, du bekommst das Geld, ich gehe, du wirst Direktor. Das ist nicht schwer zu verstehen. Du hast ein größeres Budget, viele schöne neue Geräte und ein halbes Dutzend mehr Doktoranden unter dir. Schöne Sache. Tu’s, Oliver, nur zu. Für mich ist das nichts, ich gehe. Das Ganze stinkt zum Himmel.«
»Du hast keine …«
Doch ihr Gesicht ließ ihn verstummen. Sie zog ihren weißen Mantel aus, hängte ihn an die Tür, steckte einige Unter lagen in eine Tasche und ging grußlos. Sobald sie gegangen war, zog er Sir Charles’ Karte heraus und nahm den Hörer ab.
Einige Stunden später, kurz vor Mitternacht, parkte Dr. Malone vor dem Institut und betrat es durch den Nebeneingang. Doch als sie gerade die Treppe hinaufgehen wollte, kam aus einem anderen Gang ein Mann. Sie erschrak so sehr, dass sie fast ihre Mappe hätte fallen lassen. Der Mann trug Uniform.
»Wohin wollen Sie?«, fragte er.
Breitbeinig versperrte er ihr den Weg. Seine Augen waren unter dem tiefen Schirm seiner Mütze kaum zu sehen.
»Ich will in mein Labor«, sagte sie verärgert und ein wenig ängstlich. »Ich arbeite hier. Wer sind Sie überhaupt?«
»Sicherheitsdienst. Können Sie sich ausweisen?«
»Was für ein Sicherheitsdienst? Als ich dieses Gebäude heute Nachmittag um drei verlassen habe, war nur der Pförtner da, wie sonst auch. Ich sollte Sie fragen, ob Sie sich aus weisen können. Wer hat Sie geschickt? Und warum?«
»Hier ist mein Ausweis«, sagte der Mann und streckte ihr kurz einen Ausweis hin, zu kurz, um ihn lesen zu können. »Und Ihrer?«
Sie bemerkte, dass er in einem Halfter an der Hüfte ein Mobiltelefon trug. Oder war es eine Pistole? Nein, wirklich, sie litt an Verfolgungswahn. Aber er hatte ihre Fragen nicht beantwortet. Wenn sie allerdings darauf beharrte, würde sie ihn nur misstrauisch machen, und das Wichtigste war jetzt, ins Labor zu kommen. Sie musste ihn wie einen Hund besänftigen. Sie fummelte also in ihrer Tasche und fand ihre Brieftasche.
»Reicht das?« Sie zeigte ihm die Karte, mit der sie die Schranke des Parkplatzes öffnete.
Er warf einen kurzen Blick darauf.
»Was machen Sie hier so spät?«
»Ich führe ein Experiment durch und muss es in regelmäßigen Abständen am Computer überprüfen.«
Er schien nach einem Grund zu suchen, ihr den Zutritt zu verweigern, oder vielleicht wollte er sie auch nur seine Macht spüren lassen. Schließlich nickte er und trat zur Seite. Sie ging lächelnd an ihm vorbei, doch sein Gesicht
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