Das Magische Messer
Finger und dann noch einen. Was weißt du über das Kind? Sag es mir.«
»Also gut! Bitte aufhören, bitte!«
»Dann antworte.«
Ein weiteres hässliches Knacken war zu hören, und dies mal brach die Hexe in hemmungsloses Schluchzen aus. Serafina Pekkala konnte sich kaum beherrschen. Und dann schrie die Hexe mit sich überschlagender Stimme: »Nein, nein! Ich sage es ja! Bitte aufhören! Das verheißene Kind … Die Hexen wussten vor euch, wer das Mädchen war … Wir fanden ihren Namen heraus …«
»Wir kennen ihren Namen. Was meinst du damit?«
»Ihren wahren Namen! Den Namen ihrer Bestimmung!«
»Und wie lautet er?«, fragte Mrs. Coulter. »Los, sag es mir!«
»Nein … nein …«
»Woher wissen die Hexen ihn überhaupt?«
»Es gab eine Prüfung … Wenn sie in der Lage sein würde, unter vielen Zweigen einen bestimmten Zweig aus Wolkenkiefer herauszufinden, würde sie das verheißene Kind sein, und so geschah es im Haus unseres Konsuls in Trollesund, als das Kind mit den gyptischen Männern kam … das Kind mit dem Bären …«
Sie verstummte.
Mrs. Coulter machte einen ungeduldigen Ausruf, und dann ertönte wieder das Knacken, gefolgt von Stöhnen.
»Aber wie lautet eure Prophezeiung zu diesem Kind?«, sagte Mrs. Coulter mit vor Leidenschaft zitternder Stimme. »Und wie lautet der Name, der uns sein Schicksal verrät?«
Serafina Pekkala trat näher heran, immer noch unbemerkt, obwohl sie jetzt mitten unter den Männern stand. Sie musste die Leiden dieser Hexe beenden und zwar bald, doch die Anstrengung, ungesehen zu bleiben, kostete sie alle Kraft. Sie zittert, als sie das Messer aus ihrem Gürtel zog.
Die Hexe schluchzte jetzt. »Sie ist die, die schon einmal da war, und seit damals hasst und fürchtet ihr sie! Jetzt ist sie wie der da, und ihr könnt sie nicht finden … Sie war auch auf Svalbard – sie war bei Lord Asriel, und ihr habt sie verloren. Sie entkam und wird –«
Doch bevor sie zu Ende sprechen konnte, wurde sie unterbrochen.
Durch die offene Tür kam in höchster Aufregung eine Seeschwalbe hereingeflogen. Mit gebrochenen Flügeln schlug sie auf den Boden, mühte sich wieder hoch und landete auf dem Schoß der gefolterten Hexe, drückte sich an sie, liebkoste sie mit dem Schnabel, zwitscherte und schluchzte, und die Hexe rief in höchster Erregung: »Yambe-Akka! Komm zu mir, komm zu mir!«
Nur Serafina Pekkala verstand sie. Yambe-Akka war die Göttin, die zu den Hexen kam, die im Sterben lagen.
Und Serafina war bereit. Im nächsten Augenblick wurde sie sichtbar, trat glücklich lächelnd vor, denn Yambe-Akka war fröhlich und heiter, und ihre Besuche waren Geschenke der Freude. Die Hexe sah sie und wandte ihr das tränenüber strömte Gesicht zu, und Serafina beugte sich über sie und küsste sie und ließ das Messer sanft in das Herz der Hexe gleiten. Die Seeschwalbe, der Dæmon der Hexe, blickte mit trüben Augen auf und verschwand.
Doch jetzt musste Serafina Pekkala sich den Weg nach draußen erkämpfen.
Die Männer waren noch immer wie versteinert und konnten nicht fassen, was sie sahen, nur Mrs. Coulter hatte sich sofort wieder unter Kontrolle.
»Haltet sie fest!«, schrie sie, »lasst sie nicht entkommen!« Aber da war Serafina schon aus der Tür und ein Pfeil lag auf der Sehne ihres Bogens. Sie hob den Bogen, der Pfeil schnellte von der Sehne, und der Kardinal fiel würgend und um sich schlagend zu Boden.
Den Gang entlang, zur Treppe, umdrehen, Bogen spannen, loslassen, und wieder fiel einer der Männer zu Boden. Das laute Schrillen einer Klingel erfüllte das Schiff.
Die Treppe hoch, auf das Deck hinaus. Zwei Matrosen stellten sich ihr in den Weg und sie sagte: »Dort unten! Die Gefangene hat sich losgerissen! Holt Hilfe!«
Verblüfft und unentschlossen blieben die Matrosen stehen, und das reichte Serafina, um an ihnen vorbeizulaufen und den Wolkenkiefernzweig an sich zu reißen, den sie hinter dem Lüftungsschacht versteckt hatte.
»Erschießt sie!«, hörte sie Mrs. Coulter hinter sich schreien, und sofort knallten drei Gewehre. Kugeln schlugen klirrend auf Metall und verschwanden pfeifend im Nebel, als Serafina auf ihren Zweig sprang und ihn wie einen ihrer Pfeile nach oben riss. Im nächsten Moment war sie in der Luft, eingehüllt in dicke Nebelschwaden, und in Sicherheit. Aus den grauen Wirbeln um sie tauchte die Gestalt einer großen Gans auf.
»Wohin?«, fragte sie.
»Weg, Kaisa«, sagte Serafina, »weg. Ich muss den Gestank dieser Leute aus der
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