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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Hand.
    »Fragen Sie doch Dr. Malone«, sagte sie artig. »So einfach ist das. Fragen Sie sie, sie wird es Ihnen schon sagen.«
    Der Pförtner wandte sich dem Telefon zu, und Lyra verfolgte mitleidig, wie er die Knöpfe drückte und in den Hörer sprach. Er hatte nicht einmal eine richtige Pförtnerloge, in der er sitzen konnte, wie in einem echten Oxforder College, sondern nur eine hölzerne Theke, als sei das ein Laden.
    »Also gut«, sagte er und drehte sich wieder um. »Sie sagt, du kannst raufkommen. Geh aber nicht woanders hin.«
    »Nein«, sagte sie folgsam wie ein braves Mädchen.
    Am oberen Ende der Treppe erwartete sie allerdings eine Überraschung, denn gerade als sie an einer Tür vorbeigehen wollte, auf der Frauen stand, öffnete sich diese und Dr. Malone winkte sie stumm herein.
    Lyra trat verblüfft ein. Das war nicht das Labor, sondern die Toilette, und Dr. Malone war aufgeregt.
    »Lyra«, sagte sie, »im Labor sind Leute – Polizisten oder so – sie wissen, dass du mich gestern besucht hast – ich weiß nicht, hinter was sie her sind, aber es gefällt mir nicht – was geht hier vor?«
    »Woher wissen die, dass ich Sie besucht habe?«
    »Keine Ahnung! Sie wussten nicht, wie du heißt, aber mir war klar, wen sie meinten –«
    »Hm, ich kann sie ja anlügen. Das ist leicht.«
    »Aber was um alles in der Welt passiert hier?«
    Vom Gang draußen kam die Stimme einer Frau: »Dr. Malone? Haben sie das Kind gesehen?«
    »Ja«, sagte Dr. Malone. »Ich zeige ihr gerade, wo die Toilette ist …«
    Dr. Malone hatte doch nichts zu befürchten, dachte Lyra, aber vielleicht war sie ja Gefahren nicht gewohnt.
    Die Frau auf dem Gang war jung und sehr modisch angezogen, und als Lyra herauskam, versuchte sie ein Lächeln, doch ihre Augen sahen Lyra kalt und misstrauisch an.
    »Guten Tag«, sagte sie. »Du bist Lyra, ja?«
    »Stimmt. Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Sergeant Clifford. Geh bitte hier rein.«
    Lyra fand es ziemlich frech von der jungen Frau, so zu tun, als sei das ihr Labor, aber sie nickte nur gehorsam. In diesem Augenblick verspürte sie zum ersten Mal einen Anflug von Bedauern. Sie wusste, dass sie nicht hier sein sollte, und sie wusste, was das Alethiometer ihr aufgetragen hatte – etwas anderes als das hier. Zögernd blieb sie in der Tür stehen.
    Im Zimmer stand ein großer, kräftiger Mann mit weißen Augenbrauen. Lyra wusste, wie Wissenschaftler aussahen, und diese beiden waren jedenfalls keine.
    »Hier herein, Lyra«, sagte Sergeant Clifford noch ein  mal. »Du brauchst keine Angst zu haben. Das ist Inspektor Walters.«
    »Guten Tag, Lyra«, sagte der Mann. »Dr. Malone hat mir alles über dich erzählt. Ich würde dich gern kennen lernen und dir ein paar Fragen stellen, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Was für Fragen denn?«, fragte Lyra.
    »Nichts Schwieriges.« Er lächelte. »Komm her und setz dich, Lyra.«
    Er schob ihr einen Stuhl hin und Lyra setzte sich vorsichtig. Sie hörte, wie hinter ihr die Tür zugemacht wurde. Dr. Malone stand neben ihr. Pantalaimon, in Gestalt einer Grille in Lyras Brusttasche, war sehr aufgeregt. Sie spürte ihn an ihrer Brust und hoffte, dass man sein Zittern nicht sah. In Gedanken ermahnte sie ihn, sich ruhig zu verhalten.
    »Wo kommst du her, Lyra?«, fragte Inspektor Walters.
    Wenn sie Oxford sagte, konnten die das leicht nachprüfen. Andererseits konnte sie auch nicht sagen, aus einer anderen Welt; diese Leute waren gefährlich, sie würden sofort mehr wissen wollen. Da fiel ihr der einzige andere Name ein, den sie von dieser Welt kannte, die Stadt, aus der Will stammte.
    »Aus Winchester«, sagte sie.
    »Man hat dich ja ganz schön zugerichtet, Lyra«, sagte der Inspektor. »Woher hast du denn die ganzen blauen Flecke? Auf deiner Wange ist einer, auf deinem Bein – hat dich je  mand verprügelt?«
    »Nein«, sagte Lyra.
    »Gehst du zur Schule, Lyra?«
    »Ja. Manchmal«, fügte sie hinzu.
    »Musst du heute nicht in der Schule sein?«
    Sie sagte nichts, denn ihr war überhaupt nicht mehr wohl in ihrer Haut. Sie sah Dr. Malone an, die angespannt und unglücklich aussah.
    »Ich wollte nur Dr. Malone besuchen«, sagte sie.
    »Übernachtest du in Oxford, Lyra? Wo denn?«
    »Bei Leuten«, sagte sie, »Freunden.«
    »Wo wohnen sie?«
    »Ich weiß nicht genau, wie die Straße heißt. Ich würde es leicht finden, aber den Namen der Straße habe ich vergessen.«
    »Wer sind diese Leute?«
    »Freunde meines Vaters.«
    »Ach so, verstehe. Woher kennst du Dr.

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