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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Deutlich sahen sie jetzt vor sich am anderen Ende des glatten Rasens die mit wildem Wein überwachsene Seite des Hauses mit dem Fenster des Arbeitszimmers.
    »Ich schneide hier ein Fenster nach Ci’gazze und lasse es offen«, sagte Will leise. »Dann gehe ich in Ci’gazze an die Stelle, wo ich glaube, dass das Arbeitszimmer ist, und schneide ein Fenster in diese Welt zurück. Ich hole das Alethiometer aus der Vitrine, schließe das zweite Fenster und komme zu diesem hier zurück. Du bleibst in dieser Welt und hältst Wache. Sobald du mich rufen hörst, kommst du durch dieses Fenster nach Ci’gazze, und dann mache ich es wieder zu. Einverstanden?«
    »Ja«, flüsterte Lyra. »Ich passe zusammen mit Pan auf.«
    Ihr Dæmon war ein kleiner Waldkauz, nahezu unsichtbar im gesprenkelten Schatten der Bäume. Seinen runden, hellen Augen entging keine Bewegung.
    Will hielt das Messer vor sich, tastete mit vorsichtigen, suchenden Bewegungen durch die Luft, bis er wenige Augen  blicke später einen Punkt gefunden hatte, an dem er schnei  den konnte. Er tat es schnell, öffnete ein Fenster auf die mondbeschienene Parklandschaft von Ci’gazze und trat dann zurück, um abzuschätzen, wie viele Schritte er in dieser Welt bis zum Arbeitszimmer brauchen würde, und sich die Richtung einzuprägen.
    Dann trat er ohne ein weiteres Wort hindurch und verschwand.
    Lyra hockte sich neben dem Fenster hin. Pantalaimon saß auf einem Ast über ihrem Kopf und sah stumm in verschiedene Richtungen. Hinter sich hörte sie den Verkehr von Heading  ton, am anderen Ende der Nebenstraße die ruhigen Schritte eines Spaziergängers und in den Zweigen und Blättern an ihren Füßen sogar die schwerelosen Bewegungen der Insekten.
    Eine Minute verstrich, dann noch eine. Wo war Will jetzt? Sie versuchte durch das Fenster des Arbeitszimmers zu spähen, sah aber nur eine dunkle, durch eine Mittelsprosse geteilte Scheibe, über die der wilde Wein hing. Erst an diesem Morgen hatte Sir Charles auf dem Platz am Fenster gesessen, die Beine übereinandergeschlagen und sorgfältig seine Bügel  falten zurechtgezogen. Wo war der Glasschrank vom Fenster aus gesehen? Würde Will es schaffen, unbemerkt ins Haus zu gelangen? Jetzt konnte Lyra auch ihr Herz pochen hören.
    Pantalaimon machte ein leises Geräusch, und im selben Moment kam ein anderes Geräusch von der Vorderseite des Hauses links von Lyra. Sie konnte diese Seite nicht sehen, aber sie sah Lichter durch die Bäume gleiten und hörte das tiefe Knirschen von Reifen, die über Kies fuhren. Den Motor des Autos hatte sie gar nicht gehört.
    Sie sah zu Pantalaimon auf, doch war dieser bereits lautlos in die Nacht geglitten, so weit, wie er sich von ihr entfernen konnte. Dann kehrte er zurück und ließ sich auf ihrer Faust nieder.
    »Sir Charles kommt zurück«, flüsterte er, »mit noch einer anderen Person.«
    Er flog wieder auf, und Lyra folgte ihm auf Zehenspitzen und mit größtmöglicher Vorsicht über die weiche Erde, hinter die Büsche geduckt und zuletzt auf Händen und Knien. Dann lugte sie zwischen den Blättern eines Rhododendrons hin  durch.
    Vor dem Haus stand der Rolls-Royce, und der Fahrer ging gerade um den Wagen, um die Beifahrertür zu öffnen. Sir Charles, der lächelnd daneben stand, bot der Frau, die aus  stieg, seinen Arm an, und als sie in Sicht kam, erschrak Lyra so heftig wie seit ihrer Flucht aus Bolvangar nicht mehr: Sir Charles’ Gast war ihre Mutter, Mrs. Coulter.
     
     
    Sorgfältig seine Schritte zählend, ging Will langsam über das mondbeschienene Gras in Cittàgazze und versuchte sich, so gut er konnte, die Lage des Arbeitszimmers in Bezug auf die säulenverzierte, weiße Stuckvilla zu vergegenwärtigen. Er spürte mit leisem Unbehagen, dass er auf dem mondlichtgetränkten Rasen von überall gesehen werden konnte.
    Als er glaubte, an der richtigen Stelle zu stehen, hielt er an, streckte das Messer aus und tastete vorsichtig. Die kleinen, unsichtbaren Spalten waren zwar an allen möglichen Stellen, aber nicht überall, sonst hätte jede Bewegung des Messers ein Fenster geöffnet.
    Er schnitt zuerst nur eine kleine Öffnung aus, nicht größer als seine Hand, und sah hindurch. Auf der anderen Seite war es dunkel, und er konnte nicht erkennen, wo er war. Er schloss das Fenster wieder, drehte sich um neunzig Grad und öffnete ein anderes. Diesmal sah er vor sich Stoff – den schweren, grünen Samt der Vorhänge des Arbeitszimmers. Aber wo waren sie im Verhältnis zu dem

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