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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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lösten die Bande und ließen damit die Gespenster herein.«
    »Wo kommen die Gespenster her?«, fragte Will. »Und warum stand das Fenster unter den Bäumen offen, durch das wir kamen? Gibt es auf der Welt noch andere Fenster?«
    »Wo die Gespenster herkommen ist ein Geheimnis. Aus einer anderen Welt, aus dem Dunkel des Alls, wer weiß? Ent  scheidend ist: Sie sind hier und sie haben uns vernichtet. Ob es noch andere Fenster in unsere Welt gibt? Ja, einige, denn manchmal ist ein Messerträger nachlässig oder vergesslich und macht ein Fenster nicht ordentlich zu. Das Fenster unter den Buchen, durch das ihr gekommen seid … das habe ich selbst offen gelassen, in einem unverzeihlichen Moment der Dummheit. Es gibt einen Mann, vor dem ich Angst habe, und ich glaubte, ich könnte ihn durch das Fenster hierher in die Stadt locken, wo er den Gespenstern zum Opfer gefallen wäre. Aber ich glaube, er hat die List durchschaut. Er will das Messer. Gib es ihm nie.«
    Will und Lyra sahen einander an.
    »Tja«, sagte der Alte und breitete die Hände aus, »so kann ich dir nur das Messer geben, dir zeigen, wie du es verwenden musst, was ich getan habe, und dir die Regeln der Zunft mit  teilen, wie sie vor deren Verfall gültig waren. Erstens: Öffne nie ein Fenster, ohne es danach wieder zu schließen. Zweitens: Lass niemand anders das Messer benutzen; es gehört nur dir. Drittens: Verwende es nie in niedriger Absicht. Viertens: Halte es geheim. Wenn es noch andere Regeln gibt, habe ich sie vergessen, und wenn ich sie vergessen habe, dann deshalb, weil sie nicht wichtig waren. Du hast das Messer, du bist sein Träger. Eigentlich solltest du kein Kind sein, aber unsere Welt löst sich auf, und du trägst unmissverständlich das Zeichen des Trägers, auch wenn ich nicht einmal weiß, wie du heißt. Jetzt geht. Ich werde bald sterben, denn ich weiß, wo ich mir Gift beschaffen kann, und ich gedenke nicht zu warten, bis die Gespenster kommen, und sie werden kommen, sobald sie entdecken, dass das Messer weg ist. Geht.«
    »Aber, Mr. Paradisi –«, begann Lyra, doch er schüttelte den Kopf.
    »Es bleibt keine Zeit. Ihr seid zu einem bestimmten Zweck hergekommen, und vielleicht wisst ihr gar nicht, was dieser Zweck ist, aber die Engel, die euch hergebracht haben, wissen es. Geht. Du bist tapfer und deine Freundin ist klug. Und du hast das Messer. Geht.«
    »Sie wollen sich doch nicht wirklich vergiften?«, fragte Lyra unglücklich.
    »Komm«, sagte Will.
    »Und was haben Sie mit den Engeln gemeint?«, fragte Lyra weiter.
    Will fasste sie am Arm.
    »Komm«, sagte er. »Wir müssen gehen. Danke, Mr. Paradisi.«
    Er streckte seine blutverschmierte, verdreckte rechte Hand aus, und der Alte nahm sie vorsichtig. Er gab auch Lyra die Hand und nickte Pantalaimon zu, der als Antwort mit seinem Wieselkopf nickte.
    Das Messer in der Lederscheide in der Hand, ging Will die breite, dunkle Treppe voraus nach unten und zum Turm hinaus. Die Sonne schien heiß auf den kleinen Platz und es herrschte tiefe Stille. Lyra spähte mit äußerster Wachsamkeit in alle Richtungen, aber die Straße war leer. Es war sowieso besser, Will nicht zu sagen, was sie gesehen hatte; er würde sich nur Sorgen machen, und davon hatte er schon genug. Sie führte ihn von der Straße weg, in der sie die Kinder gesehen hatte und in der immer noch vollkommen bewegungslos der von den Gespenstern angefallene Tullio stand.
    »Ich wünschte –«, sagte Lyra, als sie den Platz schon fast verlassen hatten, und sie blieb stehen, um noch einmal zum Turm hinaufzusehen. »Es ist so schrecklich, daran zu denken … seine Zähne waren alle abgebrochen, und er konnte kaum aus den Augen sehen … Jetzt schluckt er Gift und stirbt, und ich wünschte …«
    Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    »Pst!«, sagte Will. »Es wird ihm nicht wehtun, er wird einfach einschlafen. Es sei besser als die Gespenster, hat er gesagt.«
    »Was machen wir denn jetzt, Will?«, fragte sie. »Was sollen wir tun? Du bist schlimm verletzt, und der alte Mann … ich hasse diesen Ort, wirklich, ich könnte ihn niederbrennen. Was machen wir jetzt?«
    »Das ist doch ganz einfach«, sagte er. »Wir brauchen das Alethiometer, also müssen wir es stehlen. Das machen wir jetzt.«

Der Diebstahl
     
     

    Zunächst kehrten sie zu dem Cafe zurück, um sich zu beruhigen, auszuruhen und die Kleider zu wechseln. Es war klar, dass Will in seinen blutigen Kleidern nirgends hingehen konnte, und sie hatten inzwischen

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