Das magische Portal - Weltennebel
er, aber wer sie wirklich ist, weiß ich trotz allem nicht.
Auch in Aramia tobten widerstrebende Gefühle. Hatte sie das Richtige getan, als sie Darian zum Stein geführt und ihm sein Schicksal verkündet hatte? Hätte sie nicht lieber zuerst Nordhalan suchen und klären müssen, was mit ihm geschehen war? Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, selbst durch das Portal zu reisen und Hilfe zu holen – aber dann hätte sie Darian allein lassen müssen, und gerade jetzt durfte sie dies nicht tun. Schließlich näherte sich der Tag, an dem er geweiht werden musste, und sollten sich seine Feinde in dieser Welt befinden, würden sie es nicht zulassen, dass er nach Hause zurückkehrte.
Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn dir etwas zustößt, dachte sie und betrachtete sein markantes, von der Sonne leicht gebräuntes Gesicht, seine dunkelblonden, kurz geschnittenen Haare und die langen Wimpern, die seine faszinierenden blauen Augen umrahmten. Diese blickten jetzt allerdings düster hinaus auf die kargen Weiden des Hochlands, und sie wusste, dass er – aus seiner Sicht sicher nicht ganz zu Unrecht – wütend auf sie war.
Nach etwa sechs Stunden hatten sie Edinburgh erreicht.
»Komm, Mia, wir gehen erst mal was essen, und dann suchen wir den Zauberer«, schlug Darian vor, der sich auf der langen Fahrt etwas beruhigt zu haben schien und jetzt nicht mehr ganz so abweisend wirkte. Er blickte schmunzelnd an ihr herab. »Und falls es dir nichts ausmacht, könnten wir dir andere Kleidung kaufen, jetzt musst du dich ja nicht mehr vor mir verstecken.«
Mit zögerndem Lächeln stimmte Aramia ihm zu. Obwohl sie sich schon an die sackartigen grauen Kleider gewöhnt hatte, war sie ein wenig neugierig darauf, wie es sich anfühlen würde, die Kleidung einer ganz normalen jungen Frau dieser Welt zu tragen.
Sie schlenderten durch die Stadt, wobei Aramia immer wieder Ausschau nach Nordhalan hielt. Doch diesmal war er nirgends zu sehen. In einem Laden kauften sie eine Jeans, T-Shirts und Pullover. Sie kam sich seltsam vor in dieser Kleidung, auch wenn Darian ihr immer wieder versicherte, wie gut sie aussah. Im Gegenteil – es machte sie nervös, wie sein Blick über ihren Körper wanderte, von dem die neuen Sachen ihrer Meinung nach viel zu viel enthüllten.
»Bevor wir nach Albany gehen«, sagte sie, und zupfte an ihrem Ausschnitt herum, »müssen wir aber Kleidung kaufen, die für dort passend ist.«
»Es gibt hier sicher irgendwo einen Laden, der mittelalterliche Gewänder verkauft«, meinte Darian und machte sich auf die Suche nach einem Restaurant.
Langsam durchwanderten sie die mit Menschen gefüllten Gassen von Edinburghs Altstadt. Viele Touristengruppen waren unterwegs, aber auch Studenten, die fröhlich schwatzend durch die Stadt zogen.
»Ich falle auf«, jammerte Aramia, die das Gefühl hatte, alle würden sie anstarren. Rasch band sie ihre Haare zu einem Knoten. »Irgendjemand wird merken, dass ich eine halbe Dunkelelfe bin«, befürchtete sie.
»Mia.« Darian schüttelte lachend den Kopf. »Niemand würde jemals auf den Gedanken kommen, dass du kein Mensch sein könntest. Ich kann es ja selbst kaum glauben.«
Trotz seiner Worte war sie nicht überzeugt und hielt den Blick gesenkt.
Nach dem Essen in einem urgemütlichen rustikalen Pub gingen sie zu jener Stelle, wo sie Nordhalan das letzte Mal gesehen hatten, wurden aber enttäuscht. Aramia befragte eine Bettlerin, doch die zuckte nur mit den Schultern. Bis zur Dämmerung suchten sie nach dem alten Mann, konnten ihn jedoch nicht finden.
»Wir suchen uns ein Hotel«, schlug Darian vor, »morgen finden wir ihn sicher.«
Resigniert stimmte Aramia ihm zu und folgte Darian zu einer kleinen Pension mitten im Herzen Edinburghs, welche in einem alten mehrstöckigen Gebäude untergebracht war. An der Rezeption buchte er zwei Einzelzimmer, und als sie alleine war, ließ Aramia sich erschöpft auf das bequeme Bett sinken. Ihre Gedanken wanderten nach Albany, und sie fragte sich, was Vahira und die anderen Zauberer wohl sagen mochten, wenn sie erfuhren, dass sie Darian verkündet hatte, wer er wirklich war.
Leider erwies sich ihre Suche nach Nordhalan zunächst als aussichtslos. Tag für Tag wanderten sie durch die belebten Straßen Edinburghs, befragten Passanten und andere Stadtstreicher, aber niemand hatte Nordhalan gesehen. Darian bemerkte, dass seine Wut auf Mia allmählich verflog. Ihren, wenn auch widerwillig vorgebrachten, Erklärungen entnahm er, wie sehr man
Weitere Kostenlose Bücher