Das magische Schwert

Es hackte durch die Luft und schlug auf Tomiks Messer.
    Das Glas zersplitterte. Blut tropfte von Tomiks Hand.
    »Aber es war nichts Besonderes«, tröstete der Prinz Tomik, »und - also wirklich - so zerbrechlich.«

    Madinias und Margarets Röcke raschelten auf der breiten Eichentreppe hinunter ins Erdgeschoss. Sie bogen in einen langen Flur ein. Bisher hatten sie nichts Interessantes bei ihrer Erforschung von Cottons Anwesen gefunden. Nichts, das heißt, bis Madinia um eine Ecke spähte und nach Luft schnappte.
    »Was ist?«, flüsterte Margaret ängstlich.
    Madinia drehte sich zu ihr um. »Da sind Männer«, zischelte sie. »Einer von ihnen trägt Kleider, die zu einem König passen
würden. Da sind noch mindestens zehn andere bei ihm, sie sind bis an die Zähne bewaffnet, und sie haben Tomik und Neel.«
    »Was?«
    »Ich hab sie grad vorbeimarschieren sehen. Tomiks und Neels Hände sind gefesselt.Tomik blutet.«
    Margaret dachte an Petra, die immer so mutig zu sein schien. Was würde sie machen? »Wir müssen ihnen helfen«, sagte sie.
    »Bist du verrückt?« Madinia zog an der Hand ihrer Zwillingsschwester und führte sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. »Wir müssen hier raus!«
    Ihre weich besohlten Schuhe tappten über die Teppiche, als sie die Treppe zu den Schlafzimmern nach oben rasten und auf den Spalt zu.

    »Hier entlang«, sagte Kit zu Petra. »Die Bibliothek ist hier im Erdgeschoss, aber wir müssen zuerst in das Gewächshaus.«
    Woher weiß er das? , fragte Petra Astrophil und war froh über seinen festen Griff an ihrem Ohr. Sie eilte Kit hinterher, als sie durch ein Speisezimmer kamen, dessen Tische und Stühle gespenstig mit Tüchern verhängt waren. Mir fällt da was ein … Als ich mit Dee und Walsingham auf dem Weg zum Fluss in der Kutsche saß, war Walsingham unhöflich zu mir. Dee hat ihm gesagt, er sollte die Jugend nicht unterschätzen, und hinzugefügt: »Was ist mit Christopher?« Walsingham hat geantwortet: »Kit erfüllt seinen Zweck.« Erfüllt , Astro, nicht hat erfüllt . Als ob Kit immer noch für Walsingham arbeitet. Und wenn nun Kits Geschichte, von Dee gefeuert worden zu sein, total gelogen war?
    »Komm schon, Petra.« Kit bemühte sich gar nicht erst, seine Stimme zu dämpfen. Er stand vor einer Glaswand, die aussah
wie ein mit Edelsteinen besetzter Kasten, und öffnete eine Tür mit einem Messingknauf. »Sei kein Feigling! Hier drinnen gibt es nichts außer Pflanzen. Die wollen dich nicht fressen.«
    Astrophil, dem Erinnerungen an eine gewisse Venusfliegenfalle kamen, erschauderte unter Petras Haaren. Ich denke, wir sollten gehen. Ariel hat gesagt, ich soll meine Dame retten, und das bist du, Petra. »Traue nie einem Poeten«, hat sie gesagt. Was macht ein Poet, wenn nicht reimen? Und ist nicht Kits richtiger Name Christopher Rhymer?
    Petra hatte ein übles, flaues Gefühl in der Magengegend. Ihre Instinkte sagten ihr, dass Astrophil recht hatte und dass sie auf ihn hören sollte, aber das wollte sie nicht. Ihre Unsicherheit lag im Kampf mit der Zärtlichkeit, die sie jetzt schon seit Monaten für Kit empfand.
    Petra musste endlich wissen, wer Kit wirklich war. Sie ging in das Gewächshaus hinein.
    Glasscheiben waren zu einem spitzen Dach hoch über ihren Köpfen zusammengefügt. Petra konnte den Vollmond sehen. Die Luft war warm, stickig und feucht.
    »Cotton hat Pflanzen geliebt.« Kit fingerte an einem Usambaraveilchen herum. »Er war von der Botanik besessen, und das alles nur, weil er den gleichen Namen trug wie ein bestimmter Busch. Das ist ichbezogen, wenn du mich fragst. Laufe ich etwa rum und mache auf jedes Wort einen Reim? Also die hier, die sind köstlich. Ich liebe sie.« Er wandte sich zu einem niedrigen, knorrigen Baum und pflückte eine Frucht ab. »Fang, Petra.« Er warf sie ihr zu.
    Die Frucht war nicht genau zu erkennen, als sie durch die Luft flog. Petra fing sie auf. Sie wusste noch bevor sie die Hand öffnete, dass sie einen kleinen Apfel hielt, und dass sie ihn nicht aufzuschneiden brauchte, um die Farbe seiner Kerne
zu erfahren. Doch als Kit einen weiteren pflückte und zu essen anfing, zog sie ihren Dolch aus dem Stiefel und schnitt den Apfel auseinander.
    Sein Fleisch war rosig und die Kerne orange.
    Das ist noch kein Beweis , redete sie sich ein. Doch sie fasste ihren Dolch fester und wappnete sich, ihn auch zu benutzen. Sie drehte sich von Kit weg und begann, zwischen den Pflanzen zu suchen.
    »Wonach guckst du?«, fragte er. »Hat das was mit