Das magische Schwert
Cousine, erst kürzlich verwaist, die jetzt unter meiner Obhut lebt.« Dee machte die Tür auf.
Es war ein riesiger Raum mit abgewetztem Holzboden.Waffen mit verschiedenen spitzen, tödlich aussehenden Teilen säumten die Wände. In der Mitte stand ein Junge. Petra war groß für ihr Alter, aber er war größer. Sein braunes Haar war sehr kurz geschnitten. Er hatte ein längliches, aber anziehendes Gesicht mit tief liegenden Augen, einer geraden schmalen Nase und einem spitzen Kinn.
»Christopher Rhymer«, stellte Dee vor, »ist bewundernswert geeignet, dir die Fechtkunst beizubringen. Er ist ein
Wunderkind. Du hast Glück, von ihm lernen zu können. Christopher, das ist …«
»Petra«, sagte sie und freute sich über den Ärger in Dees Gesicht.
»Das ist ein ungewöhnlicher Name«, sagte der Junge. »Er klingt ausländisch.«
»Ihre Eltern waren rechte eigenwillige Leute«, sagte Dee aalglatt, während er durch den Raum zu einem niedrigen Tisch ging. Darauf lag ein Schwert. Er gab es Petra, und sie sah, dass es eine genaue Nachbildung des Schwerts ihres Vaters war - nur sichtbar natürlich. Und die Schneide war abgerundet. »Das ist deines«, bemerkte Dee. »Sieh zu, dass du es verdienst.«
Er verließ den Raum.
»Meine Freunde nennen mich Kit.« Er legte den Kopf schräg und betrachtete Petra. »Das gilt auch für dich.«
Petra hielt sich argwöhnisch zurück.
Kit ruckte mit dem Kopf zur geschlossenen Tür. »Ist er nicht ein rätselhaftes Prachtstück, unser Meister John Dee? Er lässt einen immer im Ungewissen, ständig mit diesem kleinen Lächeln im Gesicht. Wenn er behauptet, die Wahrheit zu sagen, kannst du das nie auch nur halb glauben. Aber das macht ihn ja so geeignet für seinen Job.«
»Glaub ich auch. Wenn du ein Meisterspion sein willst, denk ich, musst du üben, ein Lügner zu sein.«
»Also hör mal.« Er hob abwehrend die Hand. »Ich war mal ein Spion.«
»Du?«
»Oh ja. Ich hab mich schon von klein auf in dem Beruf geübt. Spionage ist eine ehrenwerte Sache, Petra«, beeilte er sich, ihr Missfallen zu beschwichtigen. »Es ist eine gute Möglichkeit,
dein Land zu beschützen, es vor Verschwörungen von innen und Krieg führenden Fremden von außen zu bewahren. Verurteile nicht, was ich getan hab. Nicht bevor du mehr darüber weißt.«
»Du hast gesagt, du warst ein Spion. Warum hast du es drangegeben?«
»Ich hab es nicht drangegeben, ich war gezwungen, mich zurückzuziehen. Dee hat recht, ich bin ein Wunderkind«, sagte er sachlich. »Ich war nicht nur ein begabter Spion. Ich war außerordentlich. Ich verfüge zwar über keine Magie, doch ich hatte ein natürliches Talent, Dinge aufzudecken, die die Leute verzweifelt versuchen, verborgen zu halten. Ich war bei jedem Auftrag erfolgreich, mit dem ich beauftragt wurde. Doch ich konnte darüber meinen Mund nicht halten. Ich war großartig darin, Geheimnisse auszugraben, doch ich kann offenbar selbst nichts geheim halten. Ich hab mich damit gebrüstet und wurde … auffällig. Das ist nicht gut in meinem Job. Meinem früheren Job. Und das Fechten?« Er nahm ein Schwert auf und betrachtete die Klinge. »Wieder eine zu große Begabung und zu geringe Bescheidenheit. Ich hab jeden geschlagen, der es gewagt hat, sich mit mir zu duellieren.« Er blickte schnell zu Petra, um zu sehen, ob sie meinte, er würde wieder übertreiben. »Ehrlich. Obwohl … also ich hab nie gegen Dee gekämpft. Ich weiß nicht einmal, ob er mit dem Schwert gut ist oder nicht. Und darin besteht der Unterschied zwischen ihm und mir.Wenn ich irgendwo reinkomme, weiß jeder, wer ich bin: ein begabter Spion, ein erschreckend guter Schwertkämpfer und ein Angeber. Wenn Dee irgendwo reinkommt, sind alle auf der Hut. Sie wissen nicht, wie sie gucken sollen. Und so stehe ich hier, fünfzehn Jahre alt, kaum erwachsen und schon im Ruhestand. Ich bin nicht mehr Mitglied der Gesellschaft
der Spione von Königin Elizabeth. Ich unterrichte nur Schwertkampf für mein tägliches Brot. Dee hat mir einen Gefallen getan, als er mich engagiert hat, um dich zu unterrichten. Er zahlt gut.«
»Aber ist Dee nicht auch … auffällig? Ich weiß, dass er ein Spion ist. Kann das wirklich ein solches Geheimnis sein? Warum wird er nicht zum Aufgeben gezwungen?«
»Du hast richtig vermutet, Petra. Alle wissen, dass Dee ein Spion ist. Aber verstehst du? Er ist im Rat der Königin.Wenn er also als Botschafter an einen anderen Hof reist, dann erwartet der jeweilige Herrscher, dass Dee dort
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