Das magische Schwert
ihr Leben wagen würden, um ihre Töchter zu schützen.« Petras Augen fingen an zu brennen. »Was ist das für ein Vater, der seine Töchter zwingt, jemanden gefangen zu halten?«
»Wir versuchen zu helfen«, sagte Margaret.
»Das höre ich dauernd, aber es klingt immer wie gelogen!«
Madinia war knallrot geworden. »Versuch es doch mal mit der Wahrheit«, fauchte sie. »Unser Vater liebt uns und deiner ist nirgendwo zu sehen.«
Blindlings wandte sich Petra ab, um aus dem Zimmer zu gehen. Heiße Tränen rannen ihr über die Wangen.
Petra , sagte Astrophil.
Das war alles, was er sagte, doch es war genug. Sie blieb stehen, ohne die Zwillinge anzusehen. »Ich ertrage es nicht, praktisch den ganzen Tag in einem Zimmer eingeschlossen zu sein. Ich ertrage es einfach nicht. Sagt - würdet ihr eure Eltern bitten, mich rauszulassen?«
»Dad hat zu tun.« Madinia stampfte mit dem Fuß auf.
»Du hast doch auch noch eine Mutter!«
Es wurde still. Dann spürte Petra eine Hand auf der Schulter.
»Ich werde sie fragen«, sagte Margaret.
Petra war sicher, dass Kit ihre rot geränderten Augen auffielen, doch er sagte nichts dazu. Für jemanden, der einmal ein Spion gewesen war, stellte Kit nicht viele Fragen. An ihrem zweiten Übungstag war Petra mit einem Pferdeschwanz hereingekommen (Astrophil war dankbar in der schwindelfreien Atmosphäre ihres Zimmers zurückgeblieben). Die Narbe an ihrem Hals lag frei und Kits Blick war vor Neugier ganz scharf geworden. Dann sah er weg.
Doch als es darum ging, Petra zu sagen, wie schrecklich schlecht sie beim Fechten war, blieb er keineswegs still. An diesem Tag schlug er ihr mit einem Schlag die Waffe aus der Hand. Sie flog klirrend auf den Boden.
»Normalerweise schwingst du dein Schwert wie ein betrunkener Bauer, den man zu den Fußsoldaten eingezogen
hat. Heute bist du immer noch dieser Bauer, nur dass du dazu noch einen Todeswunsch entwickelt hast«, sagte Kit.
Petra zuckte mit den Schultern.
»Bist du dir darüber im Klaren, dass du normalerweise dein Schwert festhältst, auch wenn ich dich auf hundert verschiedene Weisen töte?«
Petra zuckte wieder mit den Schultern.
»Petra, es ist nicht einfach, das Schwert im Griff zu behalten, wenn du gegen mich antrittst. Und die Tatsache, dass du das kannst - normalerweise -, ist vielversprechend.«
»So?«, fragte sie lustlos.
»So …« Er holte Luft, und dann machte er weiter wie jemand, der sich selbst nicht stoppen kann. »Willst du mir nicht erzählen, was los ist?«
Das tat sie - zumindest ein bisschen. Dee hatte sie ermahnt, niemandem in London zu erzählen, wer sie war oder warum sie hier wäre. Sie traute Dee zwar nicht, doch sie erkannte den gesunden Menschenverstand, als sie das hörte. Daher erzählte sie Kit nur, dass sie sich als Gefangene in Dees Haus fühlte. »Und Dee hat gesagt … ich hab gedacht … Ich hab gedacht, dass mich Dee unterrichten würde.«
»Wirklich? Welche Art von Unterricht?«
»Ich bin mir nicht sicher«, wich sie aus. »Aber ich hab ihn nicht mehr gesehen, seit ich dich das erste Mal getroffen hab.«
»Er ist beschäftigt, hab ich gehört.«
»Womit?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Er äffte sie nach. »Er trifft sich viel mit Walsingham.«
»Wer ist Walsingham?«, fragte Petra.
Kit zwinkerte. »Ich habe mal für ihn gearbeitet. Er ist das
Oberhaupt der englischen Spione. Sir Franzis Walsingham ist der Verteidigungsminister.«
»Oh.«
»Und die Tatsache, dass er Verteidigungsminister ist, sollte eigentlich jeder wissen, der in diesem Land aufgewachsen ist, also vermutlich auch du.«
Petra fühlte sich in die Enge getrieben. »Ich hab ein sehr abgeschirmtes Leben geführt.«
Sein Blick schnellte zu ihren Narben. »Ja klar.«
»Ich hab mich nie viel um Politik gekümmert.«
»Und deine Erklärungsversuche bestätigen mich nur darin, dass du etwas verbirgst. Warum sollte Dee seine verwaiste Cousine in ihrem Zimmer einsperren und sie nur ausgerechnet zu Fechtübungen herauslassen?«
Petra gab keine Antwort.
Kit seufzte. »Jetzt raus mit dir. Heute bist du zu nichts zu gebrauchen. Ich denke, du wirst feststellen, dass der Diener, der dich sonst in dein Zimmer begleitet, nicht vor der Tür wartet, weil ich dich früher von der Fechtübung entlasse.Wenn du zu Dees Bibliothek rennst, erwischst du ihn vielleicht noch, bevor Walsingham zu ihrer wöchentlichen Besprechung eintrifft. Vielleicht ist Dee dann gar nicht in der Lage, Nein zu sagen, wenn du ihn um ein bisschen mehr Freiheit
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