Das magische Schwert
Süden, der Osten und der Westen. Robert Cecil bekam den Norden, als sein Vater starb, der bisher die Position hatte. Francis Drake hat kürzlich den Osten bekommen. Er ist ein großer Liebling der Königin.«
»Wer ist der Süden?«, fragte Petra.
»Das ist er.« Dee deutete mit dem Kopf auf Walsingham.
Petra blickte Dee an und fragte sich, warum nicht er einer der Lieblinge der Königin war und was er wohl davon hielt.
»Also ist der Westen tot«, sagte sie. »Na und.Warum rudern wir hier durch den kalten Nebel?«
»Also ich weiß nicht, warum du das machst«, sagte Walsingham zu ihr. »Aber wir fahren nach Whitehall, weil die Königin unsere Anwesenheit verlangt.«
»Daraus schließe ich, dass Gabriel nicht im Schlaf gestorben ist«, sagte Dee.
»Du nimmst die Information ja ziemlich gelassen auf«, entgegnete Walsingham.
»Wie sollte ich sie denn aufnehmen?«
»Ich hätte schon gedacht, dass es dich auf die eine oder andere Weise berührt.«
Petra schnaubte. »Den kümmert doch nichts außer ihn selbst.«
Walsingham war schockiert. Der Ruderer unterdrückte ein Grinsen. Dees Ausdruck veränderte sich nicht. Einen Moment lang war nichts zu hören außer dem Eintauchen der Ruder ins Wasser.
Walsingham räusperte sich. Ohne auf Petra einzugehen, sagte er zu Dee: »Ein Diener hat den Toten in der Palastbibliothek gefunden. Der Körper war schon ein bisschen steif, aber noch nicht völlig starr. Der Westen konnte noch nicht länger als ein paar wenige Stunden tot gewesen sein. Ich habe den Toten untersucht und es gab keine Anzeichen eines Kampfs. Er wies keinerlei Wunden auf.« Walsingham zuckte mit den Schultern. »Gabriel Thorn war ein großer Weinliebhaber. Ich würde sagen, das Herz des alten Mannes hat aufgegeben.«
»Trotzdem hat dir die Königin befohlen, nach mir zu
schicken«, sagte Dee. »Und du warst erpicht darauf, dass ich komme.«
»Die Königin sagt spring und ich springe. Das machst du doch auch. Sein Tod ist selbstverständlich ein natürlicher, aber du sollst das bestätigen.«
»Bitte schön«, sagte der Ruderer. Hinter ihm kam eine überdachte Anlegestelle aus dem Nebel zum Vorschein. Sie sah aus wie ein kleines Holzhaus über dem Wasser. Der Ruderer ruderte das Boot zu einer Treppe, die von dem Haus hinunter bis zum Fluss führte.
Ein Diener sprang die Stufen herab, um seine Hand zu reichen. Die beiden Männer stiegen aus dem Boot und gingen die Stufen hinauf.
Der Diener langte nach Petras Ellbogen. Sie zuckte zurück. »Ich brauch keine Hilfe.« Aber der Fluss sah dunkel und kalt aus. Sie hoffte, dass sie nicht ausrutschen würde. Petra stand auf.
»Bleib einen Moment, mein schönes Mädchen«, sagte der Ruderer.
Petra drehte sich um, um ihn anzublicken.
»Du bist eine Mutige, das weiß ich. Und deine Silberaugen sind schrecklich tief. Meine haben auch schon viel gesehen, beim Rudern von einem Ufer zum anderen. Glaub mir: Schnüffle nicht in der Politik rum. Besonders wenn da schon ein Toter ist. Männer wie die« - er ließ seinen Daumen zu den verhüllten Rücken von Dee und Walsingham schnicken -, »die da sind Schwäne. Sie erscheinen großartig. Aber gib denen’nen Grund und sie gehen auf dich los. Die machen dich kaputt.«
»Ich weiß«, sagte Petra. Sie stellte den Fuß fest auf eine Stufe und stieg aus. »Aber danke für die Warnung.«
Petra folgte Dee und Walsingham durch einen langen Korridor. Auf beiden Seiten war er überreichlich mit kleinen Schmuckschilden behängt. Sie beugte sich vor und klopfte mit dem Knöchel gegen einen.
»Das ist kein Spielzeug!« Walsingham schlug ihr die Hand weg.
»Die sind aus Pappe! Ich hab keinen zerbrochen, und wenn, wär es mir auch egal!« Petra war es leid, schikaniert zu werden, und wollte das gerade sagen, als Walsingham wieder das Wort ergriff:
»Sie ist ein klein wenig unzivilisiert, John. Sie hat keine Manieren, oder, wenn sie doch welche hat, sind die schlecht.«
»Sie ist neugierig«, sagte Dee. »Das macht einen Teil ihres Charmes aus.«
»Franzis«, rief ein Mann, der am Ende des Korridors wartete, »auf ein Wort, bitte.«
Als Walsingham wegging, erklärte Dee die Bedeutung der bunten Schilde. »Das sind Geschenke an die Königin von ihren Rittern. Achte auf die verschiedenen Tiere und Bäume. Es sind Symbole, die auf die Familie des Ritters verweisen. Wie du siehst, trägt jeder Schild ein kurzes Gedicht, das entweder mit der Stellung des Ritters prahlt oder die Königin rühmt, oder beides. Walsinghams
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