Das magische Schwert
doch sie hatten nur abgewinkt und ihm gesagt, er sollte in der Mannschaftskabine ein Nickerchen machen. Tomik ging weg, aber nicht unter Deck. Dort war Neel. Tomik blickte über die leere blaue See und fragte sich, was er machen sollte.
Er wollte nicht an seine Familie und Petra denken. Er wusste, die Stakans würden sich Sorgen machen und trauern. Doch er war nicht tot und er war nicht in Gefahr - jedenfalls zumindest in keiner, von der er wusste.Trotzdem würde er in Gedanken seine Familie in Tränen und Attie an der Tür heulen sehen, und dann würde ihn eine Welle von Schuldgefühlen überkommen.
Also vermied es Tomik, sich an das Haus zum Feuer zu erinnern. Ebenso versuchte er, nicht über Petra nachzudenken, denn genau wie Treb sich Sorgen machte, dass die Pacolet zu ihr und nicht zu dem Globus fuhr, befürchtete Tomik, dass das Gegenteil der Fall war.
Tomik zog das Hufeisenhalsband unter seinem Hemd hervor und betrachtete es. Neel schien es vergessen zu haben, was Tomik verwunderte, weil es ganz offensichtlich war, dass der Schmuck ihm etwas bedeutete.Tomik kam nicht auf den Gedanken, dass das genau der Grund war, warum der andere Junge so tat, als existierte es nicht.
Er drehte das Hufeisen um. In winzigen Buchstaben und in einem ganz sachlichen Stil, was für Neel untypisch war, stand da: Das ist Petali Kronos. Sei nett zu ihr, denn sie ist durch Blut mit Indraneel von den Lovari verbunden.
Tomik verstand das alles nicht, doch er verstand, worauf es ankam.
»Blut«, murmelte er mit einer frisch aufflackernden Eifersucht. »Das ist nichts im Vergleich zu dreizehn Jahren.«
Tomik vertraute seiner Freundschaft mit Petra, wie er seinen Lungen vertraute zu atmen und seinen Knochen, das Gewicht seines Körpers zu tragen.Aber als er den Text auf dem Hufeisen las, überkam ihn das Gefühl, Streit suchen zu müssen.
Das war genau der Moment, als Neel, der sich genauso fühlte, über das Deck kam und Tomik heftig an der Schulter anrempelte.
Der knallte mit der Brust auf die Reling und schnappte vor Schmerz nach Luft.
»’tschuldige bitte«, sagte Neel süßlich und ging weiter.
»Wundert mich nicht.« Tomiks Stimme war leise, aber da kein Wind ging, war sie gut zu verstehen.
Neel drehte sich um und sah ihn an. »Sag, was du meinst«, knurrte er und schaltete dann auf Romanes um. »Wenn du das kannst.«
»Du gehst weg«, erwiderte Tomik stockend in Neels Sprache. »Deine Geschenk.«
Neel kam näher. »Red deutlicher, Lämmchen.«
»Böhmen - deine Schuld.«
Neel lachte. »Ich bin schon wegen vieler Dinge beschuldigt worden, die meisten haben gestimmt, aber noch nie hat mich jemand dabei erwischt, wie ich ein ganzes Land zerstört hab.«
Tomik schüttelte den Kopf.
»Was in Böhmen passiert ist, ist meine Schuld?« Neel hatte immer noch ein Lächeln im Gesicht, aber es war gefährlich. »Und was heißt das genau? Ist euch die Ernte verhagelt? Ist dir danach, einen Zigeuner dafür anzuklagen? Oder vielleicht denkst du an etwas Persönlicheres? Ich weiß, dass du mich nicht wegen Petra beschuldigen kannst, denn sie ist von den Biestern des Prinzen angegriffen worden, als du auf sie aufgepasst hast, nicht ich. Aber warte - ich Blödmann, hier gehe ich doch tatsächlich davon aus, dass du auf sie aufgepasst hast, dass du nach ihr gesehen hättest, weil du ja angeblich ihr Freund bist. Aber irgendwie fällt mir dann ein, dass du nirgendwo in Prag zu finden warst, als sie alleine war und jemanden gebraucht und mich gefunden hat.«
Tomik schüttelte wieder den Kopf. Er sammelte all seine Konzentration, damit das, was er zu sagen hatte, Gewicht bekam und wirklich sitzen würde. »Nein. Die Roma, auf dem Schlupflochstrand. Alle aus Böhmen. Das ist deine Schuld. Warum sperrt Prinz Roma ein? Du gestohlen. Prinz sucht dich. Du bist - du hast Scheiß gebaut. Du gehst weg.«
Die Maraki waren sich nicht sicher, wer zuerst zugeschlagen hatte. Doch kaum hatte Tomik die letzten Worte gesagt, waren er und Neel nur noch eine schreiende und in sich verdrehte Masse von Gliedmaßen.
Zwei Hände langten zu, griffen beide Jungen an den Haaren und zogen sie auseinander.
»Ein richtiger Albtraum ist das«, sagte Treb. »Ich hab gedacht, ich hab einen extra Beutel voll Gold und einen Cousin mit Grips im Kopf, und dann merke ich, dass ich das bekommen habe.« Er schüttelte die Jungen, sodass sie zusammenzuckten. »Neel, warum bringst du mehr Ärger, wenn du deinen Willen durchsetzt? An dem Mist bist du schuld.«
»Das
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