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Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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plötzlich in einem erschreckenden Winkel neigte. Neel taumelte und flog dicht an Tomik vorbei. Sein Kopf knallte gegen die Reling.
    Tomik stürzte vor. Die Pacolet blieb nach links geneigt, und Neel, schlaff und bewusstlos, war dabei, über die Reling zu stürzen, als Tomik ihn packte. Neel hing über dem Wasser.
    Das Schiff kippte nach rechts zurück.Tomik hatte das Gefühl, gleich würden ihm die Arme aus den Gelenken gerissen, und er wusste, dass er nicht länger festhalten konnte.
    Doch das musste er auch nicht. Mehrere Hände griffen nach den Seilen, die er immer noch über der Schulter hängen hatte. Andras und Brishen zogen Tomik von der Reling weg und Treb zerrte seinen Cousin aufs Deck.

    Im niederprasselnden Regen floss das Blut von Neels Schläfe auf die Holzplanken.

    Als Neel aufwachte, war der Sturm vorbei. Er lag im Kapitänsquartier und Sonnenlicht strömte durch die Bullaugen. Er schloss die Augen wieder. In seinem Kopf dröhnte pochender Schmerz.
    Er hörte Trebs Stimme: »Guten Morgen.«
    »So viel Gutes hat der nicht an sich.« Neel stöhnte.
    »Ach, ich weiß nicht. Die Sonne scheint. Wir leben noch. Wir sind so vom Kurs abgekommen, dass ich kaum weiß, wie ich es anfangen soll, uns wieder Richtung England zu bugsieren, doch alles in allem bin ich ein glücklicher Kapitän. Und du ein glücklicher Cousin.«
    »Und die Segel? Ich hab eins verloren.«
    »Du hast deinen verdammten Verstand verloren, das hast du getan. Neel, das war das Risiko nicht wert.«
    Neel machte die Augen wieder auf.
    Treb lächelte.
    »Ist er wach?« Tomik stand in der Tür.
    »Geh weg«, murmelte Neel.
    »Tom kann gehen, wohin er mag«, sagte Treb. »Der steht jetzt offiziell hoch in meiner Gunst, nachdem er dir das Leben gerettet hat.«
    »Das hast du getan?« Neel blinzelte Tomik an.
    Tomik kam durch den Raum und trat neben Neels Bett. »Jetzt sind wir gleich«, sagte er und wusste, dass das nicht ganz das richtige Wort auf Romanes war.
    »Jetzt sind wir quitt«, verbesserte Neel und streckte ihm die Hand hin.
    Für den Moment war das alles, was sie sagen mussten - und
auch alles, was sie sagen konnten, denn gleich nachdem sie sich die Hand gegeben hatten, entspannte sich Neel, wurde schlaff und kippte auf die Seite. Tomik und Treb ließen ihn schlafen und gingen auf Deck, um den Schaden zu begutachten.
    Der Kapitän blickte zur Takelage hoch und schüttelte den Kopf. »Ein paar von den Brassen sind gerissen«, sagte er, womit er die Seile meinte, mit denen die Segel eingestellt werden. »Es muss viel repariert werden.«
    »Wie lange wird es nach England dauern?«, fragte Tomik.
    »Eine ganze Weile.«

Die Statue des Lebens
    E IN SCHAUER rieselte Prinz Rodolfo über den Rücken. Er las den Brief ein zweites Mal.

    Die Mercatorgloben!
    Plötzlich wirkten alle seine Träume zum Greifen nah. Wo sie blass und verschwommen gewesen waren, hatten sie nun volle Farbe und scharfe Konturen. Endlich würde er nicht mehr nur Kaiser Karls jüngster, vergessener Sohn sein, der Herrscher über ein unbedeutendes Land. Nein, er würde selbst Kaiser werden!
    Er las den Brief zum dritten Mal und lächelte, als er Stan Novaks Unterschrift sah. Der Meisterspion aus Nordafrika würde für die Entdeckung hoch belohnt werden, dass die Globen nicht nur Stoff für ein Ammenmärchen waren. In seinem Brief entschuldigte sich der Meisterspion, dass er ohne die Erlaubnis des Prinzen aktiv würde, doch der Prinz billigte die Entscheidung des Mannes von Herzen. Wie wagemutig und wie richtig von Novak, hinter dem Zigeunerschiff herzujagen! Es würde nicht mehr lange dauern, bis Novak nach Prag zurückkäme und den Erdglobus mit sich brächte.
    Dann fiel der Blick des Prinzen auf das Datum unter Novaks Unterschrift, und das Lächeln verblasste, denn der Brief war bereits vor zwei Wochen geschrieben worden. So
lange brauchte die Post. Es war so qualvoll, sich zu fragen, ob Novak Erfolg hatte.
    Aber natürlich hatte er den, versicherte der Prinz sich selbst. Der Meisterspion hatte gar keine andere Wahl. Was ihn selbst, Prinz Rodolfo, betraf, so wusste er, dass er nun viele Wahlmöglichkeiten hatte. In Erwartung der Mercatorgloben waren ihm bestimmte Dinge und Personen nicht mehr nützlich. Warum sollte er sich nach einer notdürftig zusammengestückelten Uhr sehnen, gebaut von einem gebrochenen alten Mann? Eine Handvoll Zahnräder war nichts im Vergleich dazu, in der Lage zu sein, die Schlupflöcher der Welt anzusteuern, und sicherlich würde das Rodolfos

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