Das magische Schwert
ihres Vaters - bereits vorher gesehen hatte.
Plötzlich war es ihm klar. Petra Kronos sah aus wie die Statue des Lebens auf dem Uhrenturm, den ihr Vater entworfen hatte.
Dem Prinz kam wieder ins Gedächtnis, wie er vor einem Jahr Meister Kronos gesagt hatte, er fände den Entwurf für diese Statue zu schlicht. Doch der Uhrmacher war entschieden geblieben und so hatte der Prinz es bewilligt.
Er schritt durch den Raum und den Flur entlang, zog die Doppeltür auf und rief nach seiner Kutsche.
Nicht viel später stand er vor der Kronos-Uhr im Zentrum seiner Stadt. Seine Untertanen starrten ihn an, wie er da so unerwartet auftauchte, aber er beachtete sie gar nicht. Er beobachtete, wie sich der silberne Minutenzeiger über das Ziffernblatt bewegte, um sich mit dem goldenen Stundenzeiger zu vereinigen. Als sie sich trafen, fing die Uhr an zu läuten. Die blauen Türen gingen auf, und die Statuen kamen nacheinander heraus, doch der Prinz hatte nur Augen für eine Einzige. Und da kam sie: Petra Kronos, die Statue des Lebens.
Das war Liebe. Sogar Rodolfo erkannte das, obwohl er von diesem Thema selbst wenig verstand. Mikal Kronos liebte seine Tochter. Der Prinz konnte das in jedem Teil des geschnitzten Gesichts der Statue erkennen.
Sein eigener Vater war ein Hindernis. Jemand, der einfach nicht sterben wollte. Seine Mutter war ein Schwachkopf. Rodolfo litt während jeder Mahlzeit an jedem Abend bei jedem Besuch am österreichischen Hof. Da konnte er der Gegenwart seiner Eltern nicht entrinnen, und die Kaiserin liebte es zu versuchen, witzig zu sein. Sie schien es nie zu merken,
dass sie nur einen einzigen Witz erzählte, und der ging über sie selbst.
Die blauen Türen schlossen sich.
Der Prinz schloss die Augen. Er machte etwas, das selten für ihn war: Er überprüfte seine Situation. Als er erfahren hatte, dass ein einfältiges Mädchen jede Maßnahme zur Sicherung der Burg durchbrochen und ihn bestohlen hatte, wollte er nichts anderes, als sie in Stücke reißen. Er war nicht nur deshalb so überaus wütend, weil sie ihm wertvolle Objekte gestohlen und andere zerstört hatte, sondern auch, weil sie ihn hatte schwach aussehen lassen. Er war neunzehn, der Jüngste der drei Söhne Kaiser Karls, und er konnte es sich nicht leisten, als ein Herrscher angesehen zu werden, dessen Burg zum Spielplatz eines Mädchens und eines Zigeuners geworden war. Daher musste Petra Kronos sterben - öffentlich und auf eine wenig erfreuliche Art.
Aber …
Mit noch immer geschlossenen Augen drückte der Prinz seinen Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger.
Die Gesichtszüge der Statue waren nicht schön, aber sie verfolgten ihn, und alleine das machte ihm klar, dass Petra Kronos etwas Besonderes sein musste. Musste sie ja wirklich sein, wenn sie fähig gewesen war, ihn zu täuschen und den allerwichtigsten Teil der Uhr ihres Vaters zu zerstören. Und sie war den Gristleki entkommen - wie war das möglich gewesen? Seine Kundschafter hatten die vier blutgetränkten Toten zurückgeschleppt. Hatte sie die Gristleki getötet? Alle vier? Und wo war sie?
Der Prinz sah sich gezwungen, zu dem Schluss zu kommen, dass das Mädchen verborgene Talente hatte, und er wollte wissen, welche das waren. Lebend wäre sie für ihn interessanter als tot. Sie könnte nützlich sein.
Prinz Rodolfo machte die Augen auf, und sie glühten in einer Weise, wie es die, die ihn beobachtet hatten, als er seine Sammlung für das Kabinett der Wunder aufbaute, sehr gut kannten.
Es war Besessenheit.
Er würde die Globen bekommen. Auf jeden Fall. Und Petra Kronos auch.
Der einzig Übriggebliebene
L AST DU dich von deinem Verstand verabschiedet? , fragte Astrophil. Ist dir klar, dass du gerade Orlando Furioso erworben hast, ein Heldengedicht auf Italienisch?
Ach ja? , erwiderte Petra. Ich dachte, es wäre ein Kochbuch.
Sie verließ den Stand. Astrophil riskierte es, den Kopf zwischen ihren Haaren hervorzustecken, um das Buch besser sehen zu können, das sie gegen ihre Brust drückte.
Aber du verabscheust Kochen doch. Und Dees Diener bereiten alles Essen zu. Und du … du …, er stotterte, … und du hast nicht gedacht, dass es ein solches Buch wäre. Du kannst mich nicht zum Narren halten. Selbst du bist nicht so unaufmerksam, um zu denken, ein Kochbuch könnte einen so feinen Einband haben. Schau dir doch nur dieses marokkanische Leder an. Die Buchstaben sind mit Gold geprägt und …
Astrophil, sabberst du?
Kurze Pause. Nein.
Petra berührte ihren Hals und
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